Freitag, 31. Dezember 2021

Friedenslage am 31.12.2021 (13:52:52)

Aufruf „Raus aus der Eskalationsspirale"
https://www.global-review.info/2021/12/06/raus-aus-der-eskalationsspirale-fuer-einen-neuanfang-im-verhaeltnis-zu-russland-5-12-2021-aufruf-ehemaliger-deutscher-generaele-und-botschafter/


„Von Russlandverstehern, kalten Kriegern und Realpolitik" von Rüdiger
Lüdeking
https://www.cicero.de/aussenpolitik/nato-erweiterung-von-russlandverstehern-kalten-kriegern-und-realpolitik

,----
| Die Ost-Erweiterung des westlichen Verteidigungsbündnisses traf nie auf
| russische Gegenliebe. Dennoch wurde sie zu Beginn von gewissen
| Rücksichtnahmen flankiert. Damit ist Schluss, seit Außenpolitik
| „wertebasiert" sein soll, wie es auch die neue Bundesregierung
| propagiert. Doch ein Verkennen russischer Interessen trägt zur
| Eskalation bei - dabei ist es völlig egal, wer moralisch auf der
| richtigen Seite steht.
`----
Eine sehr anregende Darlegung, unbedingt lesenswert.

Ein erstaunliches Interview mit dem General Naumann, Ex-GI der
Bundeswehr, zu dem Aufruf
https://www.global-review.info/2021/12/15/interview-mit-general-a-d-naumann-zur-ukrainekrise-und-dem-aufruf-raus-aus-der-eskalationsspirale-in-einer-solchen-lage-kann-ein-unbedachter-funken-nicht-mehr-kontrollierbare-gefahr-be/

,----
| Mir kam es darauf an, die Grundlagen noch einmal festzuhalten: Die
| Helsinki Schlussakte, die Charta von Paris und das Budapest Memorandum
| von 1994. Das ist nicht verhandelbar. Wenn Russland das nicht anerkennt,
| dann ist unser Aufruf gegenstandslos. Es geht also nicht um eine neue
| Ostpolitik und ganz gewiss nicht um Einflusszonen oder gar einseitige
| Vetorechte. Es geht um die Bekräftigung der vereinbarten
| Grundlagen. Darauf aufbauend kann man in gegenseitigem Respekt
| Verbesserungen für die gemeinsame Sicherheit in der gemeinsamen
| Sicherheitszone von Vancouver bis Wladiwostok suchen und kontrollierbar
| vereinbaren.
|
| Mit der Rückkehr zu den Grundlagen wird auch deutlich, dass der
| Friedensbrecher einzig und allein Russland ist. Russland war zu keinem
| Zeitpunkt nach dem Ende des Kalten Krieges von der NATO oder dem
| sogenannten Westen bedroht und ist es auch heute nicht. Russland hat
| dennoch vertrags- und völkerrechtswidrig in Georgien 2008 und in der
| Ukraine 2014 von Russland anerkannte Grenzen mit Gewalt verändert.
`----

Erstaunlich, weil es möglich scheint, selbst mit solch eher kuriosen
Auffassungen zu den Ursachen und dem Gang der Dinge doch zu vernünftigen
Aktionen zu kommen.



„Die Ukrainer sind weit davon entfernt, sich in (der Angelegenheit; HL)
der NATO einig zu sein. Lassen Sie sie selbst entscheiden."
https://truthout.org/articles/ukrainians-are-far-from-unified-on-nato-let-them-decide-for-themselves/
Informationen aus der Ukraine, mit denen man etwas anfangen kann, sind
schwer zu bekommen. Bei Texten sollte man immer erstmal von
Kriegspropaganda ausgehen, ob aus dem Westen oder aus Russland. Hier ein
Text aus der Freien Universität Berlin. Der ganze Text ist sehr
lesenswert.

,----Edge Translate
| Die Ukraine spielt nicht nur eine untergeordnete Rolle beim Austausch
| von Drohungen und Verhandlungen über ihr Schicksal. Aber auf typisch
| koloniale Weise homogenisieren Kommentatoren die Ukrainer und
| misserkennen die politische Vielfalt in einer Nation von 40 Millionen
| Menschen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj twitterte
| kürzlich über das Prinzip "Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine",
| entgegen der Neigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die
| Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO in einem engen Kreis von
| Großmächten zu bestimmen. Das Problem besteht jedoch nicht nur darin,
| "ohne Ukraine" zu entscheiden, sondern auch "für" sehr unterschiedliche
| Ukrainer, als ob sie identische Meinungen zu den fraglichen kritischen
| Fragen hätten.
`----

,----
| Volodymyr Ishchenko ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am
| Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin.
`----



„Russland, die NATO und wir: Wird unsere Suche nach einer europäischen
Sicherheitsordnung im Krieg enden?"
https://securityconference.org/en/news/full/russia-nato-and-us-oped-ischinger/

,----
| Russland trägt eine große Verantwortung für den Zusammenbruch der
| Beziehungen zum Westen. Aber die NATO hat auch schwere Fehler
| gemacht. Jetzt steht Europa vor einer großen Aufgabe. Ein
| Meinungsbeitrag von Wolfgang Ischinger. ...
|
| Was könnten Elemente westlicher Gegenvorschläge sein?
| Hier nur einige Beispiele:
|
| Bekräftigung oder Erneuerung der Schlussakte von Helsinki (1975) und der
| Charta von Paris (1990), einschließlich des Grundsatzes der freien Wahl
| des Bündnisses
|
| Bekräftigung der NATO-Russland-Grundakte von 1997
|
| Bekräftigung des Inhalts des Budapester Memorandums von 1994 2023 –
|
| 50. Jahrestag des Helsinki-Prozesses: Treffen der Staats- und
| Regierungschefs der OSZE, wie vom finnischen Präsidenten vorgeschlagen
|
| Verhandlungen über nukleare Mittel- und Kurzstreckensysteme,
| einschließlich Forderungen nach einem Abzug der russischen
| nuklearfähigen Iskander-Raketen in Kaliningrad
|
| Wiederaufnahme der Verhandlungen über Fragen des KSE-Vertrags,
| d.h. konventionelle militärische Fähigkeiten in Europa und damit
| verbundene vertrauensbildende Maßnahmen
|
| Forderung nach Abzug der russischen Militärpräsenz im Donbass,
| Transnistrien, Abchasien, Südossetien
|
| Umfassende Bekräftigung des "Wiener Dokuments"
| (Vertrauensbildung im OsZE-Rahmen) Verhandlungen über den gegenseitigen
| Verzicht auf Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen und militärisch
| relevante Einrichtungen
|
| Sofortige Wiederherstellung des NATO-Russland-Rates als gemeinsames
| Krisenmanagementzentrum
`----

Das wird man wohl als einen Vorschlag für westliche Maximalforderungen
lesen dürfen. Dass Russland seine Raketen aus dem Kaliningrader Gebiet
abzieht, die es nach klarer Ankündigung wegen der
US-Raketenabwehrsysteme in Rumänien und Polen dort hin gestellt hat, und
gleichzeitig die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine samt
Raketenstationierungen, womöglich atomar bewaffnet, nicht
ausgeschlossen werden, kann so wohl kaum Inhalt eines Vertrags werden.

Aber immerhin: Es könnte sich nun auch in Deutschland herumsprechen,
dass der Westen gegenüber Russland überzogen hat und nun eine Zeit von
Gesprächen und Verhandlungen beginnt, die mindestens einen Vertrag nach
Art der Nato-Russland-Akte 97 zum Ziel hat.

Da wird man sehen müssen, wie man die Kurve kriegt:

( 1) Das Kriegsgeschrei wird abgerüstet werden müssen, die ganze, nun
schon sehr tief wirkende Russland-(Soll man sagen?)Hetze wird zurück
gefahren werden müssen. Das wird nicht von heute auf morgen gehen, so
mancher Argumentationsalto wird aufgeführt werden müssen.

( 2) Besonders schlimm: Nicht nur die osteuropäischen Länder werden von
den USA in solchen Gesprächen als zweitklassige, im Zweifel zu
ignorierende Souveränitäten behandelt, auch die alteingesessen
europäischen Bündnis-Partner mitsamt der EU werden deklassiert. Was sie
sagen, interessiert nur am Rande.

Ein Thema, das momentan in der deutschen Diskussion gar nicht betrachtet
wird: Der Einflussverlust der deutschen Außenpolitik. Gerhard Schröder
konnte mit seiner Ablehnung des us-amerikanischen Überfalls auf den Irak
noch irgendwie Eindruck machen, Westerwelle mit seiner Ablehnung des
Bombenkriegs gegen Libyen, heute interessiert man sich für deutsche
Außenpolitik nur noch hinsichtlich der Frage, ob sie sich zu 100% den
US-Wünschen anpasst oder nur zu 80%. Macht sie, was ihr gesagt wird,
oder ist sie vielleicht an der einen oder anderen Stelle gegenüber den
Wünschen der USA und deren Lieblingsstaaten in Europa nicht sofort auf
Linie. Irgendwelche Selbständigkeit, nach der Deutschland gerade im Text
von der „Neuen Macht und Neuen Verantwortung" streben sollte, geradezu
als Leader Europas an der Seite der USA, die sich um den Pazifik
kümmern, hat es nicht gegeben. Mehr als ein Wunsch nach Zögerlichkeit
ist nicht heraus gekommen.

Eine neue Diskussion um deutsche Außenpolitik ist
erforderlich. Allerdings dürfte das aktuelle außenpolitische Personal
genau dafür nicht gerade das beste sein.




Ein paar Texte aus der FR
https://www.fr.de/politik/ukraine-russland-konflikt-krieg-krim-meer-nato-lage-news-91195488.html
https://www.fr.de/politik/ex-botschafter-heusgen-warnt-vor-putins-expansionsgeluesten-zr-91204033.html
https://www.fr.de/hintergrund/putin-verklaert-sogar-das-stalin-regime-91203405.html


Atomkriegsplanungen der USA in den 1950ern
https://futureoflife.org/background/declassified-us-nuclear-targets-german/
Irgendwo habe ich einmal eine vergleichbare Darstellung von Planungen
der UdSSR gesehen. Sie zeigte zwar weniger Einsatzziele, aber das Land
wäre auch dann eine unbewohnbare Todeszone geworden.



--
https://friedenslage.blogspot.com/