Samstag, 27. August 2022

Friedenslage am 27.08.2022 (18:23:45)

„Egal, wer die Ukraine gewinnt, Amerika hat bereits verloren"
https://nationalinterest.org/feature/no-matter-who-wins-ukraine-america-has-already-lost-204288

,----Edge Translate
| Unabhängig davon, wer den ukrainischen Krieg gewinnt, werden die
| Vereinigten Staaten der strategische Verlierer sein. Russland wird
| engere Beziehungen zu China und anderen Ländern auf dem eurasischen
| Kontinent aufbauen, darunter Indien, Iran, Saudi-Arabien und die
| Golfstaaten. Sie wird sich unwiderruflich von den europäischen
| Demokratien und Washington abwenden. So wie Präsident Richard Nixon und
| Henry Kissinger die "China-Karte" spielten, um die Sowjetunion während
| des Kalten Krieges zu isolieren, werden die Präsidenten Wladimir Putin
| und Xi Jinping ihre Karten ausspielen, um die globale Führungsrolle der
| USA einzudämmen.
|
| In dem Wissen, dass es Europa nicht länger als seinen wichtigsten
| Energiekunden halten kann, hat Moskau logischerweise beschlossen, seine
| Verkäufe fossiler Brennstoffe mit Asien, insbesondere China und Indien,
| zu steigern. Seit der Ukraine-Invasion ist Russland Chinas wichtigster
| Öllieferant geworden und hat Saudi-Arabien ersetzt.
`----

Chinas Handicap ist die Straße von Malakka. Alles Öl aus Arabien oder
dem Iran muss dort durch. Die US-Flotte ist so aufgestellt, dass sie
diesen Ölfluss blockieren kann. Jeder Tropfen Öl, der aus Russland auf
dem Landweg nach China kommt, schwächt die Stellung der USA im
westlichen Pazifik. Noch ist die ÖL-Verbindung über Land sicher noch
nicht leistungsfähig genug. Aber die Politik des Westens im Pazifik und
in Osteueropa gibt den beiden Staaten allen Grund, enger zusammen zu
rücken.

Zugleich beschädigt Europa seine Stellung in den Entwicklungsländern,
https://www.infosperber.ch/politik/welt/europa-hamstert-fluessiggas-in-pakistan-gehen-die-lichter-aus/
indem es dort die Energie unbezahlbar macht.

Der Westen verliert Bündnispartner.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/sigmar-gabriel-eiserner-vorhang-russland-ukraine-krieg-100.html
,----
| Explodierende Energiepreise im globalen Süden
|
| Auch global müsse die Regierung mehr tun. Viele Länder - insbesondere
| der globale Süden - würden den Krieg mehr als Stellvertreterkrieg
| zwischen den USA und Russland betrachten. Bei diesen Ländern würden
| ebenfalls die Energiepreise explodieren. "Das treibt diese Länder in die
| Armut", erklärt Gabriel.
|
| Diesen Ländern müsse Deutschland helfen. "Sonst verlieren wir sozusagen
| die Auseinandersetzung über die Frage: Wer ist hier eigentlich schuld?",
| sagt Gabriel weiter.
|
| Am Ende schauen viele auf uns und auf die Amerikaner und geben uns
| mindestens so viel Schuld wie den Russen an diesem Krieg. Sigmar
| Gabriel, SPD-Politiker
`----



„Sechs Monate Ukraine-Krieg: Eine verheerende humanitäre Bilanz"
https://www.heise.de/tp/features/Sechs-Monate-Ukraine-Krieg-Eine-verheerende-humanitaere-Bilanz-7244426.html?seite=all

,----
| Das sind die konkreten Zahlen: Vom 24. Februar 2022, dem Beginn des
| bewaffneten Angriffs der Russischen Föderation auf die Ukraine, bis zum
| 21. August 2022 verzeichnete das Büro des UN-Hochkommissars für
| Menschenrechte (OHCHR) 13.477 zivile Opfer in dem Land: 5.587 Tote und
| 7.890 Verletzte. Das OHCHR geht aber davon aus, dass die Zahl der
| zivilen Opfer deutlich höher ist als die Zahl, die die Vereinten
| Nationen bisher bestätigen konnten.
|
| Zudem sind nach offiziellen Meldungen der jeweiligen Regierungen 10.000
| getötete Soldaten auf ukrainischer Seite und die gleiche Zahl auf
| russischer Seite zu verzeichnen. Auch diese Angaben sind sehr
| wahrscheinlich viel zu niedrig angesetzt.
`----

Sehr lesenswert. Putin hatte den Krieg mit dem Schutz der Menschen des
Donbass begründet. Das hat im Westen nie jemand ernst genommen. Immerhin
hat der Donbass-Krieg, wie man lesen kann, 15000 Menschen das Leben
gekostet. Es mag also ein Motiv gewesen sein.

Das Resultat ist jedoch katastrophal: Kein Schutz, sondern immense
Ausweitung der Zahl der Toten, der Verletzten und
Verstümmelten. Zusätzlich die Zerstörung der Gebäude und der
Infrastruktur. Das steht alles in keinem Verhältnis mehr zueinander,
wenn es das je getan hat.

Es müssen jetzt von Russland Initiativen zur Beendigung des Kriegs
kommen, ob der Westen mitmacht oder nicht. (Allerdings: Wie die
Öffentlichkeit sich in Europa verhält, ist der russischen Regierung so
was von egal ...)




„Weg zum Krieg: Die USA kämpften darum, die Verbündeten und Selenskyj
vom Risiko einer Invasion zu überzeugen"
https://www.washingtonpost.com/national-security/interactive/2022/ukraine-road-to-war/
Auch eine Geschichte der Zeit zum Krieg. Kurz gesagt: Alle, die da
konferierten, wussten, dass Russland mit Gewalt dagegen vorgehen wird,
dass die Ukraine Nato-verbundenes Territorium wird. Es war ihnen
letztlich egal. Russland war nicht nur zu keinerlei Zurückhaltung
bereit, es stellte obendrein eine Armee zusammen, die die Aufgabe, die
ihr gestellt wurde, gar nicht erledigen konnte: Viel zu klein. Weshalb
viele Regierungen im Westen nicht glaubten, dass Russland seine Truppen
einsetzen wird. - Die russischen Truppen waren zu schwach, diese
Fehleinschätzungen können eigentlich nicht damit erklärt werden, dass
Russland die ukrainischen Streitkräfte nicht kannte.




„In Finnland herrscht Amnesie"
https://multipolar-magazin.de/artikel/in-finnland-herrscht-amnesie

,----
| Die finnische Friedensaktivistin Ulla Klötzer über den NATO-Beitritt
| Finnlands, den Krieg in der Ukraine, die Rolle der Medien und die
| aktuelle Forderung der finnischen Regierung, keine Visa mehr für
| russische Touristen auszustellen. Klötzer spricht von einem „kollektiven
| Zusammenbruch der geistigen Gesundheit" in ihrer Heimat und erklärt:
| „Unser Ziel ist es, eine Kultur des Friedens aufzubauen."
`----
Eine wichtige Stimme aus Finnland. Sehr lesenswert.




Ein alternatives Sicherheitskonzept
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/putin-war-konsequent-ex-botschafter-bei-osze-dokumentiert-wurzeln-des-ukraine-krieges-li.259843
Hm ..., es irritiert schon, wenn ein ehemaliger deutscher
OSZE-Botschafter eine zukünftige europäische Sicherheit ohne Rückgriff
auf KSZE-Traditionen konzipiert.




Nun denn, es geht wohl eher darum, Deutschland unter Druck zu setzen.
https://www.n-tv.de/politik/Polen-kuendigt-Bericht-zu-deutschen-Kriegsschaeden-an-article23548224.html
Die deutsche Rechtsauffassung, Reparationsforderungen von Polen wären
mit dem 2+4-Vertrag erledigt, an dem Polen gar nicht beteiligt war, ist
denn auch zu kurios.




Zur Entwicklung der Demokratie in der Ukraine:
https://www.rnd.de/wirtschaft/ukraine-europaeische-gewerkschaften-kritisieren-ukrainische-regierung-FJJJRXX3QJGHTPVOEXP2C76CUY.html



--
https://friedenslage.blogspot.com/

Donnerstag, 18. August 2022

Friedenslage am 18.08.2022 (12:32:47)

„Ukraine-Krieg: "Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig"
Wien, 17. August 2022 - Am 175. Tag des Krieges um die Ukraine zieht
Oberst Markus Reisner eine Zwischenbilanz."
https://www.bundesheer.at/cms/artikel.php?ID=11511

,----
| Wenn der Westen nicht in den kommenden Wochen gesteigerte Stückzahlen
| hochmoderner Waffen (darunter vor allem Artillerie und
| Mehrfachraketenwerfer, aber auch weitreichende Fliegerabwehr) in die
| Ukraine liefert, kann die Ukraine diesen Konflikt nicht für sich
| entscheiden. ...
|
| Es fehlt daher nicht am Verteidigungswillen der Ukrainer, es fehlt an
| der ernst gemeinten Unterstützungsbereitschaft des Westens. Es kann aber
| auch sein, dass dies das Kalkül des Westens ist, und man abwartet, wie
| sich das Ergebnis bis zum Ende des Sommers auf dem Schlachtfeld
| darstellt. Ist Russland im Oblast Donezk erfolgreich, könnte es durchaus
| sein, dass es eine Bereitschaft zu Verhandlungen signalisiert. Das kann
| auch aus einer Situation der Erschöpfung heraus der Fall sein. Viele
| europäische Länder werden dann vermutlich Druck auf die Ukraine ausüben,
| diesem russischen Vorschlag nachzukommen.
`----

Eine sehr lesenswerte Einschätzung der militärischen Lage in der Ukraine
aus Österreich von Oberst Markus Reisner, prinzipiell
pro-ukrainisch. Wie immer von ihm: Macht einen zugleich professionellen
als auch allgemeinverständlichen Eindruck. In Deutschland gibt es nichts
vergleichbares, auch nicht aus dem Bereich der Bundeswehr.

Was dagegen alles hierzulande als „Militärexperte" durch die Presse geht
... Fremdschämen.




„Die USA müssen die Ukraine jetzt bewaffnen, bevor es zu spät ist"
https://thehill.com/opinion/national-security/3605064-us-must-arm-ukraine-now-before-its-too-late/
Forderung einer sehr hochrangigen Gruppe von (ret.) Generälen der
US-Armee und US-Botschaftern:

,----
| Die Ukraine braucht Langstreckenfeuer, um die russische Offensive zu
| stören, einschließlich russischer Nachschub-, Treibstoff- und
| Munitionsvorräte. Das bedeutet, dass die USA ATACMS-Munition schicken
| sollten, die von HIMARS mit der Reichweite von 300 km abgefeuert wird,
| die notwendig ist, um russische militärische Ziele überall in der
| Ukraine, einschließlich der besetzten Krim, anzugreifen. ...
|
| Darüber hinaus braucht die Ukraine mehr Kurz- und
| Mittelstrecken-Luftverteidigung, um russischen Luft- und
| Raketenangriffen entgegenzuwirken. ...
|
| Die Regierung zögert bisher, solche entscheidenden Schritte zu
| unternehmen, aus Angst, Russland zu provozieren, oder wie der Nationale
| Sicherheitsberater Jake Sullivan kürzlich auf dem Aspen Security Forum
| sagte, "um den Dritten Weltkrieg zu vermeiden".
`----

Wenn diese Lieferungen unterbleiben, droht eine Niederlage der Ukraine,
damit eine politische Niederlage der USA. Die Gefahr wird als sehr, sehr
groß angesehen.




Rede Putins
https://nationalinterest.org/blog/buzz/%E2%80%98cannon-fodder%E2%80%99-putin-accuses-us-prolonging-ukraine-war-204276
http://en.kremlin.ru/events/president/news/69166
Nichts Neues. Frieden nicht im Blick.




Über Moral und Verantwortung in der Politik
https://www.karenina.de/news/politik/ukraine-polarisierer-und-scharfmacher/




Warum ist der Blitzkrieg vom 24.02.22 gescheitert?
https://www.derpragmaticus.com/r/putins-plan-ukraine/
Eine Darstellung der Ereignisse: Versuch eines bltzkriegs, mit dem in
ein paar Tagen die Ukraine unterworfen werden sollte? Wenn ja: War
Putin, waren die Russen zu doof, um die möglichen Gefahren
einzukalkulieren? Nicht wirklich plausibel. - Andere Autoren behaupten,
der Angriff auf Kiew hätte nur vom Zugriff auf den ukrainischen Süden
ablenken sollen, sieht zu sehr nach einer Entschuldigung aus. Kann auch
nicht überzeugen.




„Die EU-Sanktionen wurden nur, um zu schaden, nach dem Prinzip ‹Der
Zweck heiligt die Mittel› verabschiedet"
https://zeitgeschehen-im-fokus.ch/de/newspaper-ausgabe/nr-14-vom-16-august-2022.html#article_1401
Über Getreideexporte und mehr. Hm ...



Eine Veranstaltung:
https://zaafrieden.wordpress.com/2022/08/17/veranstaltung/

--
https://friedenslage.blogspot.com/

Montag, 15. August 2022

Friedenslage am 15.08.2022 (16:25:23)

Ein Interview über den Zustand der russischen Armee mit einem russischen
Spezialisten. (Ich nehme das mal so hin, obwohl ich aus der Diskussion
weiß, dass „Spezialist" und „Experte" oft Zuschreibungen sind, die man
halt gerne braucht.
https://konflikteundsicherheit.wordpress.com/2022/08/14/russischer-verteidigungsexperte-ruslan-puchow-im-interview-zum-ukraine-krieg-ungleicher-kampf-der-gladiatoren/
http://www.prisp.ru/analitics/11005-skorobogatiy-ukraina-gladiatorskie-boi-0408
Der Zustand wird als miserabel beschrieben: Vor allem sei die russische
Armee den Waffen, die die Ukraine gerade geliefert bekommt, um
mindestens eine Entwicklungsgeneration unterlegen. Ein russischer Sieg
sei so nicht möglich, höchstens ein Halten der jetzigen Stellungen. --
Von unseren Sofakriegern wird dieser Text auf Twitter mit großer
Zuversicht zur Kenntnis genommen.

Momentan sind die Verhältnisse ja auch unübersichtlich: Die russische
Armee kommt im Donbass zwar ganz, ganz langsam voran, hat aber immer
noch nicht den Oblast Donezk in seine Gewalt bekommen, ein Minimalziel
aus den Kriegsreden vom Februar. Andererseits scheint sich die große
Offensive der Ukraine im Süden gerade in Luft aufzulösen; wenn die
Ukraine die Brücken über den Dnepr bei Cherson zerstört, zerstört sie
nicht nur die Logistik der russischen Armee in Cherson, sondern
gleichzeitig ihre eigenen Möglichkeiten, über den Dnepr nach Süden
Richtung Krim vorzustoßen. Diese von der westlichen Presse so gefeierte
Zerstörungen der Dnepr-Brücken sind deshalb Eingeständnisse einer
(mindestens vorläufigen)n Niederlage: Die Ukraine muss Gebiete östlich
des Dnepr wohl auf Dauer aufgeben.




„Der Ukrainekrieg und die bellizistische Remedur Deutschlands --
Prof. Dr. Elmar Wiesendahl lehrte Politikwissenschaft an der Universität
der Bundeswehr München und war bis Ende 2021 Mitgesellschafter und
Geschäftsführer der Agentur für Politische Strategie (APOS) in
Hamburg. Er forscht und publiziert über Parteien und politische
Strategiefragen."
https://www.zebis.eu/veroeffentlichungen/positionen/der-ukrainekrieg-und-die-bellizistische-remedur-deutschlands-elmar-wiesendahl/

,----
| Bellizifierung ist ein mehrdeutiges Konzept, das förderliche
| Rahmenbedingungen und Einstellungsverhältnisse herstellen möchte, die
| einen von Auflagen losgelösten Einsatz des Militärs zum Zwecke
| auswärtiger sicherheitspolitischer Interessenvertretung ermöglichen
| soll. ...
|
| Um solch einer Linie politisch zum Durchbruch zu verhelfen, unternahmen
| bereits 2014 der damalige Bundespräsident Joachim Gauck und die
| Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf der Münchner
| Sicherheitskonferenz eine abgestimmte Aktion. Eingekleidet in das
| wohlklingend schwammige Motto „mehr internationale Verantwortung" zu
| übernehmen, wurde für eine neue, militärisch abgestützte Außen- und
| Sicherheitspolitik plädiert. ..
|
| Nun ergibt sich mit dem Ukrainekrieg eine erneute Remedurvorlage.
`----

Wiesendahl ist als Politikwissenschaftler „Innenpolitiker". Er geht in
diesem Aufsatz der Frage nach, wie der gegenwärtige Krieg dazu genutzt
wird, das innere Selbstverständnis der Republik zu
verändern. „Bellifizierung" ist für ihn ein schon länger verfolgtes
Konzept großer Teile der politischen und publizistischen „Elite". Die
Leute sollen allseits kriegsbereit gemacht werden. Die Aussichten
darauf, den überkommenen „postheroischen Pazifismus" zu erschüttern,
seien nicht schlecht, aber auch nicht sicher erfolgreich.

Ein sehr lesenswerter Text. (Ich habe E. Wiesendahl vor vielen, vielen
Jahren als Dozenten bei einer Lehrerfortbildung erlebt, er gehört zu
jenen Menschen, die auch noch um jene Ecke denken können, von denen die
meisten noch nicht mal ahnen, dass es sie geben könnten ....)

Der Text bei einer Zentralstelle der katholischen Militärseelsorge
erschienen. Dort auch dieser lesenswerte Text:
https://www.zebis.eu/veroeffentlichungen/positionen/gedanken-zum-ukrainekonflikt-von-oberst-ad-wolfgang-richter/




Über die Qualität der politischen Auseinandersetzungen in Deutschland:
https://taz.de/Haltungen-zur-Ukraine/!5870465/
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/ukraine-krieg-warum-ich-keine-angst-habe-beifall-von-der-falschen-seite-zu-bekommen-li.254501



Ischinger versichert der US-Welt, dass Deutschland sich zwar langsam,
aber sicher dem Druck von außen unterwerfen wird.
https://www.foreignaffairs.com/germany/germanys-ukraine-problem



Zwei Grafiken über den westlichen Pazifik, auf denen deutlich
https://twitter.com/IndoPac_Info/status/1558802806881955840
https://twitter.com/KipBerger92104/status/1558858101779886081
wird, wie eng die Chinesen ihr Festland schon an die US-Flugzeugträger
heran gerückt haben. Völlig klar, dass das nicht hingenommen werden
kann.

--
https://friedenslage.blogspot.com/

Samstag, 13. August 2022

Dienstag, 9. August 2022

Friedenslage am 09.08.2022 (13:18:02)

„«Joe Biden und Vladimir Putin müssen diesen Wahnsinn beenden» Red. /
28.07.2022 Verhandlungen sollen das Töten und Zerstören in der Ukraine
beenden, fordert der frühere griechische Finanzminister Varoufakis."
https://www.infosperber.ch/politik/joe-biden-und-vladimir-putin-muessen-diesen-wahnsinn-beenden/

,----
| Die einzige vernünftige Lösung für die Ukrainer findet man in
| unmittelbaren Verhandlungen zwischen Joe Biden und Vladimir Putin, um
| diesem Wahnsinn ein Ende zu setzen und einen Weg zu finden für eine
| neutrale Ukraine an der Seite von Europa, vielleicht mit engen
| Beziehungen zur Europäischen Union, indem sie sogar ein Mitgliedstaat
| wird, aber kein Mitglied der NATO. Das würde Sinn machen und Putin einen
| Ausweg aufzeigen, ohne das Leben von Millionen von Menschen in Gefahr zu
| bringen.
`----
Das gesamte Interview ist in allen Aspekten sehr lesens- und
bedenkenswert



Nida-Rümelin: Ein Sieg gegenüber Russland ist unvorstellbar
https://www.ndr.de/nachrichten/info/Nida-Ruemelin-Ein-Sieg-gegenueber-Russland-ist-unvorstellbar,audio1178624.html
Gehler: „Putin und Selenskyj sind kompromisslose Maximalisten"
https://www.rainews.it/tgr/tagesschau/audio/2022/07/tag-Morgengespraech-mit-Gehler-ueber-Ukrainekrieg-11cef521-1be9-4eb8-a847-b55f69c63bb4.html
Ebenfalls sehr zu bedenken.



„Kriegslogik versperrt den Weg
Von Wolfram Wette"
https://www.kontextwochenzeitung.de/debatte/591/kriegslogik-versperrt-den-weg-8331.html
Warum es momentan keinen Ausweg gibt / zu geben scheint.



Winfried Hermann zum Ukraine-Krieg
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/krieg-in-der-ukraine-bw-minister-hermann-kritisiert-verpasste-friedenschancen-100.html
https://winnehermann.de/ukraine-krieg-und-frieden-ein-debattenbeitrag-von-winne-hermann/
Man muss noch nicht alle Grünen verloren geben ...



Ukraine: Ukrainische Kampftaktiken gefährden Zivilisten
https://www.amnesty.org/en/latest/news/2022/08/ukraine-ukrainian-fighting-tactics-endanger-civilians/
https://nationalinterest.org/blog/buzz/ukraine-slams-ngo-report-accusing-it-endangering-civilians-204043

Dieser Bericht hat heftige abwehrende Reaktionen hervor gerufen. Wobei
bemerkenswert ist, dass die vom Bericht benannten Vorgänge gar nicht
bestritten werden, vielmehr passen die möglichen politischen Folgen
nicht.




„Der Revanchismus war stärker als die Vorsicht – warum die Russische
Föderation auseinanderbrechen wird"
https://www.nzz.ch/meinung/revanchismus-und-fetischismus-russland-wird-auseinanderbrechen-ld.1694901

,----
| An der Intensität, mit der Putin den Krieg in der Ukraine führt, lässt
| sich ermessen, dass es ihm ums Ganze geht. Sprich um den Erhalt seiner
| usurpatorischen und kleptokratischen Alleinherrschaft. Was aber, wenn
| die Sache schiefgeht und sein Regime implodiert?
`----
Was viele sich als Ergebnis des Kriegs wünschen: Die Auflösung der
russischen Föderation. Walesa sprach kürzlich davon, Russland müsse auf
55 Mio Einwohner verkleinert werden, die US-Regierung fördert ein
Projekt, Russland zu „dekolonisieren".

Der Bundeskanzler sagt, Russland dürfe den Krieg nicht
„gewinnen". Verständlich, wenn damit gemeint, dass es weiterhin einen
souveränen Staat Ukraine in den bisher anerkannten Grenzen geben
muss. Aber er wird dafür kritisiert, dass er nicht sagt, dass Russland
den Krieg verlieren müsse. Eine Niederlage Russland, eine dramatische
gar, könnte dazu führen, dass Russland nach dem Vorgang Jugoslawiens
sich auflöst / aufgelöst wird. Der Krieg würde damit nicht aufhören,
sondern sich in ein vielfach größeres Gebiet verlagern.




„Tag des Gedenkens an Kinder – Opfer des Krieges im Donbass"
https://xn--80aaacoagayn2asmf6bafd6v.xn--p1ai/
Was dort geschehen ist/geschieht, wird hierzulande kaum erwähnt.

--
https://friedenslage.blogspot.com/

Montag, 8. August 2022

Friedensrundblick Sommer 2022 - Vortrag bei den „Friedensreitern“

Friedensrundblick Sommer 2022

Friedensrundblick Sommer 2022
Kleiner Vortrag bei den „Friedensreitern“ bei ihrer Station am 05.08.2022 in Kiel


0.1 Vorbemerkung

Entwurf zu einem Vortrag über aktuelle Friedensfragen. Angeregt durch einen älteren Vortrag von mir über die Militarisierung der Ostsee https://ostsee-aufruestung.blogspot.com/2020/04/zur-aufrustung-in-der-ostsee.html beim Kasseler Friedensratschlag 2019, möchte man einen aktuellen Überblick. Es geht weiter um die Ostsee, zentral ist aber natürlich der Krieg in der Ukraine. Wie ist es dazu gekommen? Wie kann, wie muss es weiter gehen?


Der Text ist nicht wirklich auf Tipp- und Rechtschreibfehler überprüft, auch nicht auf falschen Satzbau usw. usf.


1 „Charta von Paris“ und Nato-Ostausdehnung bis 2014

Politische Betrachtungen fängt man immer mit dem Anfang an, jedenfalls in der Sache. Es kann jedoch nicht um eine genaue historische Rekonstruktion gehen, sondern darum, genetisch ein paar Linien zu ziehen, die insgesamt eine übersichtliche Konstruktion ergeben, die man überblicken kann. Andere mögen das dann kritisieren, vielleicht sind es ja doch nur die Grundstrukturen einer simplen und letztlich propagandistischen Sicht. - Ein 40-Minuten-Vortrag ist nun mal kein2 1000-seitige kritische Dokumentation.

Wenn es um Frieden im Europa der Zeit nach dem Kalten Krieg geht, dann wird der Anfang von den beteiligten europäischen Staaten mit der Charta von Paris gesetzt. Dieses Dokument wurde am 21. November 1990 von den Mitgliedsstaaten der „Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“, also allen damals existierenden Staaten in Europa, den USA und Kanada unterzeichnet. Mit ihm sollten die Grundlagen für ein Europa der Gemeinsamen Sicherheit gelegt werden, für die Staaten des Westens, des Ostens und die neutralen Staaten. Später entstandene Staaten sind in den Text eingetreten.

Dieses Dokument klärt die Grundlagen eines gemeinsamen Friedens in verschiedenen Dimensionen1:

  1. Demokratie, liberaler Rechtsstaat, Marktwirtschaft
  2. Gemeinsame/gegenseitige Sicherheit, kein Staat darf benachteiligt/ausgeschlossen werden,
  3. Volles Recht für Minderheiten, als Teil von Grundrechten, in den Staaten

Von besonderer Bedeutung der Minderheitenschutz, der immer wieder übersehen wird, fast gar nicht bekannt ist: Die Charta hat hier, wie es scheint, das Ende des WWI im Blick: Jede Nation, jedes Volk sollte (mit Wilson) ihren/seinen eigenen Staat haben. Nur: Weil (nicht nur) im Südosten und im Osten Mitteleuropa die Völker durcheinander wohnen, waren Mord und Totschlag die Folge. Nation, Volk und Staat können dort nicht identisch gemacht werden. Es gibt nur die Möglichkeit, die verschiedenen Ethnien, Minderheiten, kulturell, sprachlich, religiös gemeinsam unter einem staatlichen Dach leben zu lassen. (So ganz hat die Charta das Problem nicht gelöst: Sie kennt immer noch die Unterscheidung zwischen einer „Titularnation“ und den Minderheiten, versucht die Schwäche dieser Ungleichgewichtigkeit(en) durch die Verankerung der Minderheitenrechte in den individuellen Grundrechten abzumildern.)

Und man verpflichtet sich, nach neuen Formen der Streitbeilegung zu suchen und sie zu instutionalisieren, neue Einrichtungen im KSZE-Prozess. Der Phantasie keine Grenzen.

Allein, es kam anders. Bei einer KSZE-Konferenz in Budapest 1994 wurde dem russischen Präsidenten Jelzin mitgeteilt, dass der Westen (USA + Nato), die Sicherheit Europas lieber auf der Ausdehnung der Nato basieren lassen wollen. Ist ja auch nicht so ganz unverständlich:Was man hat, das hat man. Die sofortige und umstandslose Auflösung der Nato hätte womöglich in West-Europa zu ähnlichen chaotischen Konkurrenz- und Feindschaftsverhältnissen geführt wie im Osten. Frankreich und Großbritannien hatten schließlich 1989/90 die Einheit Deutschlands noch verhindern wollen, weil sie ein zu großes, zu mächtiges Deutschland verhindern wollten.

Jelzin war wütend, es wäre ein wichtiges Argument der damals noch starken Kommunisten gegen ihn gewesen. Er setzte Verhandlungen zwischen den USA, der Nato und Russland über den Beitrittsprozess durch. Das Ergebnis war die Nato-Russland-Grundakte von 1997. Sie bestimmte die Nato als eine Organisation, die gemeinsam mit Russland für die Sicherheit in Europa sorgt2. Jeder Staat kann Mitglied der Nato werden3, aber auf dem Gebiet der neuen Mitgliedsstaaten sollten weder konventionelle noch nukleare Streitkräfte der Nato stationiert werden dürfen, allerdings sollte erlaubt sein, dass Nato-Truppen dort Manöver abhalten.

Mehr als eine pro-forma-Mitgliedschaft, bei der die neuen Mitgliedsstaaten zwar an den großen Nato-Konferenzen teilnehmen können, ihre Rüstung an der der Nato orientieren können, aber ansonsten spannungsfreies Gebiet sind, ist dem Text nicht zu entnehmen. Allerdings fielen damals schon Text und politische Absicht auseinander. Die osteuropäischen Staaten wollten, wie sie sagten, den Schutz der Nato vor Russland. Damit war also dennoch ein Stück Konfrontation gesetzt4.

Als dann noch die USA völkerrechtswidrig Krieg gegen den Irak begannen, einen alten Bundesgenossen der Sowjetunion und Russlands, Auftritt Putins auf der Münchner Sicherheitskonferenz 20075, verlangte er in eine Rede, die als sensationell-aggressiv empfunden wurde, eine gleichberechtigte Teilnahme Russlands. Man war erstaunt, hat das damals aber nicht für voll genommen..

Es folgte 2008 der Angriff georgischer Truppen gegen russische, nach dem Georgien zur Nato eingeladen worden war. Russland besiegte Georgien, die Nato kam nicht zu Hilfe.

Russland zeigte damit, dass es bereit ist, Gewalt anzuwenden, wenn aus dem Westen heraus grundlegende Interessen Russlands verletzt werden (oder das, was Russland dafür hält). Russland nicht ernst nehmen, aber gleichzeitig erstaunt oder entsetzt sein, wenn es reagiert, wie angekündigt, aber es letztlich nicht zur Kenntnis nehmen, ein Muster, das sich von damals bis in die Gegenwart durchzieht.


Ein Sprung:

2013/14 wurde international um die bündnispolitische Ausrichtung der Ukraine gekämpft, die Charta von Paris war in der Diplomatie und in der Öffentlichkeit schon längst vergessen. Der politische Teil des Textes der Nato-Russland-Grundakte auch.

Die Ukraine hatte in ihrer Verfassung die Aussage, sie sei bündnisfrei. Damit reflektierte sie u.a., dass sie einerseits auf den russischen Markt orientiert war, andererseits Anschluss an die wirtschaftlichen Entwicklungen des europäischen Westens suchte. Ein sehr unglückliches Land: Einst eines der technischen Zentren der Sowjetunion, mit einer in vielen Bereichen auch international leistungsfähigen Industrie, hat sie seit 1991 keine wirtschaftlichen Fortschritte von Bedeutung gemacht, das ärmste Land Europas im BruttoInlandsProdukt prp Kopf, beherrscht von konkurrierenden Oligarchen/Kleptokraten, unter denen sich mal die einen, mal die anderen durchsetzten. Obendrein noch durch politische Auseinandersetzungen geprägt, in denen ein (west-)ukrainischer Nationalismus6 gegen einen russisch orientierten Osten stand. So lange diese Kräfte sich irgendwie die Waage hielten, war immerhin Frieden.

Es wurde um die außenpolitische Orientierung der Ukraine jahrzehntelang gekämpft. Für Russland war (und ist) vor allem der Flottenstützpunkt Sewastopol von entscheidender, nicht zu unterschätzender Bedeutung. Ohne Sewastopol gibt es keine russische Mittelmeerflotte, ohne diese Flotte keinen russischen Einfluss im Nahen Osten, insbesondere in Syrien. Russland hatte in Georgien schon deutlich gemacht, dass sie bei Militärangelegenheiten, die seinen Einfluss betreffen, sehr schnell ein rote Linie überschritten sieht und hart zuschlägt. Es sieht so aus, dass niemand im Westen damals über Sewastopol gründlich nachgedacht hat. Man hätte zu dem Schluss kommen müssen, dass, wie immer die Machtkämpfe in und um die Ukraine ausgehen, Russland Sewastopol wird behalten wollen, und sei es mit militärischer Gewalt.

Und so kam es denn auch. Russland hatte den Vorteil, dass die Bevölkerung der Krim sich lieber an Russland orientierte als an der neuen jenseits der Verfassung an die Macht gekommenen und von antirussischen Nationalisten bestimmten Regierung in Kiew. Der Übergang der Krim nach Russland war schnell organisiert, zumal die ukrainische Marine, so weit sie auf der Krim stationiert war, nach Russland überlief.


In anderen Teilen des russischen Ostens der Ukraine gab es regelrechte Volksaufständen7, örtliche Politiker sprachen der neuen Regierung die Legitimation ab, in manchen Städten wurden von Volksbewegungen neue Politiker eingesetzt. Die neue Regierung beschloss am 14. April 2014, die aufstandsähnliche Situation im Osten mit dem Militär in den Griff zu kriegen, sie schickte Soldaten8.

Die damalige ukrainische Armee war aber klein, schwach, desorientiert. Ich erinnere mich noch an Tagesschau-Bilder, auf denen alte Frauen junge Männer eigenhändig von gepanzerten Fahrzeugen holten und sie nach Hause schickten. Dennoch gelang es dieser Armee, den größten Teil des Aufstandsgebietes wieder einzunehmen. Ganz im Osten gab es schwere militärische Gefechte, bei denen die Aufständischen stand hielten. Das wird auf eine russische Einmischung zurückgeführt, was schon deshalb plausibel ist, weil Panzer nicht auf einmal einfach so da sind. Dieser Teil der damaligen Ukraine-Krise endete mit den Abkommen Minsk2 (Ukrainische Regierung, Frankreich, Deutschland, Russland), nach denen mittels einer Reform der ukrainischen Verfassung die aufständischen Gebiete eine große Autonomie innerhalb der Ukraine bekommen sollten. Die ukrainische Regierung hätte das in Kiew im Parlament durchsetzen müssen, was zuerst nicht gelang, dann nicht mehr versucht wurde9. Die westlichen Teilnehmer dieses Vertrags übten dazu keinerlei Druck auf Kiew aus, so dass der wohl nicht falsche Eindruck entstand, dass es im Westen gar nicht so ungern gesehen wird, wenn Russland dort dauerhaft ein Problem hat. Denn geschossen wurde weiterhin.

Der Ausgang dieser Krise war also ein Patt: Russland behielt die Krim und Sewastopol, damit sein entscheidendes militärisches Interesse. Zugleich verlor es an Einfluss in der Ukraine: Russen, die in Gebieten leben, die sich nicht zur Ukraine zählen und auf die die ukrainische Regierung keinen Einfluss mehr hat, sind in der Ukraine als politische Kraft nicht mehr präsent. Je weniger Russen/Russischsprachige, desto größer der Einfluss der (west-)ukrainischen Nationalisten10. Der Westen hat zwar einen Verbündeten mehr gewonnen, kann ihn aber nicht so recht einordnen. Die Mitgliedschaft in der EU konnte 2014ff nicht angeboten werden, dazu war das Land innenpolitisch in einem zu miserablen Zustand; eine Mitgliedschaft in de Nato war und ist aufgrund des Kriegs erst recht nicht möglich. Aber so mancher im Westen meinte, es gäbe nun genau mit dem weiter anhaltenden Krieg im Osten der Ukraine ein Druckmittel gegen Russland. Wobei im Westen das Ergebnis noch dazu unterschiedlich eingeschätzt wurde: Die einen sahen es als den Beginn einer zunehmenden Konfrontation, die anderen meinten, es werde schon nicht so schlimm werden, mit einer neuen Erdgasleitung müsse man deshalb nicht warten, sondern könne sie zügig bauen.


2 Die Ostsee - nach 2014

Die Nato konnte diese (halbe) Niederlage nicht hinnehmen. Sie musste irgendwie ihre Möglichkeiten der Abschreckung, wie sie es nennt, erhöhen, man könnt auch von Optionen der Kriegsführung sprechen. Man muss so dicht wie möglich an Russland heran kommen. Dazu gibt es gar nicht so viele Möglichkeiten.

  1. Im hohen Norden um die Nordspitze Norwegens herum, Richtung Kola-Halbinsel, Murmansk und Archangelsk,
  2. über die Ostsee nach St. Petersburg und Kaliningrad, über Litauen und Lettland an das mit Russland verbündete Belarus, über Lettland und Estland an die russische Landgrenze und
  3. schließlich über das Schwarze Meer.

Die ersten beiden Möglichkeiten hängen teilweise zusammen.

Für einen Krieg in Osteuropa zwischen der Nato und Russland müssten riesige Mengen an Material über den Atlantik geschifft werden. Dazu müsste der Atlantik zum Nato-Binnenmeer gemacht werden. Russland bedroht diese Militärtransporte von Nordatlantik her um die Nordspitze Norwegens herum vor allem mit U-Booten. Diese können inzwischen auf weite Entfernung „hören“ und schießen. Die Nato muss damit rechnenen, dass nur ein Bruchteil der Truppentransporte in westeuropäischen Häfen ankommt, ein großer Teil jedoch mit Mann und Maus im Atlantil versinkt. In Europa glücklich angekommen, müssen diese Truppen noch über Straßen und Schienen 1000 km nach Osten transportiert werden. Dabei sind sie natürlich ebenfalls Angriffen ausgesetzt.

Dieser Transport dauert, gerechnet von den Kasernen in den USA bis zu den osteuropäischen Kampfplätzen, geschätzt ein halbes Jahr, viel zu lang um angesichts der immer noch geltenden Nato-Russland-Akte halbwegs rechtzeitig für einen Krieg hinter den baltischen Staaten zur Verfügung zu stehen, eher für eine zweite Phase des Kriegs geeignet.

Das muss schneller gehen. Aber, so lange die Nato-Russland-Akte noch gilt, ist das schwierig.

Man kann einfach nicht genügend Truppen in den baltischen Staaten und in Polen stationieren, die es mit den in Russland und Belarus stationierten Truppen der anderen Seite aufnehmen könnten. Aber man kann zumindest mal darüber nachdenken, wie man die eigene Ausgangsposition in der Ostsee und den angrenzenden Gebieten verbessert.

Das sieht jedoch nicht gut aus. Denn die Nato kann sich in der Ostsee nicht frei bewegen. Die russische Marine kann von Kaliningrad aus in einer Sperrzone alle Schiffsbewegungen sowohl zwischen dem Süden und dem Norden der Ostsee als auch zwischen Schweden11 und dem Baltikum unterbinden. Damit wäre es für die Nato unmöglich, Kampftruppen in das Baltikum zu bringen. Was tun?

Die Nato - und die ihr bisher nur verbündeten Armee/Marinen Schwedens und Finnlands - müssen irgendwie Kaliningrad ausschalten. Manche der Militärstrategen halten das für möglich, sie entwerfen ständig Konzepte dafür.

Ein amerikanischer Autor12 meint, man müsse die polnische Armee vor allem schnellen und schwerem Material ausrüsten, damit sie in einem massiven Angriff von Süden her Kaliningrad erobert, bevor es Unterstützung über die Lücke von Suwalki bekommt13. An dieser Aufrüstung wird momentan gearbeitet, aber das dauert noch seine Zeit. Polen möchte eine starke Panzertruppe aufbauen. - Mag sein, dass das gelingt: Bevor Polen die Oblast Kaliningrad erobert hat, sind von dort schon manche Raketen nach Westen und Süden abgeschossen worden.

Ein deutscher Strategieplaner macht es besonders raffiniert: Er will in der Nacht mit Marineinfanterie auf den Sanddünen der Frischen Nehrung landen, damit dort schnell ein Stützpunkt mit schweren Waffen eingerichtet wird. So sollen die russischen Raketen zerstört werden, bevor die Russen überhaupt aufgewacht sind.

Man kann diese beiden Vorgehensweisen sicher auch kombinieren: Die Deutschen kommen von Westen über See, während die Polen von Süden vorstoßen.

Amerikanische B-52-Bomber14 kreisen auch immer wieder um Kaliningrad, man darf vermuten, dass es auch Atomkriegsplanungen für Kaliningrad gibt.

So besonders überzeugend ist das alles, nicht, wenn das der einzige Kriegsschauplatz sein sollte. Denn dann sind die Russen schnell über die „Lücke von Suwalki“ zur Stelle.

Was die Deutschen angeht: Russland arbeitet an Antischiffs-Raketen, die die deutschen Kriegsschiffe schon im Hafen versenken. Es kommt auf den Verlauf jener politischen Krise an, die einem Krieg in der Ostsee voraus geht. Die gegenwärtige politische und militärische Führung Russland wartet jedoch nicht.

Aber das ist natürlich ein Grund, noch mehr davon anzuschaffen: Die Anzahl der Korvetten in Warnemünde soll von fünf auf zehn, vielleicht sogar auf fünfzehn erhöht werden, das Seebataillon Eckernförde soll von 1000 Angehörigen auf 2000 erweitert werden, insbesondere im Bereich der Marineinfanterie. Momentan wäre es zu einer Landungsoperation an der Küste des ehemaligen Ostpreußen nicht in der Lage, schlicht, weil die Einsatzboote fehlen. Aber sie sollen angeschafft werden. Bislang hat diese Einheit mit der niederländischen Marineinfanterie zusammen gearbeitet, man wird davon ausgehen dürfen, dass die schon vorhandene Zusammenarbeit mit schwedischen und finnischen Einheiten intensiviert werden wird.

Wer immer Konfrotation mit Russland will - nach Selbstauskunft ist das bekannlich niemand -, in der Ostsee ist nicht viel zu holen. Einerseits ist die Ostsee fast ein Nato-Binnenmeer, andererseits ist Russland in der Ostsee wegen Kaliningrad viel zu präsent..

Jetzt jedenfalls sollen die militärischen Kräfte aufgerüstet werden15: Mehr Landstreitkräfte nach Osteuropa, in das Baltikum.

Man möchte dennoch innerhalb der Nato-Russland-Akte bleiben, Stationierungen werden zugunsten von Rotationen vermieden, wenn auch der Grund momentan nicht klar, warum die Nato das macht. Alles sehr dehnungsfähig, was gedehnt werden kann, wird gedehnt.

Polen hält die Natp-Russland-Akte eh für überholt, für überflüssig. Nach seinen Vorstellungen sollen US-Truppen in Polen fest auf Stützpunkten stationiert werden.


3 Die Ukraine - nach 2014

Die Ukraine ist 2015 territorial kleiner als 2013. Die Krim gehört zu Russland, wenn auch ohne völkerrechtliche Anerkennung. Im Donbass gibt es zwei Territorien, die sich „Volksrepubliken“ nennen: Luhansk und Donezk.

Der Krim stellte die Ukraine das Wasser ab, Durstende kommen bekanntlich schneller nach Haus. MinskII wurde nicht umgesetzt, die zu den Volksrepubliken gehörenden Teile lagen unter zwar nicht sehr intensivem, aber regelmäßigem Beschuss.

In der Ukraine schritt die „Ukrainisierung“ voran, vor allem zu erkennen an den öffentlichen Manifestationen einer alten/neuen Geschichtsdeutung, Bandera überall. Irgendwelche Schritte zur Versöhnung, zur Rückkehr in friedliche Verhältnisse gab es nicht. Stattdessen wurde Schritt für Schritt das Russische aus der Öffentlichkeit verdrängt. Ein Ausgleich zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen war definitiv nicht mehr Teil der ukrainischen Politik.

Besonders bekannt ist das Sprachengesetz. Die russische Sprache wird nicht verboten, aber ihre Benutzung doch erschwert. Im öffentlichen Leben soll möglichst nur noch Ukrainisch gesprochen und geschrieben werden. Russisch-sprachige Zeitungen müssen gleichzeitig eine ukrainische Ausgabe herausbringen. Schon allein diese Bestimmung zeigt, dass dieses Gesetz mit der Charta von Paris nicht zu vereinen ist. Gleichzeitig wurde die ukrainische Armee in intensiver Zusammenarbeit mit Nato-Staaten neu aufgestellt. Das ermöglichte es der ukrainischen Regierung, im März 2021 einen Plan zur Rückholung der Krim zu formulieren. Etwas versteckt finde man dort, dass die ukrainische Regierung dazu auch militärisch vorgehen will16.

Krieg mit Russland um die Krim wäre im militärischen Kern ein Krieg um Sewastopol. Es ist völlig klar, dass Russland diesen Krieg mit allen ihm zu Verfügung stehenden Mittel führen würde, aber das störte nicht. - Merkwürdigerweise ist dieser Text im Deutschland der Massenmedien unbekannt.

Auch die „Charta der strategischen Partnerschaft zwischen den USA und der Ukraine“ vom November 202117, in der die USA in sehr gewwundenen Formulierungen diesem Plan zustimmte, wurde in Deutschland nicht zur Kenntnis genommen.

Wenn das nicht nur solche politisch-diplomatischen Texte sein sollt4en, in den man alles hineinschreibt, was man sich so denkt, ist das eine gemeinsame Kriegserklärung (faktisch, nicht rechtlich) an Russland. Der Krieg fängt nicht heute an, aber morgen. Wenn wir so weit sind. Man darf annehmen, dass dieser Text in Moskau genau so gelesen wurde.

Vielleicht sollte auch nur mit dem Fuß laut aufgestampft werden. Historiker werden darüber später berichten, Politiker gehen manchmal vom worst case aus.

Man kann das auch als Antworten auf Putins Text über „Über die historische Einheit von Russen und Ukrainern“18 lesen. Es ist schwer, diesen Text angemessen wieder zu geben. Er wird meist als Absage Putins an einen ukrainischen Staat und an eine von der russischen unterschiedene ukrainische Kultur verstanden. Es kommt darauf an, was man darunter versteht. Deshalb ist der Text nicht so einfach wieder zu geben. Wer unter der gegenwärtigen „Ukraine“ ein alternatives Projekt zum gegenwärtigen Russland versteht, könnte recht haben. Man den Text aber auch als Mahnung und Warnung lesen: Russland und die Ukraine haben eine gemeinsame Geschichte, fast die gleiche Kultur, es wäre völlig normal, wenn sie sich miteinander verständigen und als gute Nachbarn, jeder für sich, nebeneinander leben. Die Ukraine darf sich jedoch vom Westen gegen Russland in Stellung bringen lassen. Das würde fürchterlich werden.

Das politische Klima zwischen Russland einerseits, der Ukraine und dem Westen unter Führung der Nato wurde im Laufe des Jahre 2021 immer schärfer. Putin wollte nur noch mit Biden sprechen, die anderen westlichen Gesprächspartner nahm er demonstrativ nicht ernst. Zuerst sah es auch so aus, als ob die beiden Präsidenten sich auf eine friedliche Lösung einigen könnten. (Unsereins bekommt ja nicht alles mit, was gesagt wird.)

Dann verschärfte Russland den Ton. Es forderte ultimative Sicherheitsgarantien von den USA und von der Nato. Der Kern waren das Verhältnis der Ukrainer zur Nato. Es sollte zugesagt werden, dass die Ukraine weder rechtlich noch faktisch Teil der Nato wird. Diese Forderung wurde von beiden Adressaten als unverhandelbar abgelehnt. - Russland verlangte auch den Rückzug der in den neuen Nato-Mitgliedsstaaten stationierten westlichen Truppen. Ansonsten könne man über alles reden, wurde gesagt.

Die Antworten wurden als brüsker Zurückweisung verstanden. Danach gab es noch Treffen erst den zwischen Präsident Putin und Macron und dann zwischen Präsident Putin und Bundeskanzler Scholz. Weder in der Nato-Frage noch bei der Realisierung von MinskII bewegte sich etwas. Scholz war vor dem Treffen in Moskau in Kiew bei Präsident Selenskiy, von dort hat er in Sachen Nato nichts mitgebracht und wegen MinskII nur vage Versprechen. Merkwürdigerweise schien er auf dem Rückflug die gute Laune dessen zu haben, der ein großes und gutes Werk vollbracht hat.


4 Der Krieg 2022

Keine 10 Tage später begann der Krieg.

Vorher hat Putin die beiden „Volkrepubliken“ als souveräne gleichberechtigte Staaten anerkannt und mit ihnen Beistandsverträge geschlossen. So sollte eine völkerrechtliche Legitimation erzeugt werden. Jedoch: Diese beiden Staaten/staatsähnliche Gebilde sind international nicht anerkannt, sie sind nicht Mitglieder der UNO und würden es wohl auch nie werden. Eine Rechtfertigung des Kriegs gegen die Ukraine mit Art. 51 UNO-Charta trägt nicht. - Völkerrechtlich ist keine Begründung möglich.

Man mag die gegenwärtige Regierung der Ukraine mögen oder auch nicht - es gibt viele Gründe, sie abzulehnen -, sie ist die völkerrechtlich legitime Repräsentantin dieses Staates.

Vielleicht kann man die Eröffnung dieses Kriegs, der Jurist muss ihn einen Angriffskrieg nennen, politisch begründen, mindestens verstehen? Putin rechtfertigte die „militärische Spezialoperation“:

Ihr Ziel ist es, die Menschen zu schützen, die seit acht Jahren von dem Kiewer Regime misshandelt und ermordet werden. Und zu diesem Zweck werden wir uns bemühen, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren und diejenigen vor Gericht zu stellen, die zahlreiche blutige Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, einschließlich der Bürger der Russischen Föderation, begangen haben.

Gleichzeitig sehen unsere Pläne nicht die Besetzung ukrainischer Gebiete vor. Wir haben nicht die Absicht, jemandem etwas mit Gewalt aufzuzwingen.

Die Formulierung „militärische Spezialoperation“19 lässt zunächst einen kurzen Vorgang vermuten. Bei einer „Operation“ der Polizei wird unter der Anleitung der Staatsanwaltschaft ein Räubernest ausgehoben. So etwas dauert keine zwei Tage. Nun dauert der Krieg sechs Monate und ein Ende ist nicht in Sicht. Zielt die Wortwahl auf eine Täuschung oder ist der Krieg so, wie er verläuft, von Russland gar nicht gewollt, sondern die Folge falscher Einschätzungen der Lage durch Putin und seine militärischen und politischen Berater?

Was meinen die Termini „entnazifizieren“ und „entmilitarisieren“. Sie erinnern an die vier großen „D“s der Potsdamer Konferenz von 1945: Denazifizierung, Demilitarisierung, Demonopolisierung und Demokratisierung.

Zur Entnazifizierung gehörten in Deutschland das Verbot und die Auflösung aller NS-Organisationen, die Entfernung belasteter Personen aus dem Öffentlichen Dienst und der Leitung von Wirtschaftsunternehmen. Zusammen mit der Demokratisierung gehörte auch Re-Education dazu. Solche Maßnahmen setzten voraus, dass die Siegermächte das gesamte Territorium und den Staatsapparat beherrschten. Dass die gesamte Ukraine plus Staatsapparat mit einer einzigen Militäroperation erobert werden kann, konnte man aber nicht annehmen, selbst, wenn der Erfolg der ersten Tage größer gewesen wäre.

Entmilitarisierung hieß 1945 in Deutschland, dass die gesamte Wehrmacht unter den Oberbefehl der Allierten gestellt wurde; sie wurde entwaffnet und aufgelöst. Mit einer einzigen Militäroperation sollte ein ähnliches Ziel in der Ukraine erreicht werden? Wie sollte das denn gehen?

Dass der Terminus „militärische Spezialoperation“ womöglich doch ernst gemeint war, kann man vielleicht aus der geringen Zahl der russischen Truppen schließen. Man sagt, ein Angreifer müsse ein Mehrfaches überlegen sein, wenn er Erfolg haben wolle. Aber Putin hat eine Armee in diesen Krieg geschickt, die zahlenmäßig unterlegen war. Vielleicht hatten er und die russische Führung darauf gesetzt, dass große Teile der ukrainischen Armee sich genauso anschließen, wie es die ukrainischen Marine 2014 tat20? Aber es muss doch bekannt gewesen sein, dass die ukrainische Armee von 2022 nicht die Armee von 2014 ist?

Da sind für zukünftige Militärhistoriker noch Unklarheiten zu lösen.

Dieser Militäreinsatz sollte „dem Schutz von Menschen dienen“. Welche Menschen sind gemeint? Die erste Möglichkeit sind jene Zivilisten, die von 2014 bis 2022 im Donbass von ukrainischen Truppen beschossen wurden, mit oft tödlichem Ausgang. Aber dann ist das Resultat nicjt überzeugend: Es wird immer noch nach Donezk hinein geschossen. - Dagegen werden nun Millionen Menschen mit sicher in die Zehntausende gehende Toten beschossen, die in der Ukraine außerhalb der „Volksrepubliken“ leben; sie werden zur Flucht gezwungen. Soll etwas dem Schutz von Menschen dienen, erwartet man, dass nach der Maßnahme das menschliche Leid weniger geworden ist. Hier hat es sich aber vervielfacht.


Momentan ist nicht mit Gewissheit zu erkennen, wie dieser Krieg weiter verlaufen kann.

Nach allem, was man lesen kann, ist die Ukraine in den zwei wesentlichen Momenten Bewaffnung und Personal im Nachteil. Die Ukraine kämpft im Osten schon mit Territorialverteidigungstruppen aus der West-Ukraine, Soldaten mit der Ausbildung von einer Woche. Diese Leute haben keine Chance, eine Auseinandersetzung zu überleben. Was die Waffen angeht: Nachdem die alte Bewaffnung sowjetischen Ursprungs samt Munition verbraucht scheint, gibt es Lieferungen aus den Nato-Staaten. Es könnte so viel sein, dass es reicht, die Front zu halten. Aber für die oft versprochene Offensive wird es zum einen zu wenig sein, zum anderen fehlt auch das richtige Material. Die Ukraine müsste die Luftüberlegenheit gewinnen können und mit Panzertruppen vorstoßen. Beides ist nicht in Sicht.

Was Russland angeht, so liest und hört man verschiedenes: Auf der einen Seite gibt es Experten, die schon mehrmals gesagt haben, dass die russischen Reserven und Material in den nächsten vierzehn Tagen erschöpft seien, spätestens aber im nächsten Monat. Nichts davon ist eingetreten. Die russische Armee selbst sagt, sie wollen langsam voran gehen, indem sie immer erstmal das vor ihr liegende Terrain von jeglichem feindlichen Militär „säubert“ und dann erst das Gelände gewinnen will. Das mag sein oder auch nicht.

Folgende Möglichkeiten kann man sich denken:

  1. Alles bleibt, wie es ist. Die Truppen graben sich in Festungssystemen ein, beschießen sich wie in Verdun ständig gegenseitig und die Führungen hoffen, dass aus dem kleinen Geländegewinn eines Tags urplötzlich ein großer Durchbruch wird. - Das kann noch lange dauern, bis in das nächste Jahr hinein oder noch länger.
  2. Die russische Überlegenheit wird im Donbass stärker, die ukrainische Front wird Richtung Dnepr eingedrückt. Und dann erklärt Russland den Krieg einseitig für beendet. Er könnte dann eingefroren werden/sein. - Aber auch das kann noch lange dauern.
  3. Wieder: Die russische Überlegenheit wird im Donbass stärker, die ukrainische Front wird Richtung Dnepr eingedrückt und der ukrainische Staat gerät ins Wanken. - Diese Möglichkeit kann man schon deshalb nicht ausschließen, weil die ukrainischen Gesellschaft sich vor 2014 qls durchaus zerrissen, vielfältig gezeigt hat. Zwar wird immer wieder behauptet, dieser Krieg habe zur (Heraus-)Bildung einer irgendwie einheitlichen großen ukrainischen Nation beigetragen, aber hält diese Gemeinschaft auch angesichts einer Niederlage, mit der Erfahrung der Korruption als der dann noch bleibenden wesentlichen gemeinschaftlichen Erfahrung?
  4. Und noch einmal: Die russische Überlegenheit wird im Donbass stärker, die ukrainische Front wird Richtung Dnepr eingedrückt, den russen gelingt der Durchmarsch bis Lemberg. Sie setzen sofort eine neue Regierung ein. - Im Krieg kann es geschehen, dass das Geschehen plötzlich wechselt, dass von einem Tag zum nächsten alles anders wird, weil die langsamen Veränderungen nicht genügend gesehen wurden. Aber mit solch einem Sieg könnte Russland nicht glücklich werden, denn es würde in tief im Feindesland auf Partisanen stoßen, umgeben von Menschen, die tief von einer russlandfeindlichen Haltung geprägt sind.

5 Zum Frieden?

5.1 Zur Ukraine

Solche Ausgänge des Kriegs haben alle noch nichts mit Frieden zu tun. Frieden muss gewollt werden.

Momentan gibt es zwei Positionen: Die einen sagen, dass der Westen schnell auf einen Waffenstillstand zielen müsse, damit ein Frieden ausgehandelt werden kann. Eine zweifellos sympathische Einstellung,kann vermutlich viele Menschenleben retten, aber worin soll der Frieden bestehen, wenn er ein dauerhafter Frieden sein soll?

Die anderen sagen, die Ukraine müsse so sehr aufgerüstet werden, dass es Russland zum Nachgeben, zu Verhandlungen und zum Frieden zwingen könne. Die Ukraine entscheidet, wann ihre Kriegsziele erreicht sind. Das ist die Position der Nato und ihrer Mitgliedsstaaten. Nur: Die Ukraine, ein Staat, der ohne ständige Geldzufuhr von außen kaum überleben kann, entscheidet darüber, wie die Nato konkret zu Krieg und Frieden steht? Ist das wirklich ernst gemeint? Und: Wie lange soll das noch dauern, wieviel Menschen müssen bis zu diesem Zeitpunkt noch sterben? Je mehr Waffen, desto mehr Schlachtenglück, desto sicherer der Frieden?

Vor allem: Beide Positionen, vor allem die zweite, wählen für ihre den falschen Ausgangspunkt. Angenommen, Seite A hat zu Beginn der Verhandlungen die militärische Oberhand. Vielleicht kann sie dann in den Verhandlungen sogar territorial Veränderungen durchsetzen. Das mag dann zu einem Friedensvertrag führen, aber führt es auch zum Frieden?

Der Krieg/Konflikt muss in seinen verschiedenen Ebenen befriedet werden. Dieser Krieg ist21:

  1. (auch wenn es immer wieder bestritten wird) ein ukrainischer Bürgerkrieg,
  2. ein Krieg zwischen zwei Nachbarstaaten um große Territorien des einen Staates,
  3. ein Krieg um die Sicherheit in Ganz-Europa,
  4. ein Krieg zwischen Russland und den USA.

Eine Lösung muss auf diesen vier Ebenen zu befriedenden Lösungen führen. Lässt man eine der Ebenen weg, könnte ein Frieden nur eine Etappe auf dem Weg zum nächsten Krieg sein.


Als Frieden kann nur ein Zustand bezeichnet werden, der nicht den Keim zum nächsten Krieg wieder in sich trägt.

Die Prinzipien eines solchen Friedens sind bekannt. Es sind jene, die schon in der Charta von Paris formuliert worden sind. Noch einmal und kürzer gesagt:

  1. Die Staaten müssen Demokratien sein, Menschenrechte gewähren und ihre Minderheiten (ethnisch, religiös, sprachlich etc.) als Bereicherungen fördern.
  2. Die Staaten müssen sich gegenseitig respektieren, sie dürfen keinen einzigen Staat sicherheitspolitisch benachteiligen wollen.

Daraus ergeben sich Anforderungen für einen Frieden, der den Krieg beenden kann, ohne einen neuen vorzubereiten:

  1. Außenpolitisch:
    • die Ukraine wird in den Grenzen von 2013 wieder hergestellt,
    • sie ist ein bündnisfreier Staat, weil ihre Nato-Mitgliedschaft unter der Annahme einer mindestens unterschwelligen Feindschaft/Gegnerschaft einiger osteuropäischer Staaten die Kräfteverhältnisse in Europa ungünstig beeinflussen würde,
    • die Mitgliedschaft in der EU und anderen internationalen Vereinigungen steht ihr offen,
    • ein militärisches Vertrauensprogramm zwischen Russland und den anderen osteuropäischen Staaten wird entwickelt, zB gegenseitige Mitteilungen, gegenseitig Inspektionen.
  2. Innenpolitisch:
    • Die Ukraine entwickelt eine repräsentative, föderalistische und pluralistische Demokratie mit einem weit ausgestalteten vielfältigen Institutionenwesen,
    • sie orientiert sich sprach- und kulturpolitisch an der Schweiz, indem die grundsätzliche Gleichwertigkeit aller Sprachen im Staat und seinen Diensten, in der Öffentlichkeit, im Bildungswesen und im Kulturbereich festgeschrieben und aktive entwickelt wird.
  3. Alle am Krieg beteiligten Staaten, insbesondere Russland, leisten einen Beitrag zum Wiederaufbau des Landes.

Es könnte sein, dass solch ein Zustand nur über viele Zwischenschritte zu erreichen ist. Politik kann sich vielleicht auch unter der Bedingung der Stationierung fremder, gar feindlicher Truppen entwickeln. Oder die Zugehörigkeit einiger Gebietsteile wird über Volksabstimmungen geregelt22.

Natürlich reicht das noch nicht. Wenn dieses eine Land über einen Friedensvertrag demokratisiert und auf die genaue Beachtung der Beteiligung aller ethnischen etc. Gruppen verpflichtet wird, muss dasselbe auch in allen umliegenden Staaten geschehen. Das betrifft hinsichtlich der Demokratie natürlich Russland, aber auch Polen, hinsichtlich der Minderheitenrechte die baltischen Republiken und vermutlich auch Russland.

Ein dauerhaft gefestigter Friede setzt intensiven kulturellen und vor allem auch geschichtspolitischen Austausch voraus23. Nichts wird schnell gehen.


Was muss sofort passieren? Meine - unmaßgebliche - Meinung:

  1. Sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen, durch beide Seiten, ohne alle ultimativen Vorbehalte, egal, ob die jeweiligen Kriegsziele schon erreicht sind oder nicht. Jeder Tag länger tötet mehr.
  2. Und danach Friedensverhandlunger auf der Basis der oben genannten Prinzipien.

5.2 Zur Ostsee

Der Krieg hat die Lage im Osteeraum verschärft. Schweden und Finnland treten nun der Nato bei. Das ist politisch von großer Bedeutung, militärisch möglicherweise weniger, waren diese beiden Staaten doch schon vorher enge Kooperationspartner der Nato. Es hängt davon ab, ob in Finnland Nato-Einrichtungen an der russischen Grenze stationiert werden.

Schon im Dezember 2020 hat eine internationale Expertengruppe, bestehend aus (pensionierten) hohen Militär des Westens und Russlands und Politikwissenschaftern einen Vorschlag vorgestellt, wie im Ostseeraum die Sicherheit erhöht werden kann24, veröffentlicht mW nur in der Frankfurter Rundschau25.

Die Maßnahmen sollten sich auf einen bestimmten Bereich im Ostseeraum beziehen: Eine Ellipse mit den Brennpunkten Kaliningrad und St. Petersburg, deren Außenkreis weit gezogen werden kann.

Aus der Politik in Deutschland ist keine Reaktion bekannt geworden.

Ich habe bei einer öffentlichen Diskussion zur Kieler Woche 2021 den damaligen Kommandeur der Ostseeflotille (jetzt Leiter der Ausbildung in der Führungsakademie der Bundeswehr in Blankenese) darauf hin angesprochen, ob die in der Ostsee anwachsenden Gefahren und deren mögliche Reduzierung von der Bundeswehr selbst an die Politik gegeben werden könnte - entsetzte Abwehr.

Mein Vorschlag für die deutsche Friedensbewegung:

Für die Truppenteile der Bundeswehr in diesem Gebiet – Heer, Marine, Luftwaffe – wären die Minimalforderungen:

  1. Sie werden nicht weiter verstärkt.
  2. Sie agieren offen, sie melden alle ihre Bewegungen an die potentiell gegnerische Seite.
  3. Sie laden russische und weißrussische Beobachter in ihre Einrichtungen und zu ihren Manövern und Übungen ein und werden selbst eingeladen und fahren hin.

Ein Auseinander-Rücken der Truppen ist anzustreben. Man kann sich natürlich weiter und tiefer greifende Entwicklungen vorstellen. Aber das wäre ein Anfang.


Frieden außenpolitisch setzt, wie in der Politik, die Anerkennung des anderen als anderen voraus. Im normalen Alltag soll das in Süd- und Osteuropa gar kein Problem machen. Man kennt sich, schätzt sich oder auch nicht, aber man weiß, wie man miteinander umgeht. Schlimm wird erst, wenn Politik ins Spiel kommt, denn dann wird abgegrenzt und ausgegrenzt. Es ist deshalb notwendig, dass die politische Kultur osteuropäischer Länder sich ändert, sich „verschweizert“.


Fußnoten:

1

Diese Prinzipien:

  1. Die Staaten haben ein demokratisches politisches System, sie bauen auf Menschenrechten auf, sie sind als Rechtsstaaten organisiert, ihre Grundlage sind Marktwirtschaften. So sollten die politischen und wirtschaftlichen Systeme miteinander vereinbar/kompatibel gemacht werden.
  2. Es soll ein europäisches System der gemeinsamen Sicherheit aufgebaut werden. „Nun, da die Teilung Europas zu Ende geht,werden wir unte runeingeschränkter gegenseitiger Achtung der Entscheidungsfreiheit eine neue Qualität in unseren Sicherheitsbeziehungen anstreben. Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden. Wir verpflichten uns daher, bei der Festigung von Vertrauen und Sicherheit untereinander sowie bei der Förderung der Rüstungskontrolle und Abrüstung zusammenzuarbeiten.“
  3. Die Bedeutung der nationalen Minderheiten wird hervor gehoben: „Wir sind entschlossen, den wertvollen Beitrag nationaler Minderheiten zum Leben unserer Gesellschaften zu fördern, und verpflichten uns, deren Lage weiter zu verbessern. Wir bekräftigen unsere tiefe Überzeugung, daß freundschaftliche Beziehungen zwischen unseren Völkern sowie Friede, Gerechtigkeit, Stabilität und Demokratie den Schutz der ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Identität nationaler Minderheiten und die Schaffung von Bedingungen für die Förderung dieser Identität erfordern. Wir erklären, daß Fragen in bezug auf nationale Minderheiten nur unter demokratischen Bedingungen befriedigend gelöst werden können. Ferner erkennen wir an, daß die Rechte von Angehörigen nationaler Minderheiten als Teil der allgemein anerkannten Menschenrechte uneingeschränkt geachtet werden müssen.“
2

„Die NATO und Russland betrachten einander nicht als Gegner. Sie verfolgen gemeinsam das Ziel, die Spuren der früheren Konfrontation und Konkurrenz zu beseitigen und das gegenseitige Vertrauen und die Zusammenarbeit zu stärken. Diese Akte bekräftigt die Entschlossenheit der NATO und Russlands, ihrer gemeinsamen Verpflichtung zum Bau eines stabilen, friedlichen und ungeteilten, geeinten und freien Europas zum Nutzen aller seiner Völker kon kreten Ausdruck zu verleihen. Die Übernahme dieser Verpflichtung auf höchster politischer Ebene stellt den Beginn grundlegend neuer Beziehungen zwischen der NATO und Russland dar. Beide Seiten beabsichtigen, auf der Grundlage gemeinsamen Interesses, der Gegenseitigkeit und der Transparenz eine starke, stabile und dauerhafte Partnerschaft zu entwickeln.

Der OSZE als einziger gesamteuropäischer Sicherheitsorganisation kommt eine Schlüsselrolle für Frieden und Stabilität in Europa zu. Im Zuge der Stärkung der OSZE werden die NATO und Russland zusammenarbeiten, um jede Möglichkeit einer Rückkehr zu einem Europa der Spaltung und Konfrontation oder der Isolierung irgendeines Staates auszuschliessen. …

Die NATO und Russland gehen von der Voraussetzung aus, dass das gemeinsame Ziel der Stärkung von Sicherheit und Stabilität im euro-atlantischen Raum zum Nutzen aller Staaten eine Antwort auf neue Risiken und Herausforderungen erfordert, wie z.B. aggressiven Nationalismus, die Verbreitung nuklearer, biologischer und chemischer Waffen, Terrorismus, die systematische Verletzung der Menschenrechte und der Rechte von Personen, die nationalen Minderheiten angehören, sowie ungelöste Gebietsstreitigkeiten, die eine Bedrohung für unser aller Frieden, Wohlstand und Stabilität darstellen. …

Zur Umsetzung der Aktivitäten und Ziele dieser Akte und zur Entwicklung gemeinsamer Ansätze bei europäischen Sicherheitsproblemen und politischen Fragen werden die NATO und Russland den Ständigen Gemeinsamen NATO-Russland-Rat einrichten. Hauptaufgabe dieses Ständigen Gemeinsamen Rates wird es sein, immer mehr Vertrauen zu bilden, einheitliche Ziele zu formulieren und die Praxis ständiger Konsultation und Zusammenarbeit zwischen der NATO und Russland zu entwickeln, um die Sicherheit der jeweils anderen Seite und die aller Staaten im euro-atlantischen Raum zu verbessern, ohne die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten werden die NATO und Russland sich bemühen, diese auf der Grundlage des Prinzips des guten Willens und des gegenseitigen Respekts im Rahmen politischer Konsultationen beizulegen.“

https://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_25468.htm?selectedLocale=de

3

Erste Schritte

  1. 1999 Polen, Tschechien, Ungarn
  2. 2004 Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien

2008 Beschluss über die Möglichkeit von Georgien und Ukraine

4

Das ergibt sich schon daraus, dass Stationierungsvorbehalte ausgesprochen werden. Freunden wäre egal, wer was wo stationiert.

„Die Mitgliedstaaten der NATO wiederholen, dass sie nicht die Absicht, keine Pläne und auch keinen Anlass haben, nukleare Waffen im Hoheitsgebiet neuer Mitglieder zu stationieren, noch die Notwendigkeit sehen, das Nukleardispositiv oder die Nuklearpolitik der NATO in irgendeinem Punkt zu verändern - und dazu auch in Zukunft keinerlei Notwendigkeit sehen. Dies schliesst die Tatsache ein, dass die NATO entschieden hat, sie habe nicht die Absicht, keine Pläne und auch keinen Anlass, nukleare Waffenlager im Hoheitsgebiet dieser Mitgliedstaaten einzurichten, sei es durch den Bau neuer oder die Anpassung bestehender Nuklearlagerstätten.“

5

„Ich bin überzeugt, dass der einzige Mechanismus zur Entscheidung über die Anwendung von Gewalt als letzte Maßnahme nur die UN-Charta sein darf. In diesem Zusammenhang habe ich auch nicht verstanden, was kürzlich der Verteidigungsminister Italiens gesagt hat, oder er hat sich unklar ausgedrückt. Ich habe jedenfalls verstanden, dass die Anwendung von Gewalt nur dann als legitim gilt, wenn sie auf der Grundlage einer Entscheidung der NATO, der EU oder der UNO basiert. Wenn er das tatsächlich meint, dann haben wir verschiedene Standpunkte. Oder ich habe mich verhört. Legitim ist eine Anwendung von Gewalt nur dann zu nennen, wenn ihr ein UNO-Beschluss zu Grunde liegt. Und man darf die UNO nicht durch die NATO oder die EU ersetzen. Und wenn die UNO wirklich die Kräfte der internationalen Gemeinschaft vereint, die tatsächlich auf Ereignisse in einzelnen Staaten reagieren können, wenn wir uns von der Nichtbeachtung internationalen Rechts abkehren, dann kann sich die Situation ändern. Im anderen Fall gerät die Situation nur in eine Sackgasse und es häufen sich die schweren Fehler. Zugleich muss man erreichen, dass das Völkerrecht universalen Charakter erhält, sowohl im Verständnis, wie auch in der Anwendung der Normen. …

In Bulgarien und Rumänien entstehen so genannte leichte amerikanische Vorposten-Basen mit jeweils 5000 Mann. Das bedeutet, dass die NATO ihre Stoßkräfte immer dichter an unsere Staatsgrenzen heranbringt, und wir, die wir uns streng an den Vertrag halten, in keiner Weise auf dieses Vorgehen reagieren.

Ich denke, es ist offensichtlich, dass der Prozess der NATO-Erweiterung keinerlei Bezug zur Modernisierung der Allianz selbst oder zur Gewährleistung der Sicherheit in Europa hat. Im Gegenteil, das ist ein provozierender Faktor, der das Niveau des gegenseitigen Vertrauens senkt. Nun haben wir das Recht zu fragen: Gegen wen richtet sich diese Erweiterung? …

Wir hören sehr oft, auch ich persönlich, von unseren Partnern, auch den europäischen, den Aufruf an Russland, eine noch aktivere Rolle in den Angelegenheiten der Welt zu spielen.

In diesem Zusammenhang gestatte ich mir eine kleine Anmerkung. Man muss uns kaum dazu ermuntern oder drängen. Russland ist ein Land mit einer mehr als tausendjährigen Geschichte und fast immer hatte es das Privileg, eine unabhängige Außenpolitik führen zu können.

Wir werden an dieser Tradition auch heute nichts ändern. Dabei sehen wir sehr genau, wie sich die Welt verändert hat, schätzen realistisch unsere eigenen Möglichkeiten und unser Potenzial ein. Und natürlich möchten wir gerne mit verantwortungsvollen und ebenfalls selbstständigen Partnern zusammenarbeiten am Aufbau einer gerechten und demokratischen Welt, in der Sicherheit und Aufblühen nicht nur für Auserwählte, sondern für alle gewährleistet ist.

http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Sicherheitskonferenz/2007-putin-dt.html

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Zwei Herkünfte dieses Nationalismus: Die katholisierte westukrainische byzantinische Kirche (griechisch-katholisch, katholisch mit orthodoxem Ritus) und an der Sprache orientierte Bewegungen weiter im Osten.

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Heute wird das gerne bestritten, bei Youtube gibt es die Filme dazu.

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Inzwischen wird aus der Ukraine behauptet, man habe das Abkommen zwar unterschrieben, hätte es aber gar nicht erfüllen, sondern Zeit für spätere Auseinandersetzungen gewinnen wollen.

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Zusätzlich: Ein russischsprachiger Ukrainer muss sich nicht gleich als Russe verstehen, in der Schweiz spricht man auch Deutsch, die Deutschsprachigen sehen sich trotzdem nicht als Deutsche.

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Es gibt, wenn ich mich recht erinnere, ein Truppendurchmarschabkommen zwischen der Nato und Schweden.

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Er schlug obendrein vor, dass Polen das Königsberger Gebiet nach dem Krieg behalten dürfe, was in Polen freundlich aufgenommen wurde.

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Das Bomber jenes Typs, mit denen Weihnachten 1972 Hanoi zerstört werden sollte. Die Älteren werden sich erinnern.

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Es wurde auf dem Nato-Rat in Madrid 2022 „ … ein neues Streitkräftemodell beschlossen, das New Force Model (NFM), das die bisherigen Nato-Formate ablöst, namentlich die Nato Response Force (NRF) und die Speerspitze VJTF. Der An­spruch des NFM ist, etwa 800.000 Soldaten zu organisieren. Es teilt die Streitkräfte und Fähigkeiten der Alliierten verschiedenen potentiellen Konfliktregionen innerhalb des euroatlantischen Raums zu, etwa dem Ostseeraum, und organisiert sie in drei Stufen, sogenannten Tiers, mit wachsender Bereitschaftszeit. Tier 1 und Tier 2 bilden mit 100.000 bzw. 200.000 Soldaten den Kern und weisen mit 10 bzw. 30 Tagen eine hohe Reaktionsbereitschaft auf. Tier-3-Truppen, weitere 500.000 Soldaten, sollen graduell in bis zu 180 Tagen einsatzbereit sein. …

Drittens passt die Nato ihr Abschreckungsmodell an und verschiebt den Schwerpunkt von Abschreckung hin zu Verteidigung. Die bisherigen Planungen in Ost- und Mitteleuropa waren als deterrence by reinforcement konzipiert: Die Abschreckungswirkung baute auf eine geringe, rotierende multinationale Truppenpräsenz in den baltischen Staaten und Polen (jeweils ca. 1.000 Mann), die sogenannte enhanced Forward Presence (eFP), die im Krisenfall verstärkt werden sollte. Insbesondere die genannten Staaten bezweifelten, dass dieser »Stolperdraht«-Ansatz funktionieren würde, und forderten die permanente Stationierung größerer und schwerer ausgerüsteter Verbände sowie glaubhafte Verstärkungstruppen.

Die neuen Planungen folgen nun dem Ansatz deterrence by denial, dem gemäß dem Gegner durch größere Truppenpräsenz und die Vorausstationierung von schwerem Gerät und Munition verdeutlicht wird, dass ein Angriff scheitern würde. Sichtbar wird der neue Ansatz in der Entscheidung, die existierenden eFP zu multidomänfähigen Verbänden auf Brigadeebene aufzustocken und ent­sprechende Fähig­keiten sowie schwe­res Gerät, etwa Artillerie, vor Ort zu stationieren. »Multidomänfähig« bedeutet, dass die Einheiten in den verschiedenen Einsatzfeldern, den Domänen (Land, Luft, See, Weltraum, Cyberraum), handlungsfähig sein werden. Zudem werden die Nato-Verbände verstetigt, die als Reaktion auf den russischen Krieg gegen die Ukraine in der Slowakei, in Bulgarien und Rumänien zusätzlich aufgestellt wurden.“

https://www.swp-berlin.org/en/publication/die-nato-nach-dem-gipfel-von-madrid

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„Die Ukraine behält sich gemäß Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen das Recht vor, alle im Völkerrecht und in der Gesetzgebung der Ukraine vorgesehenen Mittel anzuwenden, um die Rechte und Freiheiten des Menschen und der Bürger, die Unabhängigkeit, die staatliche Souveränität und die territoriale Unversehrtheit zu schützen. - Das Ministerkabinett der Ukraine entwickelt und genehmigt einen Maßnahmenplan zur Umsetzung der Strategie für die Entbesetzung und Wiedereingliederung des vorübergehend besetzten Gebiets der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol, auf dessen Grundlage die zuständigen staatlichen Stellen Aktionspläne ausarbeiten und umsetzen, um die Entbesetzung des vorübergehend besetzten Gebiets sicherzustellen.“

https://www.president.gov.ua/ru/news/prezident-zatverdiv-strategiyu-deokupaciyi-ta-reintegraciyi-67321

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„Die Vereinigten Staaten und die Ukraine: Bekräftigen die Bedeutung unserer Beziehungen als Freunde und strategische Partner, die sowohl auf unseren gemeinsamen Werten als auch auf gemeinsamen Interessen beruhen, einschließlich des Engagements für ein geeintes, freies, demokratisches und friedliches Europa.Sie bekräftigen, dass die zwischen unseren beiden Nationen bestehende strategische Partnerschaft 10 für die Sicherheit der Ukraine und Europas insgesamt von entscheidender Bedeutung ist. … Sie betonen Sie das unerschütterliche Bekenntnis zur Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen, einschließlich der Krim und der Ausdehnung auf ihre Hoheitsgewässer angesichts der anhaltenden russischen Aggression, die den Frieden und die Stabilität in der Region bedroht und die globale regelbasierte Ordnung untergräbt.“

https://www.state.gov/u-s-ukraine-charter-on-strategic-partnership/

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„Es gibt keinen Platz für eine souveräne Ukraine im Anti-Russland-Projekt sowie für politische Kräfte, die versuchen, ihre wirkliche Unabhängigkeit zu verteidigen. Wer über Versöhnung in der ukrainischen Gesellschaft spricht, über Dialog, über einen Ausweg aus der entstandenen Sackgasse, wird als 'pro-russische' Agenten bezeichnet. …

Wir verstehen alle Tricks, die mit dem Anti-Russland-Projekt verbunden sind. Und wir werden niemals zulassen, dass unsere historischen Territorien und die uns nahestehenden Menschen, die dort leben, gegen Russland verwendet werden. Und denen, die einen solchen Versuch unternehmen, möchte ich sagen, dass sie auf diese Weise ihr Land zerstören werden.

Die gegenwärtigen Behörden in der Ukraine beziehen sich gerne auf die westliche Erfahrung und betrachten diese als Vorbild. Schauen Sie sich also an, wie Österreich und Deutschland, die USA und Kanada Seite an Seite leben. In ethnischer Zusammensetzung, Kultur, ja mit einer Sprache eng verbunden, bleiben sie souveräne Staaten, mit eigenen Interessen, mit eigener Außenpolitik. Dies verhindert jedoch nicht ihre engste Integration oder verbündete Beziehungen. Sie haben sehr bedingte, transparente Grenzen. Und Bürger, die sie überqueren, fühlen sich zu Hause. Sie gründen Familien, studieren, arbeiten, machen Geschäfte. Übrigens, sowie Millionen von Eingeborenen der Ukraine, die jetzt in Russland leben.

Russland ist offen für den Dialog mit der Ukraine und ist bereit, die schwierigsten Fragen zu erörtern. Aber es ist wichtig für uns zu verstehen, dass der Partner seine nationalen Interessen verteidigt, nicht anderen dient, keine Waffe in der Hand von jemandem ist, um uns zu bekämpfen.

Wir respektieren die ukrainische Sprache und Traditionen. Auf den Wunsch der Ukrainer, ihren Staat frei, sicher und wohlhabend zu sehen.

Ich bin überzeugt, dass die wahre Souveränität der Ukraine nur in Partnerschaft mit Russland möglich ist. Unsere spirituellen, menschlichen, zivilisatorischen Bindungen haben sich über die Jahrhunderte hinweg gebildet, gehen auf dieselben Ursprünge zurück, verhärtet durch gemeinsame Prüfungen, Errungenschaften und Siege. Unsere Verwandtschaft wird von Generation zu Generation weitergegeben. Es ist in den Herzen, in der Erinnerung der Menschen, die im modernen Russland und in der Ukraine leben, in den Blutsbanden, die Millionen unserer Familien vereinen. Gemeinsam waren wir immer und werden unzählige stärker und erfolgreicher sein. Schließlich sind wir eine Nation.

Nun werden diese Worte von einigen als Bajonette wahrgenommen. Kann beliebig interpretiert werden. Aber viele Leute werden mich hören. Und ich sage eines: Russland war und wird nie "Anti-Ukraine" sein. Und was die Ukraine werden soll, liegt an ihren Bürgern“

http://kremlin.ru/events/president/news/66182

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Von Juristen habe ich mal gelesen, dass diese Formulierung auch Gründe im russischen Militärrecht haben kann.

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„Ich muss mich auch an die Streitkräfte der Ukraine wenden.

Verehrte Kameraden! Eure Väter, Großväter und Urgroßväter haben nicht gegen die Nazis gekämpft und unser gemeinsames Vaterland verteidigt, damit die heutigen Neonazis die Macht in der Ukraine übernehmen können. Ihr habt einen Eid auf das ukrainische Volk geschworen und nicht auf die volksfeindliche Junta, die die Ukraine ausraubt und eben dieses Volk schikaniert.

Führt ihre kriminellen Befehle nicht aus. Ich fordere Euch auf, die Waffen sofort niederzulegen und nach Hause zu gehen. Um es klar zu sagen: Alle Angehörigen der ukrainischen Armee, die dieser Forderung nachkommen, werden das Kriegsgebiet ungehindert verlassen und zu ihren Familien zurückkehren können.“

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So ähnlich der Bw-General aD Schwab: "Wie soll der Zustand nach einem Krieg aussehen? Dies gilt sowohl für einen Aggressor als auch für denjenigen, der sein Land legitim verteidigt. Einen stabileren und besseren Frieden kann es meiner Meinung nach nur im Kontext der den Krieg überwölbenden Fragen geben.

Wir haben hier ja drei Ebenen zu betrachten. Erstens geht es um einen USA-Russland Konflikt um strategische Stabilität. Zweitens um einen Nato-Russland Konflikt um Sicherheitsarchitektur in Europa. Und drittens um einen Russland-Ukraine-Krieg mit nicht ganz klaren russischen Zielen.“

Es fehlt die innerukrainische Dimension, sie ist in den letzten Monaten aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden. https://www.heise.de/tp/features/Russland-verfuegt-immer-noch-ueber-die-Eskalationsdominanz-7194125.html?seite=all

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Vorschläge einer Kommission im Vatikan, zu finden bei den Entspannungsfreunden …Muss noch gemacht werden.

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Die verstorbene ehemalige US-Außenministerin Albright soll einmal gesagt haben, in Osteuropa sei es deshalb oft so schwierig, zu politischen Vereinbarungen zu kommen, weil die Vergangenheit in jeder Verhandlung gegenwärtig sei, ist sie auch noch so lange her. Jede Vergangenheitn ist auch Gegenwart.

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„Wir schlagen eine Reihe von Maßnahmen vor, wissend, dass nicht alle diese Schritte sofort durchführbar sind. Die folgenden detaillierten Empfehlungen richten sich an folgende Bereiche:

  1. Wiederherstellung des praktischen Dialogs zwischen Russland und der NATO, einschließlich unmittelbarer Kontakte zwischen den Militärkommandanten und Experten Russlands und der NATO-Mitgliedstaaten.
  2. Entwicklung gemeinsamer Regeln, die das Risiko unbeabsichtigter Zwischenfälle an Land, in der Luft und auf See verringern.
  3. Verbesserung der Stabilität durch Erhöhung der Transparenz, Vermeidung gefährlicher militärischer Aktivitäten und Bereitstellung dedizierter Kommunikationskanäle, die eine Eskalation eventuell auftretender Vorfälle verhindern würden.
  4. Anwendung (und möglicherweise Ergänzung) der NATO-Russland-Grundakte von 1997 zur Kodifizierung von Maßnahmen zur Zurückhaltung, Transparenz und Vertrauensbildung.
  5. Untersuchung möglicher Einschränkungen des Einsatzes konventioneller NATO- und russischer Streitkräfte in Europa zur Verbesserung von Transparenz und Stabilität.
  6. Konsultation zwischen Russland und den USA / der NATO zu den Themen Mittelstreckenraketen und ballistische Raketenabwehr einleiten, um ein neues Atomraketenrennen in Europa zu verhindern.
  7. Wahrung des Open-Skies-Vertrags.“

https://www.europeanleadershipnetwork.org/wp-content/uploads/2020/12/8-2a-Russia-NATO-Statement-Final-Draft.pdf

Datum: 05.08.2022

Autor: Dr. Horst Leps

Created: 2022-08-08 Mon 19:56

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