Samstag, 8. März 2025

Friedenslage am 08.03.2025 (18:26:33)

„Präsident Macron: Ansprache an die Franzosen"
https://www.elysee.fr/emmanuel-macron/2025/03/05/adresse-aux-francais-6

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| Es geht darum, ohne weitere Verzögerung Entscheidungen für die Ukraine, für die
| Sicherheit der Franzosen und für die Sicherheit der Europäer zu treffen.
|
| Zuerst für die Ukraine. Alle Initiativen, die zum Frieden beitragen, gehen in
| die richtige Richtung und ich möchte ihnen heute Abend meinen Respekt
| zollen. Wir müssen den Ukrainern weiterhin beim Widerstand helfen, bis sie mit
| Russland einen dauerhaften Frieden für sich selbst und für uns alle aushandeln
| können. Aus diesem Grund kann der Weg zum Frieden nicht über eine Preisgabe der
| Ukraine führen – im Gegenteil. Frieden kann nicht um jeden Preis und unter
| russischem Diktat erreicht werden. Frieden kann nicht die Kapitulation der
| Ukraine bedeuten. Sie kann nicht sein Zusammenbruch sein. Auch ein
| Waffenstillstand kann nicht erreicht werden, da dieser zu fragil wäre. Und
| warum? Denn auch hier haben wir Erfahrungen aus der Vergangenheit. Wir dürfen
| nicht vergessen, dass Russland 2014 mit der Invasion der Ukraine begann, dass
| wir damals in Minsk einen Waffenstillstand aushandelten und dass Russland selbst
| diesen Waffenstillstand nicht respektierte und dass wir aufgrund fehlender
| solider Garantien nicht in der Lage waren, ihn aufrechtzuerhalten. Heute kann
| man Russland nicht mehr beim Wort nehmen.
|
| Die Ukraine hat ein Recht auf Frieden und Sicherheit, und das liegt in unserem
| Interesse, im Interesse der Sicherheit des europäischen Kontinents. Daran
| arbeiten wir mit unseren britischen, deutschen und mehreren anderen europäischen
| Freunden. Aus diesem Grund habe ich in den letzten Wochen einige von ihnen in
| Paris versammelt und bin vor einigen Tagen mit ihnen nach London gereist, um die
| notwendigen Verpflichtungen gegenüber der Ukraine zu festigen. Sobald der
| Frieden unterzeichnet ist, müssen wir uns darauf vorbereiten, dass die Ukraine
| nicht erneut von Russland überfallen wird. Dabei wird es sich sicher auch um
| eine längerfristige Unterstützung der ukrainischen Armee handeln.
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Macron kennt keinen Weg zum Frieden, keine Vorschläge zum Weg, keine Vorschläge
zum Inhalt einer zukünftigen Lösung, der alle Beteiligten zustimmen
könnten. Aber wenn der Frieden gefunden, soll Frankreich in der Ukraine
militärisch präsent sein.

Kein Weg. Nirgends.

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| Unsere nukleare Abschreckung schützt uns. Es ist von Anfang bis Ende vollkommen,
| souverän, französisch. Seit 1964 hat sie sich immer ausdrücklich für die Wahrung
| von Frieden und Sicherheit in Europa eingesetzt. Doch als Antwort auf den
| historischen Appell der künftigen deutschen Bundeskanzlerin habe ich
| beschlossen, eine strategische Debatte über den Schutz unserer Verbündeten auf
| dem europäischen Kontinent durch unsere Abschreckung zu eröffnen. Was auch immer
| geschieht, die Entscheidung lag und liegt immer in den Händen des Präsidenten
| der Republik, dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte.
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Es ist hier nicht zu erkennen, dass Frankreich die anderen europäischen Staaten
an seiner Atommacht irgendwie teilhaben lassen will. Eine alte Diskussionslage:
Frankreich würde gerne andere europäische Staaten an seiner Atommacht
beteiligen, indem man miteinander übt, vielleicht auch kleinere Aufgabe
übernimmt, aber die wesentliche Entscheidung bleibt bei Frankreich. Das ist für
andere europäische Staaten natürlich nur eingeschränkt attraktiv. Polen bietet
sich an, französische Atombomben mit eigenen Flugzeugen abwerfen zu dürfen,
sowas wie die europäische nukleare Beteiligung einiger Europäer bei den
US-Atomwaffen. Haben die Franzosen überhaupt luftgestützte Atomwaffen?



„Erklärung des russischen Außenministeriums im Zusammenhang mit den Äußerungen
des französischen Präsidenten E. Macron"
https://www.mid.ru/ru/foreign_policy/news/2001760/

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| Der französische Präsident appelliert an die außenpolitischen Traditionen seines
| Landes, doch seine Thesen stehen im Widerspruch zu diesen Traditionen und zum
| ideologischen Erbe des Gaullismus. ... Es war einst Charles de Gaulle, der das
| Konzept einer unteilbaren Sicherheit vom Atlantik bis zum Ural vorschlug, das
| auf der Entwicklung eines Konsenses beruht und die Meinungen und Interessen
| aller Staaten des Kontinents berücksichtigt. Heute erleben wir einen Bruch
| zwischen dem offiziellen Paris und diesen Grundprinzipien der französischen
| Außenpolitik. …
|
| Die Rede E. Macrons enthielt eindeutig Anklänge an eine nukleare Erpressung. Die
| Ambitionen von Paris, der nukleare „Schutzpatron" ganz Europas zu werden und dem
| Land einen eigenen „nuklearen Schutzschirm" zu verschaffen, quasi als Ersatz für
| den amerikanischen, sind offenkundig geworden. Es erübrigt sich zu sagen, dass
| dadurch weder die Sicherheit Frankreichs noch die seiner Verbündeten gestärkt
| wird. Darüber hinaus ist das Potenzial der französischen Nuklearstreitkräfte
| nicht mit dem der USA vergleichbar. … Aber natürlich wird Russland die
| Erklärung des französischen Präsidenten in seiner Verteidigungsplanung
| berücksichtigen.
|
| Die Rede hinterlässt bei E. Macron selbst, der versucht, als neuer Führer der
| „freien Welt" aufzutreten, ein Gefühl der Unbehaglichkeit. Es ist ein Zeichen
| dafür, wie kleinlich und verbittert die gegenwärtigen europäischen Eliten
| geworden sind. Die ersten Anzeichen einer Normalisierung zwischen Russland und
| den USA und die ersten Anzeichen einer friedlichen Lösung der Ukraine-Krise
| versetzen sie in regelrechte Panik. Doch es scheint, dass ausgerechnet die
| Europäer, die sich während des Kalten Krieges im Epizentrum der Konfrontation
| zwischen den Supermächten befanden, wie kein anderer an einer Veränderung der
| russisch-amerikanischen Beziehungen, einer Entspannung und einem konstruktiven
| Dialog zwischen Moskau und Washington interessiert sein sollten.
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https://friedenslage.blogspot.com/

Donnerstag, 6. März 2025

Friedenslage am 06.03.2025 (13:06:40)

Die Texte in der Zeitschrift „Internationale Politik" der DGAP
https://internationalepolitik.de/de folgen weniger dem wissenschaftlichen
Brauch, mit vielen Zitaten und Fußnoten womöglich unlesbar für ein breites
Publikum zu werden. Es sind pointierte Meinungsartikel. Man inszeniert sein
breites und tiefgründiges Wissen und seinen großen Überblick von oben herab dem
eh schon geneigten Publikum. Man muss nichts erklären, es ist eh alles
selbstevident.

„Kein Geld, kein Personal, keine Sicherheit - Ohne kriegsfähige Bundeswehr
verabschiedet sich Deutschland aus dem Kreis relevanter Staaten des Westens –
doch die Herausforderungen sind gewaltig. - Carlo Masala"
https://internationalepolitik.de/de/kein-geld-kein-personal-keine-sicherheit

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| Für eine kriegsfähige Bundeswehr
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| Vielleicht mag es den Leserinnen und Lesern merkwürdig vorkommen, dass dieser
| Beitrag sich ausschließlich auf die Frage von Geld und Personal konzentriert und
| andere Themen wie die Zukunft der NATO, europäische Sicherheit oder die
| Abschreckung Russlands nicht thematisiert. Diese Entscheidung entsprang der
| Einsicht, dass Deutschland das Fundament seiner Sicherheits- und
| Verteidigungspolitik erneuern muss. Und das ist nun mal eine kriegsfähige
| Bundeswehr.
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Es geht nicht mehr um Abschreckung, die dann Verständigung ermöglichen
könnte. Kriegsfähigkeit meint die Fähigkeit zum Sieg im Krieg,
Siegfriedensfähigkeit. Der Feind muss geschlagen, vernichtet werden können. Es
ist der Blick des übereifrigen und deshalb fanatischen jungen Fähnrichs, der
General werden möchte. Politik ist weg. - Masala ist von Beruf Ausbilder von
Fähnrichen an einer Einrichtung, die komischerweise Universität heißt.

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| Prof. Dr. Carlo Masala lehrt Internationale Politik an der Universität der
| Bundeswehr München
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„Die Realität ist schmerzhaft, aber zumutbar - Was vermutlich nicht im
Koalitionsvertrag stehen wird, obwohl es dringend drinstehen müsste. Jan
Techau"
https://internationalepolitik.de/de/die-realitaet-ist-schmerzhaft-aber-zumutbar

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| Die eigentliche Aufgabe der nächsten Bundesregierung wird es sein, den
| Mentalitätswandel, eine echte Zeitenwende, in den Köpfen der Bevölkerung zu
| verankern.
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Nach einer kuriosen Kritik der deutschen Außenpolitik der letzten 10 Jahre:

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| Die eigentliche Arbeit ist ein kollektives Umdenken der politischen Klasse in
| Sachen Außenpolitik …
|
| Wer auch immer in der künftigen Regierung Verantwortung für Außen- und
| Sicherheitspolitik tragen wird, muss das tun, was Olaf Scholz nach seiner
| Ausrufung der Zeitenwende nach Kräften vermieden hat, um seine ohnehin schon
| maximal erregte Partei nicht weiter aufzubringen: von vorne zu führen und die
| notwendigen Entscheidungen aus der existenziellen Bedrohung Deutschlands, der
| Brutalität des globalen Machtspiels und dem Übelwollen fremder Mächte heraus zu
| erklären – und das nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder.
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Es wird auf nichts mehr Rücksicht genommen. Kanonen statt Butter. Denn so ist
die Welt und nicht anders.

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| Jan Techau ist Director, Europe bei der Eurasia Group in Berlin und Senior
| Fellow beim Center for European Policy Analysis in Washington, D.C.
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https://www.eurasiagroup.net/
https://www.eurasiagroup.net/issues/top-risks-2025
https://cepa.org/




„Gegen den Strich: Das Ende des Westens - Europas Rechtsruck, Russlands Krieg
gegen die Ukraine, der Aufstieg Chinas und anderer Autokratien, dazu Donald
Trumps isolationalistische Pläne: An Gründen, am Westen zu zweifeln, herrscht
kein Mangel. Und so macht sich verdächtig, wer bezweifelt, dass es mit der
westlichen Vorherrschaft ein für alle Mal vorbei sei. Aber wie stichhaltig sind
denn die Thesen der Untergangspropheten eigentlich? Alan Posener"
https://internationalepolitik.de/de/gegen-den-strich-das-ende-des-westens

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| Kurz und gut: …
| Bei seinem Amtsantritt 1933 sagte Franklin D. Roosevelt dem amerikanischen Volk:
| „The only thing we have to fear is fear itself." Wir haben nichts zu befürchten
| außer der Furcht selbst. Das gilt auch für die neue Weltunordnung, in der nach
| wie vor der Westen, trotz Populismus und Rechtsextremismus, trotz Russland und
| China, die wichtigsten Trumpfkarten in der Hand hat: Wirtschaft und
| Wissenschaft, Militär- und Handelsmacht, Marktwirtschaft und Demokratie; vor
| allem aber: die Wandlungsfähigkeit, die ihn befähigt, die bestimmende Macht in
| einer sich immer schneller wandelnden Welt zu sein.
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Man redet sich Mut zu.

https://de.wikipedia.org/wiki/Alan_Posener




„Putin will ein zweites Jalta - Wie Russland den 80. Jahrestag der
Krim-Konferenz nutzt, um seine Machtansprüche zu begründen. Die russische
Regierung und die staatliche Propaganda werben für die Notwendigkeit, die Welt
zwischen Russland, China und den USA neu aufzuteilen. - Lesia Bidochko"
https://internationalepolitik.de/de/putin-will-ein-zweites-jalta

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| In diesem Jahr jährt sich zum 80. Mal die Konferenz von Jalta, bei der Franklin
| D. Roosevelt, Winston Churchill und Josef Stalin die Nachkriegsordnung
| aushandelten. Aus diesem Anlass schrieb der ukrainische Außenminister Andrij
| Sybiha auf der Plattform X: „Vor 80 Jahren wurden in Jalta die Nachkriegsordnung
| und die Einflusssphären festgelegt. Heute will Putin ein neues ‚Jalta', neue
| Grenzen und Einflusssphären. Im Interesse einer sicheren Welt müssen die
| illegitimen Forderungen des Aggressors zurückgewiesen werden. Stattdessen muss
| er zu einem gerechten Frieden gezwungen werden."
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Mehr erfährt der geneigte Leser nicht über den Inhalt der Beschlüsse von Jalta
und Potsdam. Was ein Außenminister der Ukraine sagt, ist schließlich immer
richtig.

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| Dr. Lesia Bidochko ist Assistenzprofessorin für Politikwissenschaft an der
| Kyjiw-Mohyla-Akademie in der Ukraine und derzeit auch Non-Resident Fellow an der
| Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder.
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Politikwissenschaft auf höchstem Stand. Zweifellos. Wir freuen uns schon auf den
hoch qualifizierten Nachwuchs.


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https://friedenslage.blogspot.com/