Samstag, 19. Dezember 2020

Friedenslage am 19.12.2020 (19:59:00)

Vergleich der Seestreitkräfte in der Ostsee:

Anmerkungen zum übersetzten Teil von
https://www.cna.org/CNA_files/PDF/IOP-2020-U-028759-Final.pdf, auf
https://friedenslage.blogspot.com/2020/12/friedenslage-am-17122020-183734.html

Es ist immer problematisch, in Kräftevergleichen Zahlen von
Waffensystemen gegenüber zu stellen. Schließlich kommt es auf die
Geografie, das Zusammenwirken der Systeme, ihren technischen Stand, die
Strategie der Militärführungen und vieles mehr an. Eine grobe Auskunft
über militärische Kräfteverhältnisse in einem beschreibbaren Raum mögen
diesen Vergleiche dennoch geben:

,----
| Schon heute verfügen die Flotten der NATO-Anrainer der Ostsee über mehr
| Kriegsschiffe und U-Boote als die russische Baltische Flotte, mit ihrem
| Hauptquartier in Kaliningrad. Neun NATO-U-Boote stehen dort einem
| russischen U-Boot gegenüber, die NATO-Länder haben 10 Zerstörer,
| Fregatten und hochseegängige Korvetten, Russland sieben. Bei
| Patrouillen-Booten ist das Verhältnis allerdings 26 zu 29 zugunsten
| Russlands. Im Konfliktfall addieren sich Norwegen, Schweden und Finnland
| zu diesen NATO-Kräften, so dass diese über 20 U-Boote, 19 Zerstörer,
| Fregatten und Korvetten sowie 62 Patrouillen-Boote verfügen. Addieren
| wir alle Einheiten, so ergibt sich ein Verhältnis von 101 zu 37 zum
| Nachteil Russlands.
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Aus Henken, Lühr: Deutschlands ambitionierte Aufrüstung in einer ohnehin
schon zu spannungsgeladenen Welt, in: Henken, Lühr (Hrsg.): Schluss mit
dem Wahnsinn! Abrüsten! Konfliktanalysen und Ansätze aus der
Friedensbewegung, Kassel 2020, S. 79-113, hier S. 104, wobei die
Berechnungsmethode nur angedeutet wird.


Russland sitzt in der Ostsee an zwei Ecken, an denen ihm ganz schnell
der Zugang zum offenen Meer gesperrt werden kann. Eine große Flotte
nützt da wenig, es kommt vielmehr auf die lange Reichweite mit hoher
Zielgenauigkeit an, um Ansammlungen und Bewegungen eines Feindes in der
Ostsee so weit wie möglich zu verhindern: Überwasserschiffe und
Hafenanlagen zerstören. – Die Nato muss entweder diese Wirkungen auf
lange Distanz verhindern – mit B-52-Bombern über Kaliningrad, oder
Tennessee-U-Booten mit neuem „kleinen" Sprengkopf – oder versuchen,
durch den Hagel durchzukommen, am besten beides. Deshalb ist der Westen
dabei, Atomkrieg gegen Kaliningrad zu üben (Als ob das ein Mittel der
Kriegsführung wäre, Irrsinn, die Russen machen mit einer offiziellen
Veränderung ihrer nuklearen Einsatzdoktrin seit Juni dieses Jahres mit.)
und zu hoffen, mit ein paar Schiffen doch noch bis zur baltischen Küste
(einschl. kurische Nehrung) zu kommen, um die Nato-Truppen im Baltikum
zu versorgen und Kaliningrad auszuschalten. Für Russland, auf der
inneren Linie, reicht es, die Qualität zu verbessern, der Westen braucht
quantitative Erweiterungen. (Vernachlässigt dabei bislang die „grüne"
Marine, anders als die Russen, aus welchen Gründen auch immer.)

Um es mit einem Bild zu sagen: Russland rüstet in der Ostsee wie eine
Wasserburg dafür, dass der potentielle Feind auf Abstand bleibt, und
bereitet gleichzeitig den Nahkampf vor, wenn der Feind trotzdem
durchkommen sollte, während der Westen nicht weiß, wie er dichter
herankommen soll und es deshalb sowohl mit der Vorbereitung des
Weltuntergangs versucht als auch mit mehr kleinen schnellen Truppen.

Wie auch immer: Russland hat kein maritimes Wettrüsten im Bereich der
Ostsee begonnen, das eine Aufrüstung der Nato-Marinen, insbesondere der
Deutschen Marine herausfordern würde. Man kann das Verhalten Russlands
als Anzeichen dafür deuten, dass es nicht in ein Wettrüsten einzutreten
wünscht. Vielleicht kann sich Russland weitere Rüstungen finanziell
nicht leisten, vielleicht ist der russischen politischen und
militärischen Führung die Baltikum-Aufregung der Nato unverständlich und
gleichgültig, weil sie sowieso kein Interesse an diesen Staaten hat.

Aus der Deutschen Marine wird das Aufrüstungsprogramm für die Ostsee
allerdings auch nicht mit der russischen Marinerüstung begründet,
sondern mit dem strategischen Gesamtzusammenhang: Die Marinen des
Westens hätten dafür zu sorgen, dass im Kriegsfall die Nato-Truppen in
den baltischen Staaten versorgt werden können. Dazu habe insbesondere
die Deutsche Marine die Aufgabe, Transporte aus Übersee im östlichen
Atlantik, im Ärmelkanal, im Übergang vom Atlantik zur Nordsee, in der
Nordsee und in der Ostsee zu sichern.



Gibt es in Deutschland einen Militärisch-Industriellen Komplex?
https://www.prokla.de/index.php/PROKLA/article/view/1916/1834

,----
| Einiges spricht dafür, dass es in Deutschland einen
| militärisch-industriellen Komplex im Sinn eines verselbständigten, und
| weder durch das Parlament noch durch die Öffentlichkeit kontrollierbaren
| Bereichs der intensiven Kooperation der einheimischen Rüstungsindustrie
| mit Teilen des staatlichen Apparats gibt.
`----

Viele Hinweise darauf, dass es enge Zusammenarbeit zwischen Politik,
Militär und (Rüstungs-)Industrie gibt. Aussagen darüber, ob dieser MIK
ein Zentrum der Inszenierung und Steuerung von Politik ist, fehlen
jedoch. Welche politischen, ökonomischen, militärischen und
publizistischen Kräfte haben gemeinsam die außenpolitische Wende der
"Neuen Macht - Neuen Verantwortung" vorbereitet und dann durchgesetzt?
Oder war diese Wende - wenig wahrscheinlich - die ungenaue, zufällige
Diagonale vieler Kräfteparallelogramme.




Rüstungskontrolle mit Biden?
https://www.swp-berlin.org/publikation/us-ruestungskontroll-und-militaerpolitik-in-europa-erwartungen-an-biden/

,----
| Mit Präsident Trumps »America first«-Politik haben die USA der
| multilateralen Ordnung den Rücken gekehrt, internationale Abkommen
| verlassen, Rüstungskontrollverträge gekündigt und die Nato in Frage
| gestellt. Gegen Deutschland wollte Trump nationale Interessen mit
| Sanktionen durchsetzen. ... Die Rüstungskontrolle wird zwar wieder einen
| höheren Stellenwert einnehmen. Fortschritte aber werden zähes
| Verhandeln und höhere Beiträge Deutschlands zur Bündnisverteidigung
| erfordern. ..
|
| Konventionelle Rüstungskontrolle
|
| Während die konventionelle Rüstungskontrolle seit zwei Jahrzehnten
| erodiert, haben die militärischen Spannungen in den geo­graphischen
| Berührungszonen zwischen der Nato und Russland seit 2014
| besorgniserregend zugenommen, vor allem im Baltikum. ...
|
| Deshalb hat der deutsche OSZE-Vorsitz 2016 einen Strukturierten Dialog
| in der OSZE eingeleitet. Damit soll die konventionelle Rüstungskontrolle
| in Europa erneuert und den aktuellen politischen und technologischen
| Entwicklungen angepasst werden. Der Ansatz wird von einer Gruppe
| gleichgesinnter Staaten unter­stützt. Die USA und Nato-Frontstaaten
| dagegen lehnen ihn ab, ...
`----
Lesenswert


Über Syrien
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/fluch-des-bannfluchs
https://www.heise.de/tp/features/Lektionen-aus-dem-Syrien-Krieg-4993409.html



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https://friedenslage.blogspot.com/