„Pressekonferenz mit Putin: Ukraine, Alltagssorgen, Verhältnis zum
Westen"
https://www.nachdenkseiten.de/?p=108245
,----
| „Ziele in der Ukraine noch nicht erreicht"
|
| Der Kreml-Chef, der letzte Woche seine Kandidatur zu den
| Präsidentschaftswahlen im März ankündigte, erklärte, Frieden in der
| Ukraine werde es dann geben, wenn Russland seine Ziele erreicht hat,
| nämlich die Neutralität der Ukraine sowie die Entnazifizierung und
| Entmilitarisierung des Nachbarlandes.
|
| So lange der Hitler-Kollaborateur Stepan Bandera in der Ukraine als
| Nationalheld gefeiert werde, sei die Ukraine nicht denazifiziert. Und so
| lange die Lieferung von Hunderten von Panzern in die Ukraine nicht
| gestoppt sei, sei das Land nicht demilitarisiert.
|
| Die Ukraine versuche, mit der Entsendung von Sturmtruppen an das linke
| Ufer des Dnjepr Stützpunkte am Rande des von Russland kontrollierten
| Gebietes aufzubauen. Dieser Versuch sei sinnlos, solle aber den Beweis
| erbringen, dass die ukrainische Armee noch offensivfähig ist. Dabei
| verheize die Ukraine ihre besten Sturmtruppen, die in Gummibooten über
| den Dnjepr übersetzen und dabei Ziel russischer Waffen würden.
|
| Der russische Präsident erklärte, Odessa sei eine „russische
| Stadt". Diese Äußerung kann man deuten als einen Hinweis, dass die
| russische Armee Odessa irgendwann zu erobern gedenkt, um die
| Zentralukraine vom strategisch wichtigen Schwarzen Meer abzuriegeln.
`----
Diese Angaben der russischen Ziele sind immer noch sehr ungenau. Was
soll man sich unter „Neutralität" vorstellen? Österreich ist neutral,
aber Mitglied der EU, die auch eine militärische Komponente hat. Es gibt
eine Zusammenarbeit in der Ausbildung mit der Bundeswehr. Schweden und
Finnland waren neutral, aber doch so sehr faktische Partner der NATO,
dass die neue Nato-Mitgliedschaft dieser Staaten in militärischer
Hinsicht kaum eine neue Qualität darstellt. Eine Gesamt-Ukraine ohne
Bandera-Kult setzt voraus, dass eine neue Regierung den Staat auf andere
ideologische Grundlagen stellen will. Eine neue Regierung in Kiew kann
auf mehrere Weisen zustande kommen:
( 1) Das Militär kann sich wegen verschärfter politischer und
militärischer Entwicklung keine weitere Zusammenarbeit mit der
Selenskij-Regierung mehr vorstellen und ersetzt sie in einem Putsch
durch eine andere Regierung, die realistische Folgerungen aus der
Entwicklung zieht. (Es könnte ja auch eine noch radikalere Regierung
sein.)
( 2) Der Westen ist der Selenskij-Regierung überdrüssig und er traut ihr
keine Wende in der Politik mehr zu, weder in diese noch in eine andere
Richtung. Die Wege 1 und 2 können zueinander passen.
( 3) Russland erobert Kiew und setzt eine neue Regierung ein.
Keine dieser Möglichkeiten ist ausgeschlossen, eine innenpolitische
Wende gegen Bandera kann aber nur durch die ersten beiden Möglichkeiten
erfolgen. Wie will Russland eine neue Politik in der Ukraine, gestaltet
von einer anderen ukrainischen Regierung, erzwingen? Hat es dazu die
politisch-militärischen Kräfte? Oder wiederholt sich die
Selbstüberschätzung Russlands von Dezember 2021 bis Februar 2022?
Und die „Entmilitarisierung"? Putin scheint davon auszugehen, dass die
Möglichkeiten des Westens, Militärgerät zu liefern, begrenzt sind. Das
mag stimmen, solange nur der sowieso laufenden Produktion entnommen
wird. Wird aber die Wirtschaft insgesamt auf Krieg umgestellt, was
sicher einige Zeit dauern würde, sollte er eher annehmen, dass die
Möglichkeiten des Westens jene Russlands in Größenordnungen
übersteigen. Das ist eine Frage der politischen Entscheidung des
Westens, nicht jedoch seiner technisch-wirtschaftlichen Möglichkeiten.
Verhandlungen stehen jedenfalls erst einmal nicht an. Sondern sie kommen
erst dann in Frage, wenn Russland der Auffassung ist, seine Ziele
erreicht zu haben, wie immer die Lage dann sein wird. Erst ein lang
anhaltender Krieg, dann Verhandlungen auf der Grundlage eines
Ergebnisses auf den Schlachtfeldern, das den Westen und die ukrainische
Regierung zur Erfüllung des Willens Russlands zwingt.
Ein Angebot für die Menschen in der Ukraine fehlt. Nach der Charta v
Paris sind die Grundrechte das Fundament der Staaten. Wenn es richtig
ist, dass die ukrainische Regierung seit 2014 Grundrechte
russischsprachiger Bürger verletzt - damit begründete Russland sein
Eingreifen 2014 -, dann muss jede Friedensregelung, die Russland
vorschlägt, von den Grundrechten der Menschen in den umkämpften Gebieten
ausgehen, statt nur auf globalstrategischen Überlegungen zu beruhen.
Das wird so kaum funktionieren.
„Biden sagt, die Ukraine habe bereits gewonnen. Er hat Recht.
Die Ahnung eines neuen Narrativs?"
https://responsiblestatecraft.org/zelensky-biden-washington/
https://www.politico.eu/article/germany-stands-with-ukraine-in-its-existential-struggle/
Voraussetzung dafür, dass der Westen und die Ukraine in einen
Friedensprozess eintreten können, ist ein neues „Narrativ" des Westens
über Ursache, Verlauf und Ergebnis des Kriegs. Dieses „Narrativ" muss es
erlauben, den Widerstand der Ukraine gegen eine vollständige Besetzung
auch dann als erfolgreich zu verstehen, wenn Territorien faktisch
abgetreten werden müssen, die Ukraine aber insgesamt als Staat bestehen
bleibt. (Der Autor erörtert diesen Gedanken im Vergleich mit Finnland
nach 1939.)
Wie könnte solch ein neues Narrativ entstehen? Vertieft sich die
politische und militärische Krise der Ukraine, könnte man im Westen als
Ursachen auf die Korruption und die zunehmende Entdemokratisierung
zeigen und feststellen, dass die Selenskij-Regierung dieser Probleme
nicht nur bislang nicht in den Griff bekommen hat und auch nicht
bekommen wird. Es wird dann eine beschleunigte Anpassung der Ukraine an
die „Kopenhagen-Kriterien" verlangt werden.
,----https://de.wikipedia.org/wiki/Kopenhagener_Kriterien
| Politisches Kriterium
|
| Wahrung der Menschenrechte
| Institutionelle Stabilität
| Demokratische und rechtsstaatliche Grundordnung
| Achtung und Schutz von Minderheiten
`----
Die bisherigen territorialen Verluste wären dann Folge der ungenügenden
politischen Struktur des Landes, die das Land geschwächt haben. Ein
Neuaufbau der Ukraine ist dann nötig, hätte obendrein den Vorteil dass
die Rest-Ukraine dann EU-kompatibel gemacht wird. EU-Zugehörigkeit und
Bandera schließen sich nun mal aus.
Russland könnte solch eine Entwicklung hinnehmen, hat es doch eh
kaum eine Chance, dauerhaft eine (neue) russische Herrschaft im
galizischen Raum der Ukraine, der einst österreichisch war und danach
polnisch, zu etablieren. Diese Gebiete haben kurz von 1939-41 und nach
1945 zur Sowjetukraine gehört, haben also keine alte, gar tiefe
Verbindung zu Russland, im Gegenteil.
Wie im Einzelnen auch immer: Wenn Russland einen Ausweg aus dem Krieg
sucht, muss es Vorschläge machen, die für die Menschen in der Ukraine im
Besonderen und in Europa im Allgemeinen anschlussfähig sind, neue
Deutungen des Kriegs und seines möglichen Endes anbieten, ob sie schon
akzeptabel sind oder noch nicht.
„Deutschland steht an der Seite der Ukraine in ihrem existenziellen
Kampf"
https://www.politico.eu/article/germany-stands-with-ukraine-in-its-existential-struggle/
Dieser Text vom engsten außenpolitischen Berater von Kanzler Scholz
zeigt, dass die Regierung alles in allem völlig ratlos ist. Von ihr sind
keine Beiträge zur Beendigung des Kriegs zu erwarten.
Bundeszentrale für politische Bildung, Bundeswehr und „politische
Bildung"
https://www.bpb.de/veranstaltungen/reihen/bensberger-gespraeche/
https://www.bpb.de/veranstaltungen/reihen/bensberger-gespraeche/518443/politische-bildung-in-der-zeitenwende-was-kann-politische-bildung-in-zeiten-des-krieges-leisten/
Naja ...
--
https://friedenslage.blogspot.com/