Der Frieden ist bedroht. Es ist schwer, Orientierung zu gewinnen. - Jede Art von Propaganda will irritieren, viele wollen "aufklären" und verwirren zusätzlich. - Es bleibt die Aufgabe des Einzelnen, sich seine Sicht der Dinge zu erarbeiten. Wir haben die Welt nicht unmittelbar, wir müssen uns selbst durchwühlen. - Vielleicht helfen die Texte und Quellen und einige Bemerkungen dazu.
Montag, 1. Januar 2024
Friedenslage am 01.01.2024 (15:12:37)
„Endlich Diplomatie wagen - Der Krieg ist für die Ukraine und den Westen
nicht zu gewinnen, ein Flächenbrand droht. Es ist Zeit für Verhandlungen
und einen Waffenstillstand. - Hajo Funkte + Michael vd Schulenburg
https://taz.de/!5979717/"
,----
| Verhandlungen sind angesichts der existenziellen Gefahr für die Ukraine
| überfällig. Denn die Ukraine ist in unmittelbarer Gefahr, eine
| militärische Niederlage zu erleiden, auch wenn immer noch ein Teil der
| öffentlichen Meinung darauf pocht, dass die Ukraine siegen werde, wenn
| nur dieses oder jenes mehr an Waffen (immer sind es angebliche
| Gamechanger) geliefert wird. Dies entspricht schlicht nicht den
| Tatsachen; es gleicht einer Realitätsverweigerung.
`----
Ein recht ausführlicher argumentierender lesenswerter Artikel. Auf
Twitter dagegen Matthias Höhn.
https://twitter.com/MatthiasHoehn/status/1741371012686512299
,---- Wikipedia
| Matthias Höhn ist Mitglied im Forum Demokratischer Sozialismus, einer
| parteiinternen Strömung, in der sich maßgebliche Vertreter des
| Reformerlagers versammelt haben.
|
| Bei der Bundestagswahl 2017 zog er über die Liste in den Bundestag
| ein. Höhn war Vorsitzender und Obmann des Unterausschusses Abrüstung,
| Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung.[13] Er war Mitglied im
| Verteidigungsausschuss und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für
| die Angelegenheiten der Europäischen Union, sowie Mitglied im
| 1. Untersuchungsausschuss des Verteidigungsausschusses der
| 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages.
`----
Nur die ersten vier Abschnitte:
,----
| Die einzige Kritik an Russland in diesem langen Text versteckt sich in
| den beiden Worten „brutal" und „völkerrechtswidrig". Es gibt auch keine
| einzige explizite Forderung an den Aggressor, deren Umsetzung die
| Ukraine ein Stück näher zum Frieden führen würde. 2/x
|
| Stattdessen wird dem Westen die alleinige Schuld am Krieg und dessen
| bisherigen Verlauf in die Schuhe geschoben. Das beginnt schon mit der
| generellen These, es gäbe kein Interesse an Diplomatie. Bewusst
| ausgelassen wird, dass es doch „der Westen" war, 3/x
|
| der sich in den Wochen vor Kriegsbeginn in Moskau die Klinke in die Hand
| gab. Oder haben wir die grotesken Bilder am großen Tisch schon
| vergessen. Dabei ging es auch um die sogenannten legitimen
| Sicherheitsinteressen Russlands und die NATO-Frage. 4/x
|
| Es war der deutsche Kanzler, der noch wenige Tage vor dem 24.2.22 einen
| baldigen NATO-Beitritt der Ukraine ausschloss. (So wie auch die vorigen
| Merkel-Regierungen alle eine Versicherung Russlands gegen diesen
| Beitritt waren.) Es hat nichts geändert.
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Lesenswert, um diese Argumentation in ihrer Gesamtheit zur Kenntnis
nehmen zu können.
„Erweiterte Sitzung des Vorstands des Verteidigungsministeriums - Der
Präsident traf im Nationalen Verteidigungskontrollzentrum der Russischen
Föderation ein, um an einer erweiterten Sitzung des Verwaltungsrats des
Verteidigungsministeriums. -19. Dezember 2023"
http://kremlin.ru/events/president/news/73035
http://en.kremlin.ru/events/president/news/73035
Am Schluss seiner Rede ließ Putin erkennen, wo er die tiefer liegenden
Voraussetzungen des gegenwärtigen Kriegs sind und wie er sich eine
Lösung vorstellen kann, die diese Voraussetzungen beseitigt.
,----
| Abschließend möchte ich Folgendes sagen: Russland war der einzige Garant
| für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine. Ich habe
| das bereits erwähnt. Bei der Gründung der Sowjetunion übertrug Russland
| ihr riesige historische Territorien, russische Territorien, zusammen mit
| der Bevölkerung, ein riesiges Potenzial, und investierte immense
| Ressourcen in dieses Land.
|
| Die westlichen Länder der Ukraine? Wir wissen, wie die Ukraine sie
| erhalten hat. Stalin verschenkte sie nach dem Zweiten Weltkrieg. Er nahm
| einen Teil des polnischen Landes, Lemberg usw., darunter mehrere große
| Gebiete mit einer Bevölkerung von zehn Millionen.
Man muss sich Putins Sicht der Ukraine vielleicht so vorstellen:
Da gibt es in der geografischen Mitte der jetzigen Ukraine ein Volk,
das den Russen verwandt ist, mit ihm einen gemeinsamen Ursprung hat,
sich aber doch von ihm unterscheidet, was die Sprache und den Verlauf
der Geschichte angeht. Obendrein ist dieses Volk politisch irgendwie
unsicher, weil vom Westen beeinflusst, von den Österreichern, von Polen,
von der katholischen Kirche, von wem auch immer. Und von diesen Mächten
über die Jahrhunderte hinweg in eine Position gegen Russland gebracht
wurde, jedenfalls Teile davon. Einige davon wurden im Laufe der Zeit zu
regelrechten Anti-Russen.
Um dort eine sichere Grenze und einen sicheren Landstrich zu bekommen,
haben Lenin und Stalin die jetzige Ukraine geschaffen. Lenin hat zu
dieser unsichere Gegend Gebiete mit sicherer russischer Art hinzugefügt,
um eine Sowjetrepublik zu schaffen, die den herkömmlichen Ukrainern
einerseits viel politisch-kulturellen Raum einräumt, sie andererseits
aber auch in eine russische Dominanz einhegt, so dass sie keine Gefahr
für die Sowjetunion bildet. Nach dem Krieg hat Stalin dann die
potentiell nazistische Westukraine - das ehemalig erst österreichische,
dann polnische Gebiet, katholisch beeinflusst - zur ukrainischen
Sowjetrepublik hinzu geschlagen, um sie fest unter Kontrolle zu halten.
Dass eine indirekte Kontrolle Lembergs über ein
volksdemokratisches/sozialistisches Polen im Warschauer Pakt möglich
gewesen wäre, war 1945 noch nicht abzusehen. Damit aber waren die
innerukrainischen Kräfteverhältnisse wieder verändert, die potentiell
antirussischen Kräfte in der ukrainischen Gesellschaft wider Willen
gestärkt.
Diese Ukraine nach 1945 musste im Interesse der Sowjetunion und dann
folgend der Russischen Föderation im Inneren stabil bleiben. Ein Art
Gleichgewicht der verschiedenen ethnischen, kulturellen, religiösen usw
war erforderlich. Nur diese Form staatlicher Einheit der Ukraine
sicherte die Sowjetunion und später Russland nach Westen und wurde von
Russlands unterstützt. Insofern war Russland - so sieht es Putin - ein
Garant eines souveränen ukrainischen Gesamtstaates.
Der Maidan jedoch - ein Bündnis aus mancherlei Leuten, darunter
westukrainischen Nationalisten, und gestützt aus dem Westen, vor allem
den USA, hat das immer prekäre multiethnische Gleichgewicht gekippt,
damit die bisherige Ukraine zerstört. Das hatte zwei Folgen, die
Russland seiner Auffassung nach zum Eingreifen zwangen:
( 1) Die Nato konnte direkt an die russische Grenze heranrücken, egal,
ob sofort oder erst in 15 Jahren,
( 2) die ethnischen Russen seien in ihrer Existenz als Volk, als eigener
Volksteil, der zu den Russen in der Russländischen Föderation gehört,
bedroht.
Russlands Interessen erfordern eine multiethnische und damit auch
neutrale Ukraine. Diese Ukraine wäre eine große Zone des Überganges
zwischen der Nato und Russland. Weil diese Ukraine vom Maidan zerstört
wurde, und weil die ukrainische Regierung, unterstützt von den
Regierungen aus dem Westen, MinskII, den letzten Versuch der Rettung des
ukrainischen Gesamtstaates, nicht erfüllen wollte, steht aus russischer
Sicht die Staatlichkeit der Ukraine bei Null. Alles ist möglich:
( 1) Die Auflösung der Ukraine und damit die Rückwicklung der
territorialen Zugehörigkeiten. Die russisch besiedelten Gebiete der
Ukraine kommen (wieder) zurück nach Russland, die ehedem polnischen
Gebiete womöglich an Polen, die ehedem slowakischen und ungarischen
Gebiete werden zurück gegeben.
( 2) Der Umbau der Ukraine zu einem föderalistischen Staat, neutral, mit
starkem russischen Einfluss. Und, dazwischen liegend:
( 3) Eine um die russischen Teile gekürzte Ukraine, mit dem großen Rest
kann dann der Westen machen, was er will, Russland kann mit den
griechisch-katholischen Galiziern eh nichts anfangen.
| Um die Polen nicht zu
| beleidigen, kompensierte er ihre Verluste, indem er ihnen die
| ostdeutschen Gebiete, den Danziger Korridor und Danzig selbst
| überließ. Er nahm einiges aus Rumänien und einiges aus Ungarn und gab
| es der Ukraine.
|
| Die Menschen, die dort leben – viele von ihnen zumindest, das weiß ich
| ganz genau, zu 100 Prozent – wollen in ihre historische Heimat
| zurückkehren. Die Länder, die diese Gebiete verloren haben, vor allem
| Polen, träumen davon, sie zurückzubekommen.
|
| In diesem Sinne könnte nur Russland der Garant für die territoriale
| Integrität der Ukraine sein. Wenn sie es nicht wollen, dann soll es so
| sein. Die Geschichte wird alles an seinen Platz bringen. Wir werden uns
| nicht einmischen, aber wir werden nicht aufgeben, was uns gehört. Jeder
| sollte sich dessen bewusst sein – diejenigen in der Ukraine, die
| gegenüber Russland aggressiv eingestellt sind, und in Europa und in den
| Vereinigten Staaten. Wenn sie verhandeln wollen, lassen Sie sie das
| tun. Aber wir werden es nur auf der Grundlage unserer Interessen tun.
`----
Bemerkungen dazu: Diese Sicht enthält massive Unklarheiten.
( 1) Sie unterstellt, dass jeder, der Russisch spricht, auch Teil eines
über Russland hinausgehenden russischen Volkes ist. Man hätte dann in
den an Russland angeschlossenen Gebieten, die vor dem Februar 22
unstreitig zur Ukraine gehörten, doch ein paar Begrüßungskomitees für
die russischen Truppen sehen müssen. Die „prorussischen" Kräfte der
Ukraine aus der Zeit vor dem Krieg haben sich jedoch überwiegend der
Regierung in Kiew angeschlossen. Putins Erwartung, Teile der
ukrainischen Armee würden sich der russischen Armee anschließend, hat
sich nirgends erfüllt. Wer Deutsch spricht, ist noch lange kein
Deutscher. Die österreichische Nation hat sich erst nach 1945 wirklich
herausgebildet. Wer russisch spricht, muss sich keineswegs als Teil
dieses russischen Volkes ansehen. Es kann sein, dass der Krieg die
politisch-gesellschaftlich-kulturelle Position Russlands in der
Gesamt-Ukraine gestärkt hat, es kann aber auch sein, dass das Gegenteil
eingetreten ist. Der Krieg findet schließlich in den Gegenden
russischsprachiger Ukrainer statt, sie bekommen die Raketen auf ihre
Häuser, kaum jedoch die westukrainischen Bandera-Anhänger.
( 2) Der staatsrechtliche Anschluss der Gebiete von Donezk, Luhansk,
Saporischschja und Cherson an die Russische Föderation macht die
Rückkehr zur „alten" multiethnischen Ukraine der Jahre bis 2013
unmöglich. Was immer als Ukraine am Ende des Kriegs dann übrigbleibt, es
wird von westukrainischen Nationalisten dominiert werden. Ein russisches
Gegengewicht in der Ukraine wird fehlen. Diesen Weg zum Frieden hat
Russland selbst verschlossen.
( 3) Daraus folgt, dass nach-wie-vor weder die militärischen noch die
politischen Ziele des russischen Kriegs in der Ukraine klar sind. Geht
es „nur" darum, die „russischen" Teile der Ukraine im Osten und Süden,
von Donezk bis Odessa, unter die eigene Gewalt zu bekommen und damit
gleichzeitig die Krim und Sebastopol zu sichern? Oder soll der
ukrainische Staat, der in dieser Form russischen Interessen
widerspricht, zum Einsturz gebracht werden? Was können die Ziele
Russlands bei Verhandlungen sein? Man kann vermuten, dass Russland eine
verkleinerte Ukraine will, die Russland das Schwarze Meer überlässt, und
nicht Teil der Nato wird, weder als Mitglied noch als Partner der
Nato. Man kann Vermutungen anstellen, aber eben nur Vermutungen.
( 4) Diese Unklarheiten erlauben es Russlands Feinden, Russland alle nur
denkbaren Ziele zu unterstellen. Russland will die Ordnung der Welt
verändern, es will erst die Ukraine zerstören und danach einzelne
Nato-Staaten angreifen, bei den baltischen Staaten mit großen russischen
Minderheiten beginnend. Diese Unklarheiten verhindern/behindern
Öffentlichkeit in der Welt, in den Nato-Staaten und bei uns in
Deutschland. - Wer immer verlangt, der Krieg müsse mit Verhandlungen
beendet werden, die erst einen Waffenstillstand ermöglichen und dann zu
einem Friedensvertrag führen, wird nach den Inhalten dieser
vertraglichen Regelungen gefragt und kann dann nicht
antworten. Friedensforschung und Friedensbewegung müssten, gestützt auf
ein Verständnis der Motive und der Ziele der Akteure, über Weg und
Konstruktion von Frieden nachdenken können - das geht mit diesen Ansagen
aus Russland aber nicht. (Dass man im Westen auch keine Kriegsziele
findet, über die großer Konsens herrscht, die man gut finden oder auch
nicht, die man bewerten und einordnen könnte, ändert daran nichts.)
„Militärexperte: Deutscher Kampfeinsatz an NATO-Grenze möglich"
https://www.n-tv.de/politik/Militaerexperte-Deutscher-Kampfeinsatz-an-NATO-Grenze-moeglich-article24629869.html
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| Der Militärhistoriker Neitzel befürchtet das Schlimmste. Es könnte sein,
| dass Deutsche schon bald gegen russische Truppen kämpfen
| müssten. Kremlchef Putin wolle "das Imperium wiederherstellen". Die
| Einsatzfähigkeit der Bundeswehr müsse schnell verbessert werden.
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Ein Problem vieler unserer Experten ist jedoch, dass sie die Grenzen
ihrer fachlichen Expertise überschreiten.
„Thiele zu Russlands Angriffswelle - "Präzisionswaffen werden
vernichtendes Ergebnis zeigen""
https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Praezisionswaffen-werden-vernichtendes-Ergebnis-zeigen-article24630014.html
Er beschränkt sich auf die militärischen Aspekte.
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https://friedenslage.blogspot.com/