Samstag, 9. Juli 2022

Friedenslage am 09.07.2022 (16:42:12)

Die Zukunft des Krieges. - Die Lage ist wie immer unübersichtlich. Aber
es kristallisiert sich momentan eine Schnittstelle heraus: Ist Russland so
stark, dass es in der nächsten Zeit den Krieg für sich entscheiden kann?
Nachdem die russischen Streitkräfte die Region Luhansk komplett unter
ihre Kontrolle gebracht haben, stellt sich die Frage, ob sie auch weiter
die Oblast Donezk vollständig einnehmen und womöglich weiter nach Westen
vorrücken. Die einen sagen, dass das im Prinzip möglich ist. weil der
Ukraine die materiellen und personellen Reserven fehlen. Diese können
auch durch Lieferungen nicht ausgeglichen werden.

„Oberst Markus Reisner gibt ein Update und schildert, wie sich der Krieg
weiterentwickeln könnte."
https://www.youtube.com/watch?v=55fJOOP4AkQ

Eine Einschätzung eines (ehemaligen?) Mitarbeiters der Führungsakademie
der Bundeswehr Hamburg-Blankenese.
https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Befuerchte-Wandel-von-Krieg-in-Guerilla-Kampf-article23448902.html

Auch ein auf welt.de Interview in einer Nachrichtensendung sagt
letztlich nichts anderes.
https://www.youtube.com/watch?v=m4DtwRyAarI

Die Waffenlieferungen aus dem Westen können an ihren Plätzen Wirksamkeit
zeigen, sie können jedoch die grundlegenden Schwächen der Ukraine nicht
ausgleichen. Wenn dem so sein sollte - unsereins kann das letztlich nicht beurteilen,
sondern nur die verschiedenen Stellungnahmen nach Plausibilität
einschätzen -, dann muss der Westen sich entscheiden. Wie es aussieht,
jetzt drei Möglichkeiten:

1. RU bricht bis zum Dnepr durch und bestimmt danach, wie es weiter
geht.
2. Der Westen macht jetzt eine Verhandlungsoffensive, um (für sich) zu
retten, was zu retten ist.
3. Die Nato schickt nicht nur Waffen, sondern tritt mit eigenen Truppen
in den Krieg ein.

Variante 1 ergibt einen dauernden „eingefrorenen" Krieg, der ein paar
Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern kann: Die Ukraine wird auf
koreanische Art geteilt. Russland hat den industriell und
landwirtschaftlich entwickelten Teil, der Westen muss eine
wirtschaftlich schwache Rumpf, die zu keinen eigenen Handlungen mehr
fähig ist, über die Jahre hinweg finanzieren. Die Sanktionen würden
nicht aufgehoben, sondern möglicherweise sogar noch verschärft, Russland
einerseits und EU/Nato-Europa würden sich weiter auseinander
entwickeln.

Variante 2 wird momentan noch nicht mal angedacht, von Italien
abgesehen. Erfahren die europäischen Staaten von ihren „Diensten" nichts
über die möglichen Entwicklungen der Lage? Erfahren sie es zwar, nehmen
sie aber nicht zur Kenntnis? Wollen sie das nicht zur Kenntnis nehmen
oder dürfen sie das nicht? Die USA sind der große „Bestimmer" auf der
Seite des Westens, momentan ist wirklich nichts zu sehen, bei dem die
Europäer oder auch nur die Deutschen einen von den USA möglicherweise
oder auch nur vielleicht abweichenden Standpunkt vertreten, vertreten
können oder auch nur könnten. Auch in den USA haben die Sanktionen
Auswirkungen, bspw auf die Benzinpreise. Aber es scheint so zu sein,
dass das die Politik der US-Regierung noch nicht beeinflusst.

Variante 3 ist die gefährlichste. Wenn es dem Westen nicht gelingt, mit
Waffenlieferungen (samt Ausbildungsprogrammen) eine Wende zugunsten
Kiews herbei zu führen: Was soll der Westen dann machen? Einfach
hinnehmen, dass teures und teuerstes Gerät letztlich nutzlos von den
russischen Streitkräften früher oder später kaputt geschossen wird? Die
riesigen Mrd.-Programme, erst um die Ukraine auf Nato-Kurs zu bringen,
dann um sie im Krieg zu unterstützen, verloren geben? Um sich dann doch
wieder mit diesem Russland abfinden zu müssen? Je länger der Krieg
dauert, desto größer und teurer diese Art von „Investition", je geringer
die Neigung, sie abzuschreiben. - Man wird dann darüber nachdenken, wie
man der Ukraine im Kampf selbst helfen kann.- Die Nato ist Russland
materiell um ein Vielfaches überlegen, allerdings sind ihre Truppen
nicht in der Nähe des Kampfplatzes und die Defender-Übungen haben
gezeigt, dass amerikanische Truppen auch nicht so schnell in die Nähe
des Kampfplatzes transportiert werden können. Die logistischen
Herausforderungen wären immens. - Momentan wird die Ukraine schon mit
Nachrichten unterstützt. Wäre es eine Kriegserklärung an Russland, wenn
man von Polen oder Rumänien aus mit Fernwaffen auf das ukrainische
Schlachtfeld eingreift? Oder wenn doch Flugverbotszonen eingerichtet
werden? - Man darf vermuten, dass da sicher schon Überlegungen von
Militärs gibt, dafür hat man sie ja, aber noch keine entscheidungsreifen
politischen Überlegungen.

Dass manche Kräfte zu politisch-militärischer Zockerei bereit sind,
zeigen diese Meldungen:
https://www.deutschlandfunk.de/cdu-politiker-kieswetter-spricht-von-scheinstaerke-der-russischen-streitkraefte-100.html
https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-samstag-161.html#CDU-Aussenpolitiker-haelt-Putin-Aeusserungen-fuer-leere-Drohungen


 

Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr, die die eigene
Wirtschaft kaputt machen:
https://www.theguardian.com/world/2022/jul/07/canada-russia-turbine-ukrainian-diaspora-trudeau
https://www.reuters.com/world/exclusive-ukraine-urges-canada-not-hand-over-gas-turbine-russia-2022-07-07/

Der Westen ist eben nur der Westen, die Isolierung Russlands ist
gescheitert. Der Westen ist selbst in Putins „Gasfalle" gegangen und nun
gefangen.
https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krise/perfider-plan-mit-diesen-drei-maschen-will-putin-den-westen-taktisch-aushebeln_id_112682979.html

,----
| Verhandlungen, wie Putin sie versteht, sind ein vergifteter Köder
| Verhandlungen. Moskau lehne Friedensverhandlungen keinesfalls ab. „Aber
| jene, die sich weigern, sollen wissen, dass je weiter sie gehen, desto
| schwieriger ist es für sie, sich mit uns zu einigen", sagte Putin in
| seiner Rede drohend. ... „Pioneer" zitiert jedenfalls seinen
| Interview-Partner, den sächsischen Ministerpräsidenten Michael
| Kretschmer, so: Ohne Gas aus Russland breche die Basis für den deutschen
| Wohlstand weg, darum müsse es jetzt zu Waffenstillstand und
| Verhandlungen mit Putin kommen. Eine Position, die in Ostdeutschland
| populär ist.
|
| Der Bundeskanzler hat gesagt, Deutschland werde seine Position, der
| Ukraine notfalls noch lange zu helfen, auch lange durchhalten
| können. Scholz hat aber auch darauf hingewiesen, dass eine Regierung von
| der Zustimmung in der Bevölkerung abhängig sei.
`----



Stimmt schon:
https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Kraeftemessen-auf-der-Ostsee,marine1296.html
Doch: Was sind die Szenarien, in denen gedacht wird?


--
https://friedenslage.blogspot.com/