Sonntag, 18. Dezember 2022

Friedenslage am 18.12.2022 (20:52:15)

Eine Separat-Nato jetzt schon im Krieg für die Ukraine.
https://www.faz.net/aktuell/ukraine-konflikt/anders-fogh-rasmussen-wir-muessen-putins-kosten-steigern-18539273.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2
Vorschlag von ANDERS FOGH RASMUSSEN

,----
| Eine Gruppe von Garantiemächten muss sich verpflichten, der Ukraine die
| Fähigkeit zur Selbstverteidigung aus eigener Kraft zu. ... Deshalb sieht
| der Kiewer Sicherheitspakt jetzt positive Garantien auf vier Gebieten
| vor: Erstens sollen die Streitkräfte der Ukraine befähigt werden, jeden
| künftigen russischen Angriff abzuwehren. Zweitens sollen die
| Geheimdienste stärker zusammenarbeiten. Drittens sollen gemeinsame
| Übungen unter der Fahne der EU und der NATO abgehalten werden – auch auf
| ukrainischem Boden. Und viertens soll eine starke ukrainische
| Wehrwirtschaft entstehen.
|
| Würde der Pakt dann so lange gelten, wie die Ukraine Krieg führen muss
| und deshalb nach den heutigen Regeln der NATO nicht beitreten kann?
|
| Einerseits ja. Andererseits sollten wir Putin aber nie die Möglichkeit
| geben, eine Erweiterung der NATO de facto zu blockieren. Wenn er sicher
| sein kann, dass wir die Ukraine nicht aufnehmen, solange er dort Krieg
| führt, wird er genau deshalb immer weiter Krieg führen.
`----

Kaum anzunehmen, dass diese Extra-Nato-für-die Ukraine, wenn sie schon
im Krieg abgeschlossen und aufgebaut wird, nur Übungen in der Ukraine
abhalten wird. Wird auf die konkrete Lage ankommen.

Ist wohl ein Versuch, Nato-Staaten irgendwie in den Krieg reinzukriegen,
ohne dass die ganze Nato mit dabei ist und die anderen Nato-Staaten
weiterhin aus der Ferne unterstützen können, ohne vom Krieg betroffen zu
sein / zu werden.

Schiefe Bahn.


Hier versucht sich ein deutscher Twitter-General am 117.12.:
https://twitter.com/CarloMasala1/status/1604073318872743944

,----
| Wie lange wollen wir eigentlich noch zusehen? Wann kommt jemand auf die
| Idee, Putin auch rote Linien IN der Ukraine zu ziehen? Man kann ihm
| ökonomisch (Sanktionen) oder militärischen (Waffenlieferungen)
| drohen. Oder man erlaubt ihm halt, das Land in Schutt und Asche zu
| bomben
`----

Die Anfangsfrage lässt eine große Antwort erwarten. Gemessen an dem, was
schon gesehen ist und geschehen könnte, kommt jedoch ein Nichts. Aber
im Publikum hat man schon verstanden, also antwortet einer:

,----
| Frage ich mich schon länger. Was spricht dagegen, zu sagen, ab Tag X
| stehen wir der Ukraine in vollem Umfang militärisch bei? Details im
| Unklaren lassen. Aber das schafft ein Bedrohungsszenario. Raising the
| stakes.
`----




Henry Kissinger zu gegenwärtige Lage und den gegenwärtigen und
zukünftigen Gefahren:
https://www.spectator.co.uk/article/the-push-for-peace/

,----
| Im August 1916, nach zwei Jahren Krieg und Millionen von Opfern,
| begannen die Hauptkämpfer im Westen (Großbritannien, Frankreich und
| Deutschland), Aussichten für ein Ende des Gemetzels zu erkunden. Im
| Osten hatten die Rivalen Österreich und Russland vergleichbare Fühler
| ausgestreckt. Weil kein denkbarer Kompromiss die bereits erbrachten
| Opfer rechtfertigen konnte und niemand den Eindruck von Schwäche
| vermitteln wollte, zögerten die verschiedenen Führer, einen formellen
| Friedensprozess einzuleiten.
|
| ... Der Erste Weltkrieg dauerte zwei weitere Jahre und forderte weitere
| Millionen Opfer und beschädigte unwiederbringlich das etablierte
| Gleichgewicht Europas. Deutschland und Russland wurden durch die
| Revolution zerrissen; der österreichisch-ungarische Staat verschwand von
| der Landkarte. Frankreich war ausgeblutet. Großbritannien hatte einen
| bedeutenden Teil seiner jungen Generation und seiner wirtschaftlichen
| Fähigkeiten den Anforderungen des Sieges geopfert. Der Strafvertrag von
| Versailles, der den Krieg beendete, erwies sich als weitaus
| zerbrechlicher als die Struktur, die er ersetzte.
`----

Vielleicht sind die Kriegsparteien noch nicht so weit, dass sie - im
Anbetracht ihre menschlichen und materiellen Verluste - eigentlich den
Frieden wollen, ihn aber genau wegen dieser Verluste herbeizuführen sich
nicht trauen. Sie müssten ihren Völkern sagen, dass alle Opfer
vergeblich waren, jedenfalls so gut wie. Jede Regierung muss dann nicht
nur um ihren Sturz fürchten, sondern sogar einen politischen Umsturz,
der zu völlig neuen Verhältnissen führt. Und deshalb suchen sie nach
Möglichkeiten der Eskalation, die vielleicht doch zu einem Vorteil im
Frieden führen. Und dabei wird genau der „Vorteil", den ein früher
Frieden bringen könnte, endgültig verspielt und der Umsturz kommt
womöglich doch und gerade deshalb.

Das sind schon Überlegungen, die in Politik und Öffentlichkeit gerade
jetzt anzustellen wären. Aber sie werden abgelehnt.

Problematisch ist sein Vorschlag für einen zukünftigen Frieden:

,----
| Die Ukraine ist zum ersten Mal in der modernen Geschichte zu einem
| bedeutenden Staat in Mitteleuropa geworden. Mit Hilfe ihrer Verbündeten
| und inspiriert von ihrem Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat die Ukraine
| die russischen konventionellen Streitkräfte behindert, die seit dem
| Zweiten Weltkrieg Europa überhängen (overhanging). ...
|
| Dieser Prozess hat die ursprünglichen Fragen bezüglich der
| Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO aufgeworfen. Die Ukraine hat eine
| der größten und effektivsten Landarmeen in Europa erworben, die von
| Amerika und seinen Verbündeten ausgerüstet wurde. Ein Friedensprozess
| sollte die Ukraine mit der NATO verbinden, wie auch immer er
| ausgedrückt

Diese Verbindung der Ukraine zur Nato war einer der grundlegenden
Kriegsgründe. Ein Frieden, der die Ukraine und die Nato verbindet, wäre
für Russland möglicherweise untragbar.

Andererseits: Dass die Ukraine bei einem Waffenstillstand und / oder
sogar Friedensschluss Sicherheitsgarantien haben, die auch greifen
können und nicht nur auf dem Papier stehen, ist verständlich. Jede
zukünftige Regierung wird das verlangen.

Niemand weiß momentan, wie dieses Problem so gelöst werden kann, dass
beide Kriegsparteien wenigstens die Einbildung haben können, sie hätten
im Krieg was gewonnen.

| wird. Die Alternative der Neutralität ist nicht mehr sinnvoll,
| insbesondere nachdem Finnland und Schweden der NATO beigetreten
| sind. Deshalb habe ich im vergangenen Mai empfohlen, eine
| Waffenstillstandslinie entlang der Grenzen zu errichten, an denen der
| Krieg am 24. Februar begann. Russland würde seine Eroberungen
| zurückziehen, aber nicht das Gebiet, das es vor fast einem Jahrzehnt
| besetzt hatte, einschließlich der Krim. Dieses Gebiet könnte nach einem
| Waffenstillstand Gegenstand von Verhandlungen sein.

Warum können nicht auch die anderen russisch-sprachigen Gebiete
Gegenstand von Verhandlungen, von international überwachten Referenden
sein? Irgendwie muss Russland sein selbstgeschaffenes Problem der neuen
Oblaste doch lösen können.

|
| Wenn die Vorkriegs-Trennlinie zwischen der Ukraine und Russland nicht
| durch Kampf oder Verhandlungen erreicht werden kann, könnte der
| Rückgriff auf das Prinzip der Selbstbestimmung in Betracht gezogen
| werden. International überwachte Referenden über Selbstbestimmung
| könnten auf besonders spaltende Gebiete angewendet werden, die im Laufe
| der Jahrhunderte immer wieder den Besitzer gewechselt haben.

So könnten immerhin vorläufige Lösungen möglich sein. Aber auf die Dauer
wird es vielleicht nicht reichen. Es muss auch dafür gesorgt werden,
dass jene, die eine Abstimmung verlieren, im Land bleiben und als
gleichberechtigte Bürger dort leben können. Es muss über das Verhältnis
von Staat und nationalen Minderheiten neu nachgedacht und auf der
Grundlage der Rechte der Einzelnen und seiner Gruppen neu entschieden
werden. Das aber wäre ein Kulturbruch in vielen dieser Gegenden.

|
| Ein Friedensprozeß würde zwei Ziele verfolgen: die Bekräftigung der
| Freiheit der Ukraine und die Definition einer neuen internationalen
| Struktur, insbesondere für Mittel- und Osteuropa. Schließlich sollte
| Russland einen Platz in einer solchen Ordnung finden.
`----

Gibt es diese Ideen für eine neue politische Struktur in Mittel- und
Osteuropa? Solange hierzulande niemand in den Sprachengesetzen der
Ukraine und baltischer Staaten ein Problem sieht, stattdessen vielmehr
jeder Nationalismus unterstützt wird, Hauptsache, er richtet sich gegen
Russland, fehlt es an elementarem Verständnis für Problem und mögliche
Lösungen.




Ein zurückhaltender Text
https://www.bundeskanzler.de/bk-de/aktuelles/interview-sueddeutsche-zeitung-2154306
Für den er auch prompt kritisiert wird. Nicht scharf genug.


--
https://friedenslage.blogspot.com/