Ein interessantes Papier:
„Schwedisches Institut für Verteidigungsforschung"
,----https://www.foi.se/
| FOI forscht nach einer sichereren Welt.
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| Die Kernaktivitäten des FOI sind Forschung, Methodologie und
| Technologieentwicklung sowie Analysen und Studien.
| Die Agentur ist von Kommissionen finanziert und untersteht dem
| Verteidigungsministerium.
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https://www.foi.se/nyheter-och-press/nyheter/2021-03-11-forsvarssatsningar-i-nordeuropa-bor-fokusera-pa-nartid.html
,----Edge Translate
| Im neuen Bericht Western Military Capability in Northern Europe 2020 hat
| das BFI eine systematische Bewertung des Machtgleichgewichts zwischen
| dem Westen und Russland durchgeführt.
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| "Ziel ist es, wichtige Merkmale des Gleichgewichts in Bezug auf relative
| Stärken und Schwächen zu identifizieren. Wir weisen auch auf einige
| Schlüssel hin, um die westliche Verteidigung Nordeuropas zu verbessern",
| sagt Krister Pallin, Forschungsleiter und einer der Herausgeber des
| Berichts.
|
| Der Bericht besteht aus zwei Teilen. Teil 1 analysiert die
| Sicherheitslage in Nordeuropa, die gemeinsamen Vorbereitungen der NATO
| für die kollektive Verteidigung, westliche und russische Streitkräfte
| und den Ausgang eines Kriegsspiels. Teil 2 zeigt Verteidigungsbemühungen
| und militärische Fähigkeiten in Dänemark, Norwegen, Finnland, Estland,
| Lettland, Litauen, Polen, Deutschland, Frankreich, dem Vereinigten
| Königreich und den USA.
...
| Das militärische Problem des Westens besteht vor allem darin, dass
| Russland einen besseren Zugang zu seinen Streitkräften hat und
| Überraschungsangriffe auf die Ostflanke durchführen kann, bevor die NATO
| Zeit hat, zu reagieren, und darüber hinaus können die Angriffe ganz
| anders aussehen.
|
| "Der Westen muss in der Lage sein, schnell und glaubwürdig auf
| Bedrohungen über die gesamte Konfliktskala hinweg zu reagieren, in
| gemeinsamen Operationen an Land, auf See, in der Luft, aber auch im
| Weltraum und im Cyberspace. Gleichzeitig könnte es ausreichen, einen
| Angriff für Russland riskanter oder kostspieliger zu machen, und relativ
| kleine Maßnahmen können die Abschreckung und auch die Fähigkeit, sich zu
| verteidigen, erheblich verbessern. Funktionierendes Management, gut
| entwickelte Planung und gute Übungen gehören zu den wichtigsten
| Maßnahmen zur Steigerung der westlichen Fähigkeiten und auch nicht so
| ressourcenintensiv", sagt Krister Pallin.
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https://www.foi.se/rapportsammanfattning?reportNo=FOI-R--5012--SE
https://www.foi.se/rest-api/report/FOI-R--5012--SE
Um die Kräfteverhältnisse zwischen Russland und der Nato genauer zu
erfassen, wurde in dem schwedischen Institut eine Simulation eines
Krieges im Baltikum durchgeführt: Die ersten vier Tage eines russischen
Angriffs auf das Baltikum. Das Ergebnis ist nicht sonderlich
überraschend. Allerdings, in falschen Händen, könnten gefährliche
politische Schlüsse daraus gezogen werden.
Dass Russland mit dem „Vorteil der inneren Linien" operieren kann, ist
bekannt. Insoweit nichts Neues. Die Studie zielt jedoch darauf, jene
Schwächen der Nato ausfindig zu machen, die ihnen zur vollen Parität mit
der russischen Armee fehlen.
Es sind zwei Ergebnisse:
( 1) Zwar hat die Nato die bessere und schlagkräftigere Luftwaffe, sie
ist aber zu weit weg vom baltischen Kampfplatz.
( 2) Es gibt nicht genügend Bodentruppen unter einheitlichem Kommando
im Baltikum und in Polen.
Beides ist nun nicht naturgegeben, sondern Folge der
Nato-Russland-Grundakte von 1997, in der die Nato sich verpflichtete,
ihre Kampfkräfte in denen neuen Nato-Staaten nicht nennenswert zu
erhöhen. Dieser Text taucht an einer etwas überraschenden Stelle in der
Auswertung der Simulation auf:
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| Zweitens betonte das Spiel die Bedeutung von Belarus als Puffer,
| Alarmglocke oder günstiger Ausgangspunkt für einen russischen
| Angriff. In seinem gegenwärtigen Zustand fungiert Weißrussland als
| Puffer für die Nachbarstaaten, und die Einführung russischer Truppen in
| einer Krise könnte als Warnindikator dienen und möglicherweise
| Gegenmaßnahmen seitens der NATO auslösen. Wenn jedoch bereits in
| Friedenszeiten bedeutende russische Bodentruppen in Weißrussland
| stationiert wären, hätte sich die Warnzeit vor einem russischen Angriff
| auf Litauen oder Polen erheblich verkürzt, und die Ukraine wäre einer
| Bedrohung aus dem Norden ausgesetzt. Daher liegt es im westlichen
| Interesse, Belarus als ein von Russland getrenntes Land zu halten, das
| frei von großen russischen Truppenzahlen ist, und jede Änderung dieses
| Status würde höchstwahrscheinlich zu Forderungen nach Aufhebung der
| NATO-Russland-Grundakte und zum Bau führen einer robusteren Haltung im
| Osten. Dies wäre wiederum nicht im Interesse Russlands.
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Die Studie fordert nicht, die Kündigung der Nato-Russland-Grundakte, um die
Schwächen der Nato in einem baltischen Krieg kompensieren zu können. Sie
bleibt in dieser Frage konsequent militärisch. Aber sie legt die Kündigung
nahe: Wenn mit einer Begründung wegen Belarus die Grundakte gekündigt
wird, sind die wesentlichen Probleme der Nato wegen des Baltikums
gelöst.
Da redet man es sich was ein. Denn es könnte ja sein, dass Russland dann
Kaliningrad noch anders aufrüstet als bislang und nach der Überlegenheit
in der Ostsee strebt.
Interessant nebenher: Die Nato-Marinen spielen in der Simulation
praktisch keine Rolle. Die Vorstellung, die Marinen könnten das
entscheidende Verbindungsglied zwischen dem Nato-Festland und einem an
der Suwalki-Lücke abgetrennten Baltikum spielen,
s. https://friedenslage.blogspot.com/2021/02/friedenslage-08032021.html
scheint doch ins Reich des (interesseorientierten) Wunschdenkens zu
gehören.