Mittwoch, 19. Juni 2024

Friedenslage am 19.06.2024 (13:21:26)

„UMSTRITTENES VORHABEN: Italienischer Senat billigt Verfassungsreform"
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/italienischer-senat-billigt-verfassungsreform-von-meloni-regierung-19799097.html

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| Die Verfassungsreform sieht vor, dass der Ministerpräsident in Zukunft nicht
| mehr vom Staatspräsidenten mit der Bildung einer Regierung beauftragt wird,
| sondern direkt vom Volk für fünf Jahre gewählt wird. Außerdem soll ein
| Mehrheitsbonus von 55 Prozent für die meistgewählte Partei eingeführt
| werden. Mit diesem Bonus soll dem Wahlgewinner automatisch – auch wenn dieser
| nicht die absolute Mehrheit der Stimmen erhält – eine komfortable Mehrheit
| sowohl in Abgeordnetenkammer als auch Senat garantiert werden.
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Die Innenpolitik einzelner Nato-Staaten ist normalerweise nicht Gegenstand
dieses Blogs. Aber dieses hier ist ein besonderer Fall, der womöglich bald gar
nicht mehr so besonders ist: Eine Partei, die sich in der Nachfolge der
Mussolini-Faschisten sieht, zerstört langsam die Demokratie und keiner sagt was.

Die italienische Politik war bislang durch eine Vielfalt von Parteien bestimmt,
die in wechselnden Koalitionen unter der Aufsicht des Staatspräsidenten das Land
halbwegs ordentlich durch die Krisen steuerte. Diese Vielfalt der Parteien soll
bedeutungslos werden, die Partei mit den meisten Stimmen hat automatisch die
Mehrheit im Parlament. Die Postfaschisten setzen darauf, dass sie das sein
werden. Stellen sie dann noch den direkt gewählten Ministerpräsidenten, können
sie ohne jede weitere Rücksicht durchregieren.

Faschistische Machtergreifungen finden heute nicht mehr im Stil des
20. Jahrhunderts statt: Kein Militärputsch mehr, kein „Marsch auf Rom", keine
„Machtergreifung". Stattdessen wird an diversen Stellschrauben des politischen
Systems gedreht, an den Institutionen und den Massenmedien.

Als Erdogan das parlamentarische politische System in der Türkei durch ein
präsididales ersetzte, wurde das in Deutschland in der Öffentlichkeit kritisch
gesehen. Genauso wurde die Verwandlung der Innenpolitik Ungarn durch Orban nicht
nur polemisch begleitet, sondern geradezu bekämpft. Nichts dergleichen findet
sich in der deutschen Öffentlichkeit wegen des Umbaus der Italiens Demokratie
bedroht.

Das zeigt sich etwas Neues.

Der Militärputsch in Griechenland lief zwar nach Nato-Plänen ab, er wurde in der
Öffentlichkeit der Nato-Länder aber heftig kritisiert. Die deutsche
Öffentlichkeit fand sich nicht mit ihm ab, duldete allenfalls widerwillig.

Dass der Regierungswechsel in Kiew unter Beteiligung faschistischer Kräfte gegen
die Regeln der Verfassung durchgesetzt wurde, interessierte in der deutschen
Öffentlichkeit fast niemand, in den Öffentlichkeiten anderer westlicher Staaten
auch nicht. Seitdem sind Bündnisse bürgerlicher Kräfte einschließlich grüner und
sozialdemokratischer Parteien mit faschistischen Kräften (wieder) möglich.

Allerdings nur unter jener Bedingung, von der schon die griechischen Obristen
profitierten: Diese faschistischen Gruppierungen müssen sich in die
außenpolitische Grundlinie der westlichen Politik einpassen. Meloni macht weder
der Nato noch der EU irgendwelche Probleme, im Gegenteil. Sie darf alles tun, was
sie will. Oder: Die minderheiten- und damit menschenrechtsfeindliche Politik der
baltischen Regierungen wird nicht nur schlicht ignoriert, sondern womöglich auch
noch mit dem Posten der Außenbeauftragten der EU für Kaja Kallas belohnt, wird
doch die richtige Minderheit bekämpft.

Der alte französische Kollaborationsfaschismus könnte demnächst die Regierung in
Frankreich stellen. Das aber stört nicht mehr, denn er hat sich in die
Nato-Linie eingepasst. Seine Distanzierung von der AfD dient genau diesem Zweck.

Man darf damit rechnen, dass die AfD in der nächsten Zeit an der Stelle unter
Druck gerät. Sie hat ihren Militär-Flügel, der der Nato und der Bundeswehr
verbunden ist. Sie hat sich von ihren gewählten EU-Abgeordneten getrennt, obwohl
für die gegen sie erhobenen Vorwürfe, sie seien Russland und China finanziell
verbunden, bislang keine Belege vorgelegt worden sind. Die AfD passt sich
vorsorglich schon mal etwas an, denn sie will sich ihre Regierungschancen nach
den Landtagswahlen in Thüringen etc. nicht verbauen.

Die Brandmauer, von der immer wieder die Rede ist, meint einen Faschismus, der
die nichtwestlichen Sonderwege des europäischen Faschismus des 19. Jahrhunderts
fortsetzen will. Es gibt aber im Westen keine Brandmauer zu einem neuen
„gemäßigten" Faschismus, der ethnozentristisch das eigene Land umbauen
will. Eine Koalition zwischen einer außenpolitisch gewendeten (oder frisch
gespaltenen) AfD und etwa der CDU könnte nur eine Frage der Zeit sein.



Die Abschlusserklärung der Genfer Ukraine-Konferenz:
https://www.blick.ch/ausland/nationen-verkuenden-visionen-fuer-zukunft-der-ukraine-die-abschlusserklaerung-im-wortlaut-id19851257.html

Rekrutierung in der Ukraine:
https://x.com/Jens7berlin/status/1802605800474529875


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