Mittwoch, 25. März 2020

Friedenslage am 25.03.2020 (12:42:18)

Rede der Bundesministerin der Verteidigung Annegret Kramp-Karrenbauer
anlässlich des Parlamentarischen Frühstücks der Deutschen Maritimen
Akademie am 12. März 2020
https://www.bmvg.de/de/aktuelles/akk-freiheit-seewege-nicht-zum-nulltarif-228864


Zur Maritimen Akademie:
https://deutscher-marinebund.de/deutscher-marinebund/deutsche-maritime-akademie/

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| Die Deutsche Maritime Akademie (DMA) ist eine Stiftung des Deutschen
| Marinebundes e.V. (DMB) mit Sitz in Laboe (Schleswig-Holstein).
|
| Als Bildungswerk des DMB, des größten maritimen Interessenverbands
| Deutschlands, soll die Akademie das Wissen um die Bedeutung der See, der
| Schifffahrt, der maritimen Wirtschaft und der Meerespolitik für das Wohl
| der Bundesrepublik Deutschland – auch in küstenfernen Regionen –
| fördern.
|
| Dies erreicht die Akademie unter anderem durch Maritime
| Expertengespräche in Laboe und im Binnenland, wissenschaftliche
| Symposien zu Fragen der Meerespolitik und der maritimen
| Wirtschaftspolitik, Seminare zu Themen der Sicherheits- und
| Verteidigungspolitik, Studienreisen und internationale Begegnungen
| maritim Interessierter.
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Redlicherweise: Die "Akademie" eines Interessenverbandes. Zu diesem
Bund gehört (irgendwie) ein "Hotel Admiral Scheer". Über diesen
Marinegeneral weiß Wikipedia:

https://de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Scheer
,----

| Flottenchef
|
| Nach der Skagerrakschlacht wurde Scheer zu einem eifrigen Verfechter des
| U-Boot-Krieges gegen Großbritannien. In seinen Augen konnten nur U-Boote
| durch eine Störung des Handels Großbritannien von der See aus
| schwächen. Dass er durch einen rücksichtslosen U-Boot-Krieg den USA
| einen Kriegsgrund gab, war für ihn der Preis für einen Teilsieg zur See,
| wie er durch den U-Boot-Krieg in den Augen der Militärs errungen werden
| konnte.
|
| Ab dem 14. März diente ihm die SMS Baden als Flottenflaggschiff. Scheer
| hatte sich ab Juni 1917 mit verstärkten Dienstverweigerungen als Protest
| gegen schlechte Versorgung und menschenunwürdige Schikanen durch
| Vorgesetzte in der Flotte zu beschäftigen. Achtzehn „Rädelsführer"
| (darunter Max Reichpietsch und Albin Köbis) wurden am 3. August 1917
| festgenommen und in einem Schauprozess wegen eines "vollendeten
| Aufstandes im Kriege" verurteilt. Admiral Scheer bestätigte die
| Todesurteile gegen Reichpietsch und Köbis.[1] Er begrüßte den Einsatz
| der Flotte in der Ostsee zur Unterstützung des Heeres, da diese
| Aktivitäten Unruhen vermindern würden.
|
| Chef der Seekriegsleitung
|
| Scheer wurde am 11. August 1918 Stabschef der neugegründeten
| Seekriegsleitung. Damit erhielt er die bisher ausschließlich vom Kaiser
| ausgeübte Befehlsgewalt über Entscheidungen des Admiralstabs. Sein
| Nachfolger als Chef der deutschen Hochseestreitkräfte wurde Admiral
| Franz von Hipper. Bereits am 12. August 1918 begab er sich in das
| Hauptquartier der OHL, wo er mit Hindenburg und Ludendorff zur Ansicht
| kam, dass alle Hoffnung auf einen günstigen Kriegsausgang hauptsächlich
| auf eine erfolgreiche Offensive der U-Boote gestellt sei. Er verlegte
| den Sitz der Seekriegsleitung nach Spa und leitete Schritte zur
| Intensivierung des U-Boot-Krieges ein. Sein neues Bau-Programm, das vom
| letzten Vierteljahr 1918 bis zum dritten Vierteljahr 1919 reichte, sah
| vor, die U-Boot-Produktion um das Dreifache zu steigern. Mit Beginn der
| Waffenstillstandsverhandlungen im Oktober 1918 waren diese Pläne
| überholt, und Scheer ließ alle U-Boote zurückrufen, um die Verhandlungen
| nicht zu gefährden. Als sich dann jedoch die militärische Lage erheblich
| verschlechterte und sich die drohende Internierung der Flotte
| abzeichnete, erfolgte der Flottenbefehl vom 24. Oktober 1918, der den
| Kieler Matrosenaufstand auslöste.
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Keine rühmliche Tradition also.


Die strategischen Aspekte der Rede der Ministerin, mit Übersetzung ins
Verständliche.
https://www.bmvg.de/resource/blob/228940/8ed9503058718376a774edcc3ae6a484/20200324-download-rede-akk-bei-maritime-akademie-data.pdf

,----
| Blicken wir zunächst auf die Landes- und Bündnisverteidigung. Da ist
| klar, dass Russland unsere zentrale militärische Herausforderung
| bleibt. Das betrifft gleich drei maritime Räume:
|
| Erstens die Ostsee. Sie ist eine wichtige Nachschubroute ins
| Baltikum. Und was oft vergessen wird: Unter den NATO/EU-Anrainern der
| Ostsee hat Deutschland die größte Marine. Daraus erwächst uns eine
| besondere Verantwortung zu führen und zu koordinieren. Das tun wir auch
| schon, zum Beispiel mit unserer Initiative zur Baltic Commanders
| Conference.
|
| Der zweite maritime Raum ist der Nordatlantik. Hier beschäftigt mich vor
| allem die GIUK- Lücke, die gedachte Linie zwischen Grönland, Island und
| Großbritannien. Ihr kommt hohe strategische Bedeutung zu, da sie über
| den Zugang zu den nordatlantischen Versorgungslinien entscheidet. Hier
| geht es um die Verbindung zwischen Nordamerika – also unseren
| Verbündeten USA und Kanada – und Europa. Deswegen brauchen wir an dieser
| Stelle mehr Präsenz und Wirkmöglichkeit. Denn, was vielen nicht bewusst
| ist: Hier geht es auch um den Schutz der Tiefseekabel zwischen Europa
| und Amerika, die für die digitale Kommunikation und die digitale
| Wirtschaft enorm wichtig sind.

Man kann das auch so lesen:

Weil wir es 2014 nicht geschafft haben, Russland seinen Stützpunkt
Sewastopol abzunehmen, von dem aus es nicht nur im Schwarzen Meer,
sondern auch im Mittelmeer Einfluss ausübt, der Syrien-Krieg ist zu
nennen, müssen wir den Druck auf Russland auf andere Weise erhöhen. Dazu
dienen in erster Linie die baltischen Staaten und Polen, die sich
erfreulicherweise völlig selbstlos bereit erklären haben, für uns als
Aufmarsch- und Kriegsgebiet zur Verfügung zu stehen. Bedauerlicherweise
können wir wegen des Nato-Russland-Vertrags in diesen Staaten nicht die
Menge an Truppen stationieren, die für eine erfolgreiche Kriegsführung
erforderlich wären. Deshalb müssen wir ein System entwickeln, mit dem
wir schnell Truppen in diese Region transportieren können. Dazu gehören
die Vorherrschaft in der Ostsee und im Nordatlantik. Es muss dafür
gesorgt werden, dass Truppen über den Atlantik und über die Ostsee
schnell und sicher ins Baltikum transportiert werden können. Das
Kaliningrad-Problem muss dafür gelöst werden.

Dummerweise erhöhen die Russen deshalb ihre Aktivität sowohl in der
Ostsee als auch im Nordatlantik
(s. https://friedenslage.blogspot.com/2020/03/friedenslage-am-24032020-174435.html),
weshalb der Sicherung des Seeweges dort besonders beachtet werden muss.
Allerdings ist nicht klar, wie man Russland davon abhalten kann, im
Kriegsfall Truppentransporter im Atlantik per U-Boot oder Drohnen zu
versenken. Es muss sogar die Frage gestellt werden, ob Russland über den
gesamten Nordatlantik a2/ad-Zone errichten kann/will und wie das
verhindert werden kann. Denn wenn das nicht gelingt, sind alle
Anstrengungen, das von uns selbst geschaffenen
Kaliningrad-Suwalki-Problem zu lösen, vergeblich.

Dann wissen wir auch nicht mehr weiter. Eines wollen wir auf jeden Fall
nicht tun: Mit Russland über diese Probleme und Streitpunkte eine
Verständigung erzielen. Denn dann müssten wir Zugeständnisse machen,
vielleicht sogar unsere Niederlage von 2014 anerkennen. Das geht nun gar
nicht.

| Und zum Dritten – oft vernachlässigt – das Schwarze Meer. Ein maritimer
| Raum, in den Russland verstärkt wirkt, wo Russland Druck ausübt. Deshalb
| ist es wichtig, dass wir unsere NATO- und EU-Partner in der Region
| stärken.

Ohne Sewastopol/Schwarzes Meer kein Eingreifen Russlands in die
Brandherde des Mittelmeers, die von verschiedenen Mitgliedsstaaten
unseres Bündnisses angezündet wurden. Deshalb muss alles unternommen
werden, um die Bewegungsfreiheit Russlands sowohl im Schwarzen Meer als
auch im Mittelmeer einzuschränken.

| Immerhin: In den Strukturen haben wir schon handfeste Fortschritte
| gemacht. Zum Beispiel ist es gut und richtig, dass seit letztem Jahr
| unser MARFOR, der German Maritime Forces Staff, aufgestellt ist. Damit
| hat Deutschlands Marine erstmals einen nationalen Stab mit
| internationalem Anteil, der maritime Operationen an der Nordflanke der
| NATO planen und führen kann. Und der bei Bedarf zu einem deutlich
| größeren NATO-Führungskommando aufwachsen kann.

Dabei denken wir selbstverständlich auch an Vorteile für uns: Die
Umwandlung der Ostsee in ein mare germanicum mit Hilfe verschiedener
Initiativen, insbesondere Marfor. Allerdings besteht die Gefahr, dass
die USA und/oder GB uns diese Führungsrolle streitig machen können. Die
USA und GB haben eigene Rahmensysteme für Ostsee-Einsätze
geschaffen. Mit unserem Stab in Rostock wollen wir der Gefahr vorbeugen,
dass die Deutsche Marine genau so zur Hilfstruppe für die US-Army/Navy
herabgestuft wird, wie es dem Deutschen Heer bei Defender20 schon
geschehen ist. Wenn schon, dann wollen wir wenigstes den Rahmen dieser
maritimen Hilfstruppe stellen, um ihr untergeordneter Oberkommandierer
zu werden. Da müssen wir aufpassen.

|
| Aber die Aufgaben unserer Marine gehen über die Landes- und
| Bündnisverteidigung hinaus. Denn Seewege sind Lebensadern. Und so ist
| die Freiheit der Seewege für Deutschland und unseren Wohlstand von
| großer strategischer Bedeutung.
|
| Um nur einige Zahlen zu nennen: Ein Viertel des deutschen Außenhandels
| wird über die Meere abgewickelt, rund 500 Mrd. Euro im Jahr. Unsere
| maritime Wirtschaft setzt jährlich 50 Mrd. Euro um und umfasst 400.000
| Arbeitsplätze. Mit 400 Reedereien ist Deutschland weltweit Nr. 3 und bei
| der Containerschifffahrt liegen wir mit China sogar an der Spitze.
|
| Es wird deutlich: Wir haben ein vitales Interesse an verlässlichen
| Regeln, an der liberalen internationalen Ordnung. Und die wird auch zu
| Wasser verteidigt. ...

Die Verteidigung von "Interessen" mit militärischer Gewalt ist zwar
weder Gegenstand von Art 87a/2 GG noch in Art 5+6 Nato-Vertrag noch in
sonst irgendeinem Rechtspapier zu finden, aber weil im militärischen
Konfliktfall das Völkerrecht sowieso eine untergeordnete Rolle spielt,
sollten wir gleich unter Absehung von irgendeinem Recht planen.

Denn nur dann kann möglicherweise das eine unserer Ziele erreicht
werden, in verschiedenen Gegenden der Welt Gleichberechtigung mit den
USA,GB und FR wenigstens zu simulieren.


| Deswegen bleibt es auch dabei: Im Schnitt bekommt die Bundeswehr jede
| Woche einen neuen Panzer, jeden Monat ein neues Flugzeug und jedes Jahr
| ein neues Schiff. Und ich freue mich darauf, dass wir in einigen Wochen
| die Fregatte „Nordrhein-Westfalen" in Dienst stellen können!

Wir tun mal so, als ob das alles von Nutzen wäre. Eine vernünftige
Begründung gibt es dafür zwar nicht, aber das tut nichts zur Sache: Geht
es doch um die Durchsetzung von Interessen gegen Staaten, die nicht so
wollen, wie wir wollen, dass sie sollen.

|
| Wenn wir das Tempo beibehalten – und die Qualität hochhalten –, dann
| können wir mehr machen. Und dann werden wir mehr machen. Zum Wohle
| unseres Landes und zu unserer gemeinsamen Sicherheit.

Ob das unsere Sicherheit fördert oder - wahrscheinlicher - gefährdet,
ist gleichgültig.

|
| Herzlichen Dank!
`----

Es sieht so aus, dass der Admiral Scheer doch der rechte Patron solcher
Veranstaltungen ist. Man hat zwar keine Chance, die eigenen Ziele zu
erreichen, weil nicht nur der ausgewählte Gegner, sondern auch die
Freunde dabei im Weg stehen. Aber versuchen kann man es ja mal.
Bezahlen werden andere.

--
https://friedenslage.blogspot.com/