„Neuer Masterplan zur Abschreckung Russlands"
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/russland-nato-ukraine-103.html
,----
| Die Abschreckungsszenarien drehen sich auch um den Einsatz von
| Atomwaffen.
| "Das ist der Weg der Abschreckung", sagte Bundesverteidigungsministerin
| Annegret Kramp-Karrenbauer im Deutschlandfunk. "Wir müssen Russland
| gegenüber sehr deutlich machen, dass wir am Ende - und das ist ja auch
| die Abschreckungsdoktrin - bereit sind, auch solche Mittel einzusetzen,
| damit es vorher abschreckend wirkt und niemand auf die Idee kommt, etwa
| die Räume über dem Baltikum oder im Schwarzmeer NATO-Partner
| anzugreifen." Das sei der Kerngedanke und werde angepasst an das
| aktuelle Verhalten Russlands. "Wir sehen insbesondere Verletzungen des
| Luftraums über den baltischen Staaten, aber auch zunehmende
| Übergriffigkeiten rund um das Schwarze Meer."
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In den grundlegenden Gedanken ist das nicht neu, was die Ministerin für
die Nato sagt. Zur Nato-Strategie der „flexible response"
https://en.wikipedia.org/wiki/Flexible_response aus den 1960er Jahren
gehörte die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen zu einem
möglicherweise sehr frühen Zeitpunkt. „Übergriffigkeiten" - und schon
kann es los gehen.
Dass diese Strategie möglicherweise deshalb nicht sehr glaubwürdig ist,
weil die Auswirkungen einer Atomexplosion an der Grenze der Nato die
Nato selbst beeinträchtigen würde, ist ein häufig genannter
Kritikpunkt. Diese Strategie ist im Kern die Ankündigung des gemeinsamen
Selbstmords der Krieg führenden Mächte, spätestens dann, wenn die andere
Seite ebenfalls zu diesen Waffen greift. -- Militärischer Unsinn also,
mindestens das könnte man in der Bundeswehr verstehen.
Zu den Zeiten des Kalten Kriegs sagte die Sowjetunion, sie würde unter
keinen Umständen zum Ersteinsatz von Atomwaffen greifen. Die russische
Atomdoktrin sieht heute (etwas) anders aus:
„THE MILITARY DOCTRINE OF THE RUSSIAN FEDERATION" (2014)
,----
| 27. The Russian Federation shall reserve the right to use nuclear
| weapons in response to the use of nuclear and other types of weapons of
| mass destruction against it and/or its allies, as well as in the event
| of aggression against the Russian Federation with the use of
| conventional weapons when the very existence of the state is in
| jeopardy.
|
| The decision to use nuclear weapons shall be taken by the President of
| the Russian Federation.
`----
https://rusemb.org.uk/press/2029
Nimmt man diese Doktrin wörtlich, dann ist ein Einsatz von Atomwaffen in
der Schlacht, auf dem Gefechtsfeld, um auf einem Kriegsschauplatz einen
Vorteil zu gewinnen, nicht vorgesehen.
Diese Doktrin wurde 2020 verschärft:
https://dfnc.ru/en/russia-news/fundamentals-of-russia-s-nuclear-deterrence-state-policy/
,----Edge Translate
| III. Bedingungen für den Übergang der Russischen Föderation zum Einsatz
| von Kernwaffen
|
| Massenvernichtung gegen sie und/oder ihre Verbündeten sowie im Falle
| einer Aggression gegen die Russische Föderation mit dem Einsatz
| konventioneller Waffen, wenn die Existenz des Staates in Gefahr ist.
|
| 18. Die Entscheidung über den Einsatz von Kernwaffen wird vom
| Präsidenten der Russischen Föderation getroffen.
|
| 19. Die Bedingungen für die Möglichkeit des Einsatzes von Kernwaffen
| durch die Russische Föderation lauten wie folgt:
|
| a) Eintreffen zuverlässiger Daten über den Abschuss ballistischer
| Raketen auf das Territorium der Russischen Föderation und/oder ihrer
| Verbündeten;
|
| b) Einsatz von Kernwaffen oder anderen Arten von
| Massenvernichtungswaffen durch einen Gegner gegen die Russische
| Föderation und/oder ihre Verbündeten;
|
| c) Angriffe von Gegnern auf kritische Regierungs- oder Militärstandorte
| der Russischen Föderation, deren Störung die Reaktionsmaßnahmen der
| Atomstreitkräfte untergraben würde;
|
| d) Aggression gegen die Russische Föderation mit dem Einsatz
| konventioneller Waffen, wenn die Existenz des Staates in Gefahr ist.
|
| 20. Der Präsident der Russischen Föderation kann erforderlichenfalls die
| militärpolitische Führung anderer Staaten und/oder internationaler
| Organisationen über die Bereitschaft der Russischen Föderation zum
| Einsatz von Kernwaffen oder über die Entscheidung über den Einsatz von
| Kernwaffen sowie über den Einsatz von Kernwaffen informieren.
`----
Gegenüber 2014 ist vor allem hinzu gekommen: „Ballistische Raketen gegen
das Territorium Russlands oder seiner Verbündeten". Es ist nicht
erforderlich, dass diese Raketen Atomwaffen tragen, der Einsatz
russischer Atomwaffen ist auch möglich, wenn die russische Raketenabwehr
irgendeinen Raketenangriff identifiziert. Das wäre eine sehr frühe Stufe
der Eskalation, allerdings immer noch nicht der Einsatz von Atomwaffen
auf dem Gefechtsfeld zum Zweck der Schlacht.
Für die Behauptung westlicher Autoren, Russland bereite den Einsatz von
Atomwaffen für das Gefechtsfeld vor, bleiben ohne Belege. Eine
Überprüfung der Quellen in den Fußnoten bleibt ohne Ergebnis.
https://friedenslage.blogspot.com/2021/02/bemerkungen-zu-russias-strategic_24.html
Beschließt die Nato eine Kriegsstrategie (incl. Einsatz von
Atomwaffen) gegen Russland, kündigt sie faktisch die militärpolitischen
Grundsätze der Nato-Russland-Akte von 1997
https://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_25468.htm?selectedLocale=de
,----
| Die Nordatlantikvertrags-Organisation und ihre Mitgliedstaaten
| einerseits und die Russische Föderation andererseits, im folgenden als
| NATO und Russland bezeichnet, gestützt auf eine auf höchster politischer
| Ebene eingegangene dauerhafte politische Verpflichtung, werden gemeinsam
| im euro-atlantischen Raum einen dauerhaften und umfassenden Frieden auf
| der Grundlage der Prinzipien der Demokratie und der kooperativen
| Sicherheit schaffen.
|
| Die NATO und Russland betrachten einander nicht als Gegner. Sie
| verfolgen gemeinsam das Ziel, die Spuren der früheren Konfrontation und
| Konkurrenz zu beseitigen und das gegenseitige Vertrauen und die
| Zusammenarbeit zu stärken. Diese Akte bekräftigt die Entschlossenheit
| der NATO und Russlands, ihrer gemeinsamen Verpflichtung zum Bau eines
| stabilen, friedlichen und ungeteilten, geeinten und freien Europas zum
| Nutzen aller seiner Völker kon kreten Ausdruck zu verleihen. Die
| Übernahme dieser Verpflichtung auf höchster politischer Ebene stellt den
| Beginn grundlegend neuer Beziehungen zwischen der NATO und Russland
| dar. Beide Seiten beabsichtigen, auf der Grundlage gemeinsamen
| Interesses, der Gegenseitigkeit und der Transparenz eine starke, stabile
| und dauerhafte Partnerschaft zu entwickeln.
`----
Da wird es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die
militärisch-praktischen Inhalte dieser Grundakte gekündigt werden und
in unbegrenzter Höhe Nato-Truppen im Baltikum und in Polen stationiert
werden. An der Vorlage für solch ein Vorgehen wird schließlich schon
gearbeitet. https://jamestown.org/wp-content/uploads/2019/10/How-to-Defend-the-Baltic-States-full-web4.pdf,
dazu
https://friedenslage.blogspot.com/2021/03/friedenslage-am-23032021-192714.html
In dieser Situation wäre Deeskalationsmaßnahmen angesagt. Aber wer so
etwas erwartet, unterschätzt vermutlich den Frust in der Nato darüber,
dass Russland 2014 (mit Militär) verhindert hat, dass die Nato die
Ukraine ganz gewonnen hat, und darüber, dass Russland (mit Militär) den
Siege der Nato-Staaten im verdeckten Krieg gegen das Syrien Assads
verhindert hat. Solche Niederlagen sollen sich nicht wiederholen. Erst,
wenn aufgerüstet ist, so um 2030, wird man sich möglicherweise zu
Gesprächen mit Russland bereit finden.
Aber, wer weiß, welche Gründe es dann geben wird ...
„Der Umgang des Westens mit Russland
-Nüchterne Realpolitik ist jetzt angebracht"
https://www.cicero.de/westen-russland-nato-eu-putin
RÜDIGER LÜDEKING
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| Welche realpolitischen Schlussfolgerungen ergeben sich für die Wahrung
| unserer sicherheitspolitischen Interessen? Erstens, die Nato muss
| selbstkritisch ihre aktuelle, weitgehend einseitig auf Konfrontation
| gegenüber Russland setzende Position überprüfen. Dabei ist die
| Rückbesinnung auf die mit der Überwindung des Kalten Kriegs gemachten
| Erfahrungen notwendig.
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Über Texte dieses Autors:
https://friedenslage.blogspot.com/2021/02/friedenslage-am-23022021-123605_23.html
Lesenswert.
Weitere lesenswerte Artikel:
https://de.rt.com/asien/126124-chinesische-und-russische-kriegsschiffe/
Russland und China beginnen, mit ihren Marinen im Pazifik zu
kooperieren.
https://www.infosperber.ch/politik/welt/russland-zwischen-china-und-den-usa-die-analyse/
Eine Analyse des komplexen Dreiecks USA-Russland-China
Warum die europäische Rechte Putin ganz gut findet.
https://snanews.de/20211021/putin-westen-4047931.html
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https://friedenslage.blogspot.com/