Einordnungen
Politikwissenschaftler über Ukraine-Krieg: „Putin ist ein imperialer
Opportunist"
https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/herfried-muenkler-zum-ukraine-krieg-putin-ist-ein-imperialer-opportunist-91376317.html
,----
| Ein Atomkrieg? Das meinen Sie jetzt nicht ernst...
|
| Wenn man dieses Risiko von Beginn an nicht eingehen wollte – vielleicht
| zu Recht, um keine Eskalation zu provozieren – dann hätte man den
| Ukrainern aber deutlich machen müssen: Leute, die Finnlandisierung, also
| eine bündnispolitische Neutralität, ist das Beste, was ihr haben
| könnt. Im anderen Fall werdet ihr geschluckt, denn einen Krieg gegen
| Russland könnt ihr nicht gewinnen. Es war unfair vom Westen zu sagen,
| dass das Selbstbestimmungsrecht bei bündnispolitischen Fragen auch für
| die Ukraine gilt – um dann weder bereit noch in der Lage zu sein, die
| verkündeten Werte zu garantieren und durchzusetzen.
`----
Was (mir) unbegreiflich ist - es sei denn ich unterstelle mehr
Bösartigkeit und Dummheit, als mir in doch weitgehend zivilisierten
Demokratien bislang denkbar schienen:
Mit zwei für den Westen geradezu kostenlosen Zugeständnissen hätte der
Krieg abgewendet werden können:
( 1) Die Nato sagt zu, dass die Ukraine nicht Nato-Mitglied wird. Mal
angenommen, die Nato sei genau das defensive Bündnis, das es zu sein
behauptet: Welchen Schaden hätte es genommen, wenn es für alle absehbare
Zukunft darauf verzichtet, Truppen und Waffen zwischen dem Schwarzen
Meer und der russischen Grenze zu stationieren? Irgendein Nachteil
gegenüber der jetzigen Situation ist nicht erkennbar. Stattdessen
schwatzte Scholz was von der Dauer von Amtszeiten, in denen dieses oder
jenes nicht passieren könne.
https://www.derwesten.de/politik/olaf-scholz-wladimir-putin-ukraine-russland-kanzler-bundeskanzler-id234585825.html
Was als Witz gemeint gewesen sein soll.
( 2) Zumal die Ukraine ein Staat ist, der zwar ein Abkommen zur
Beendigung eines Kriegs führt, dieses aber partout nicht realisieren
will. Scholz kam mit dem Entwurf eines in Minsk2 vorgesehenen
Verfassungsprojekts aus Kiew, das 2015 schon gescheitert war.
Putin dürfte sich von dieser „Diplomatie" veralbert gefühlt haben.
Irritierend: Hat man das im Westen nicht vorher sehen können? Hätte man
eine alte Frau mit Glaskugel gebraucht, um einen klareren Blick zu
bekommen? Fehlt dort die einfachste Urteilsfähikeit?
Die alten Römer waren unseren Heerscharen an Politikwissenschaftlern und
anderen Geistersehern darin überlegen, dass sie über eine
nachvollziehbare Methode des Blicks in die nächste Zukunft verfügten:
https://www.planet-schule.de/wissenspool/das-roemer-experiment/inhalt/das-roemer-experiment/woran-glauben-die-roemer/hintergrund
,----
| Ein wichtiger Bestandteil römischer Kulthandlungen war das Lesen von
| Götterzeichen. Daher die erste Aufgabe im Experiment: Die göttlichen
| Vorhersagen in Form der Auspizien zu rekonstruieren. Kein Römer
| unternahm nicht nur das Geringste, sei es der Antritt einer Reise, der
| Abschluss eines Geschäfts oder der Befehl zu einem Feldzug, bevor er
| nicht eine Vorhersage eingeholt hatte. Diese Auspizien wurden von
| Spezialisten, den sogenannten Auguren, durchgeführt. Meist beobachteten
| sie den Vogelflug oder lasen in den Eingeweiden geopferter Tiere. Die zu
| deutenden Erscheinungen galten dann als Zeichen der Götter, ihre
| Zustimmung oder Ablehnung des menschlichen Vorhabens betreffend. Dazu
| wird im Experiment ein Feld abgesteckt mit einem hohen Baum genau in der
| Mitte. Fliegen die in einem Käfig mitgebrachten Tauben rechts vom Baum
| bedeutet das „ja", links davon „Nein". So einfach können Auspizien sein,
| zumindest im Prinzip.
`----
Oder anders: Wenn die Politiker des Westens wussten, welches Risiko sie
mit ihren Versuchen eingingen, Putin weiter hin zu halten, haben sie
doch sicher Selenski gesagt, was alles passieren kann. Kamela Harris
hatte auf der Münchener Sicherheitskonferenz betont, dass die Nato jeden
Zentimeters ihres Territoriums verteidigen wird, also Russland
mitgeteilt, dass es sich nicht an der militärischen Verteidigung der
Ukraine beteiligen wird. Selenski hätte in dem Moment wissen müssen,
dass die Ukraine, jedenfalls seine, in einem Krieg mit Russland allein
stehen wird. Mehr als Mitleid und einige Waffen wird es nicht
geben. Hätte er angesichts eines Krieges - Krieg um die Erfüllung eines
Waffenstillstandsabkommens! - nicht selbst die Initiative ergreifen
müssen und sagen „Okay, wir machen, was wir mal zugesagt haben." Hätten
die wesentlichen westlichen Politiker ihm nicht sagen müssen, dass er
tun muss, wozu die Ukraine verpflichtet ist? Es sieht so aus -
Historiker werden das später auseinander fummeln -, dass sie das nicht
gemacht haben.
Man wollte nicht, man war stolz. Das alte Sprichwort: Dummheit und Stolz
wachsen auf dem selben Holz.
Es kann sein, dass Selenski mit seinem Leben zahlt, schlimm. Die anderen
dagegen werden noch nicht mal die Heizung um ein Grad herunter stellen
müssen. Aber sie werden über die Toten weinen, die sie hätten verhindern
können.
Diese Fehler auf dem Weg in den Krieg führten zwar zum Krieg, waren aber
nicht die Entscheidung zum Krieg. Diese Entscheidung hat Putin
getroffen. [1] Er hätte das Spiel, Diplomatie genannt, auch weiter
spielen können, die Ukraine wäre auch dann nicht in die Nato gekommen.
„Wir stehen vor der zweiten Neuordnung Europas
28. Februar 2022 Norman Paech"
https://www.heise.de/tp/features/Wir-stehen-vor-der-zweiten-Neuordnung-Europas-6527460.html?seite=all
,----
| Nun ist Krieg, und das ist ein schwerer Verstoß gegen das Völkerrecht,
| auf das sich auch die russische Regierung immer berufen hat. Putin muss
| alle Kampfhandlungen umgehend einstellen, ...
`----
Zur Vorbereitung des Kriegs.
https://www.heise.de/tp/features/Kein-Frieden-ohne-Aufrichtigkeit-6527466.html?seite=all
Eine russische Petition gegen den Krieg
https://www.change.org/p/%D0%BE%D1%81%D1%82%D0%B0%D0%BD%D0%BE%D0%B2%D0%B8%D1%82%D1%8C-%D0%B2%D0%BE%D0%B9%D0%BD%D1%83-%D1%81-%D1%83%D0%BA%D1%80%D0%B0%D0%B8%D0%BD%D0%BE%D0%B9-2ce0a2d7-b957-4e23-981a-c67a26e2b0b7
,----
| Wir appellieren an alle vernünftigen Menschen in Russland, von deren
| Taten und Worten etwas abhängt. Werden Sie Teil der Antikriegsbewegung,
| widersetzen Sie sich dem Krieg und tun Sie es zumindest, um der ganzen
| Welt zu zeigen, dass es in Russland Menschen gab, gibt und geben wird,
| die die Gemeinheit der Behörden nicht akzeptieren werden, die den Staat
| selbst und die Völker Russlands in ein Instrument ihrer Verbrechen
| verwandelt haben.
`----
Thread über den aktuellen Kriegsverlauf
https://twitter.com/NikGerassimow/status/1498278742300540931
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Fußnote(n)
[1] Wobei die Frage auftaucht, ob und wie er sich mit seinen
Mitstreitern abgestimmt hat, die Entscheidung zum Krieg in Afghanistan
traf Breschnew nicht allein, sondern das Politbüro.
Der Frieden ist bedroht. Es ist schwer, Orientierung zu gewinnen. - Jede Art von Propaganda will irritieren, viele wollen "aufklären" und verwirren zusätzlich. - Es bleibt die Aufgabe des Einzelnen, sich seine Sicht der Dinge zu erarbeiten. Wir haben die Welt nicht unmittelbar, wir müssen uns selbst durchwühlen. - Vielleicht helfen die Texte und Quellen und einige Bemerkungen dazu.
Montag, 28. Februar 2022
Karaganow - Friedenslage am 28.02.2022 (20:31:26)
Ein Text über die sozusagen ideologischen Hintergründe der Politik
Putins. Der Autor gilt als bedeutender Politikwissenschaftler. Ob und
inwieweit der Kreml von solchen Überlegungen beeinflusst ist, kann
unsereins schwer sagen. Dass der Text in einer wichtigen, wie man sagt,
russischen politikwissenschaftlichen Zeitschrift erschienen ist, mag ein
Hinweis auf seine Bedeutung sein. Das Portal „RT-DE", vom russischen
Staat finanziert, gehört sicher nicht zu den Quellen der ersten Wahl,
aber vielleicht ist es sozusagen Regierungsabsicht, dass genau dieser
Text veröffentlicht worden ist.
Er ist lang, ich versuche, ihn zur Lesbarkeit zu kürzen und vielleicht
etwas einzuordnen.
https://de.rt.com/meinung/132433-sergei-karaganow-russlands-neue-aussenpolitik
,----
| Sergei Karaganow: Russlands neue Außenpolitik, die Putin-Doktrin
| 26 Feb. 2022 11:23 Uhr
| Moskaus Konfrontation mit der NATO ist erst der Anfang. Es scheint, als
| sei Russland in eine neue Ära seiner Außenpolitik eingetreten – eine
| "konstruktive Zerstörung", kommentiert Professor Sergei Karaganow,
| Ehrenvorsitzender des russischen Rates für Außen- und
| Verteidigungspolitik.
|
| von Sergei Karaganow
| Russlands neues Denken
|
| Es scheint, als sei Russland in eine neue Ära seiner Außenpolitik
| eingetreten – eine "konstruktive Zerstörung", wie wir es nennen, des
| bisherigen Modells der Beziehungen zum Westen. Teile dieser neuen
| Denkweise haben sich in den letzten 15 Jahren abgezeichnet – angefangen
| mit Wladimir Putins berühmter Münchner Rede im Jahr 2007 –, aber vieles
| wird erst jetzt deutlich.
| Die Außenwelt bietet
| Russland ohnehin mehr und mehr geopolitische Möglichkeiten für eine
| mittelfristige Entwicklung. Mit einer großen Ausnahme. Die Erweiterung
| der NATO und die formelle oder informelle Einbeziehung der Ukraine
| stellen ein Risiko für die Sicherheit des Landes dar, das Moskau einfach
| nicht akzeptieren will.
| Derzeit befindet sich der Westen auf einem
| langsamen, aber unausweichlichen Zerfallskurs, sowohl innen- als auch
| außenpolitisch und sogar wirtschaftlich.
Dass der Kapitalismus sich in der soundsovielten Etappe von Krise und
Verfall befindet, konnte man auch zu Breschnews Zeiten lesen. Irgendwie
scheint das reichlich lange zu dauern. Auf solche Aussagen Politik
aufbauen? Sieht nicht vernünftig aus.
| Der Westen versucht derzeit verzweifelt, sich mit aggressiver Rhetorik
| dagegen zu wehren. Er versucht, sich zu konsolidieren und seine letzten
| Trümpfe auszuspielen, um diesen Trend umzukehren. Einer dieser Trümpfe
| ist der Versuch, die Ukraine zu nutzen, um Russland zu schaden und zu
| schwächen.
All das, was seit Jahrzehnten mit der Ukraine zu tun hat, soll Russland
schaden, zweifellos.
| Ein weiterer Trumpf ist die dominierende Rolle des Westens im
| bestehenden euro-atlantischen Sicherheitssystem, das zu einer Zeit
| geschaffen wurde, als Russland nach dem Kalten Krieg stark geschwächt
| war. Es ist sinnvoll, dieses System allmählich zu beseitigen, vor allem
| indem man sich weigert, an ihm teilzunehmen und nach seinen veralteten
| Regeln zu spielen, die für uns von Natur aus nachteilig sind. Für
| Russland sollte die westliche Schiene gegenüber seiner eurasischen
| Diplomatie zweitrangig werden. Die Aufrechterhaltung konstruktiver
| Beziehungen zu den Ländern im westlichen Teil des Kontinents kann
| Russland die Integration in den eurasischen Großraum erleichtern. Das
| alte System steht jedoch im Weg und sollte daher abgebaut werden.
An dieser Stelle kommt man zum Zentrum des Textes: Es geht Russland
nicht mehr um ein „Gemeinsames Haus Europa" (Gorbatschow). Es ist nicht
erreicht worden und steht auch nicht (mehr) auf der Tagesordnung. -
Soweit verständlich, gemeint ist jedoch, dass es auch nicht mehr zur
Zielvorstellung der russischen Außenpolitik gehört. Das jetzigen
Stichwort heißt vielmehr „eurasischer Großraum". Wenn einige
westeuropäische Staaten mitkommen wollen, kann das von Vorteil sein, von
entscheidender Bedeutung ist es nicht.
Was etwa für die EU bedeutet: Schön, wenn sie sich friedlich zu Russland
verhalten sollte, erforderlich ist das nicht. Russland kann sie auch
ignorieren.
| Der entscheidende nächste Schritt zur Schaffung eines neuen Systems
| (abgesehen von der Abschaffung des alten Systems) ist die "Vereinigung
| der Länder". Das ist eine Notwendigkeit für Moskau, keine Laune.
Gemeint ist: Vereinigung von Ländern der ehemaligen Sowjetunion,
vielleicht des Zarenreiches.
| Im Moment
| kann ich nur auf das Offensichtliche hinweisen: Die meisten lokalen
| Eliten haben keine historische oder kulturelle Erfahrung mit dem Aufbau
| von Staaten. Sie waren nie in der Lage, zum Kern der Nation zu werden –
| sie hatten nicht genug Zeit dafür. Als der gemeinsame intellektuelle und
| kulturelle Raum verschwand, traf dies die kleinen Länder am
| härtesten. Die neuen Möglichkeiten, Beziehungen zum Westen aufzubauen,
| erwiesen sich als kein Ersatz. Diejenigen, die sich an der Spitze
| solcher Länder wiederfanden, haben ihr Land zu ihrem eigenen Vorteil
| verkauft, weil es keine nationale Idee gab, für die es zu kämpfen
| galt.Die meisten dieser Länder werden entweder dem Beispiel der
| baltischen Staaten folgen und sich von außen steuern lassen, oder sie
| werden weiter außer Kontrolle geraten, was in einigen Fällen äußerst
| gefährlich sein kann.
Gemeint is: Die politischen Führungen der vielen kleinen Staaten zeigen
sich eh unfähig, ihren Völkern und Staaten eine aussichtsreiche und
stabile Zukunft zu entwerfen. Ohne Integration in ein
staatsübergreifendes politisches und wirtschaftliches System unter dem
wesentlichen Einfluss Russlands wird es dort keine politische Stabilität
geben. Der Westen wird jedenfalls keine dauerhafte Ordnung herstellen
können, ohne zugleich Konfrontationen zu schaffen. (Als Beispiel könnte
man den armenisch-aserbeidschanischen Krieg nehmen.)
| Die
| Münchner Rede, der Georgienkrieg und die Armeereform, die inmitten einer
| weltweiten Wirtschaftskrise stattfanden, die das Ende des westlichen
| liberalen, globalistischen Imperialismus (ein Begriff, der von einem
| prominenten Experten für internationale Angelegenheiten, Richard Sakwa,
| geprägt wurde) bedeutete, markierten das neue Ziel der russischen
| Außenpolitik – wieder eine führende Weltmacht zu werden, die ihre
| Souveränität und Interessen verteidigen kann. Es folgten die Ereignisse
| auf der Krim, in Syrien, die militärische Aufrüstung und die
| Verhinderung der Einmischung des Westens in die inneren Angelegenheiten
| Russlands ...
| De-facto-Bündnispartnerschaft mit Peking ab den 2010er Jahren, der
| Schwenk nach Osten und die multidimensionale Krise, die den Westen
| erfasst hat, haben zu einer großen Verschiebung des politischen und
| geoökonomischen Gleichgewichts zu Gunsten Russlands geführt. Dies ist
| in Europa besonders ausgeprägt. Noch vor einem Jahrzehnt betrachtete die
| EU Russland als einen rückständigen und schwachen Rand des Kontinents,
| der sich mit den Großmächten messen wollte. ...
|
| Russland hat aufgeholt und dafür gesorgt, dass es im nächsten Jahrzehnt
| strategisch relativ unverwundbar und in der Lage sein wird, im Falle
| von Konflikten in den Regionen seiner Interessensphäre "in einem
| Eskalationsszenario zu dominieren".
|
| Das Ultimatum, das Russland den USA und der NATO Ende 2021 stellte und
| in dem es sie aufforderte, den Ausbau der militärischen Infrastruktur in
| der Nähe der russischen Grenzen und die Expansion nach Osten
| einzustellen, markierte den Beginn der "konstruktiven Zerstörung". Das
| Ziel besteht nicht nur darin, die erlahmende, wenn auch wirklich
| gefährliche Trägheit des geostrategischen Vorstoßes des Westens zu
| stoppen, sondern auch damit zu beginnen, den Grundstein für eine neue
| Art von Beziehungen zwischen Russland und dem Westen zu legen, die sich
| von dem unterscheiden, was wir in den 1990er Jahren festgelegt
| haben. ...
Eine Neuordnung Europas. Von dort her ist es wohl verstehen, dass die
russischen Texte der letzten Monate nur selten auf die Charta von Paris
oder die Nato-Russland-Grundakte von 1997 Bezug nehmen.
| Die schön formulierte Charta von Paris für ein neues Europa, die
| 1990 unterzeichnet wurde, enthielt eine Erklärung über die
| Assoziationsfreiheit – die Länder konnten sich ihre Verbündeten
| aussuchen, was nach der Erklärung von Helsinki von 1975 unmöglich
Unverständlich.
| gewesen wäre. Da der Warschauer Pakt zu diesem Zeitpunkt auf dem
| Zahnfleisch ging, bedeutete diese Klausel, dass die NATO die Möglichkeit
| hatte, sich zu erweitern. Auf dieses Dokument berufen sich alle, auch in
| Russland. Damals, 1990, konnte die NATO jedoch zumindest als
| "Verteidigungs"-Organisation bezeichnet werden. Das Bündnis und die
| meisten seiner Mitglieder haben seitdem eine Reihe aggressiver
| Militäraktionen durchgeführt – gegen die Überreste Jugoslawiens, aber
| auch im Irak und in Libyen.
|
| Nach einem herzlichen Gespräch mit Lech Wałęsa im Jahr 1993
| unterzeichnete Boris Jelzin ein Dokument, in dem es hieß, Russland
| habe
Darf man wohl lesen als: Der Wodka war hilfreich ...
| "Verständnis für Polens Plan, der NATO beizutreten". Als Andrei Kosirew,
| der damalige russische Außenminister, 1994 von den Erweiterungsplänen
| der NATO erfuhr, begann er im Namen Russlands zu verhandeln, ohne den
| Präsidenten zu konsultieren. Die andere Seite wertete dies als Zeichen
| dafür, dass Russland mit dem allgemeinen Konzept einverstanden war, da
| es versuchte, akzeptable Bedingungen auszuhandeln. 1995 trat Moskau auf
| die Bremse, aber es war zu spät – der Damm brach und fegte alle
| Vorbehalte gegen die westlichen Expansionsbestrebungen hinweg.
|
| 1997 unterzeichnete das wirtschaftlich schwache und vom Westen völlig
| abhängige Russland die Grundakte über gegenseitige Beziehungen,
| Zusammenarbeit und Sicherheit mit der NATO. Moskau gelang es, dem Westen
| bestimmte Zugeständnisse abzuringen, wie etwa die Zusage, keine großen
| militärischen Einheiten in die neuen Mitgliedstaaten zu entsenden. Gegen
| diese Verpflichtung hat die NATO konsequent verstoßen. Eine weitere
| Vereinbarung bestand darin, diese Gebiete frei von Atomwaffen zu
| halten. Die USA hätten dies ohnehin nicht gewollt, da sie versucht
| hatten, sich von einem möglichen Atomkonflikt in Europa so weit wie
| möglich zu distanzieren (trotz der Wünsche ihrer Verbündeten), da dies
| zweifellos einen Atomschlag gegen Amerika zur Folge hätte. In
| Wirklichkeit legitimierte das Dokument die Expansion der NATO. ...
| Es ist sehr bedauerlich, dass wir uns nie getraut haben, es
| offen auszusprechen – die NATO war zu einem Aggressor geworden, der
| zahlreiche Kriegsverbrechen begangen hat. Dies wäre eine ernüchternde
| Wahrheit für verschiedene politische Kreise in Europa gewesen, wie zum
| Beispiel in Finnland und Schweden, wo einige über die Vorteile eines
| Beitritts zur Organisation nachdenken....
| Aber was haben wir von diesem System? Vor allem jetzt, da es
| offensichtlich geworden ist, dass es Konfrontationen an unseren
| westlichen Grenzen und in der ganzen Welt hervorruft und
| eskaliert. ...
| Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
| ist überholt. Sie wird von der NATO und der EU dominiert, die die
| Organisation nutzen, um die Konfrontation in die Länge zu ziehen und die
| politischen Werte und Normen des Westens allen anderen
| aufzuzwingen. ...
| Einst galt die OSZE als
| nützliche Organisation, die das UN-System und die UN-Prinzipien auf
| einem wichtigen Subkontinent fördern sollte. Dazu ist es nicht
| gekommen.
| Was die NATO betrifft, so ist es ganz klar, was wir tun
| sollten. Wir müssen die moralische und politische Legitimität des Blocks
| untergraben und jede institutionelle Partnerschaft ablehnen, da ihre
| Kontraproduktivität offensichtlich ist. Nur das Militär sollte weiterhin
| kommunizieren, aber als Hilfskanal, der den Dialog mit dem
| Verteidigungsministerium und den Verteidigungsministerien der führenden
| europäischen Staaten ergänzt. ...
|
| Politik für das Russland von morgen
|
| ... Eine Eskalation der
| Konfrontation ist nicht zu befürchten: Wir haben gesehen, wie die
| Spannungen selbst dann zunahmen, als Russland versuchte, die westliche
| Welt zu beschwichtigen. Wir sollten uns auf eine stärkere Gegenwehr des
| Westens vorbereiten; außerdem sollte Russland in der Lage sein, der Welt
| eine langfristige Alternative anzubieten – einen neuen politischen
| Rahmen, der auf Frieden und Zusammenarbeit beruht.
In Zeiten nicht nur von Kriegen, die auch „konventionell" katastrophal
sein können, sondern auch von möglichen Atomkriegen, dürfte das eine
leichtsinnige Konzeption sein.
| Natürlich ist es
| sinnvoll, unsere Partner von Zeit zu Zeit daran zu erinnern, dass es zu
| all dem eine für beide Seiten vorteilhafte Alternative gibt. Wenn
| Russland eine vernünftige, aber durchsetzungsfähige Politik betreibt
| (auch im eigenen Land), wird es die jüngste Welle der westlichen
| Feindseligkeit erfolgreich (und relativ friedlich) überwinden. ...
| Wir dürfen nicht zulassen, dass die Ukraine zu einer
| Sicherheitsbedrohung für Russland wird. Allerdings wäre es
| kontraproduktiv, zu viele administrative und politische (ganz zu
| schweigen von wirtschaftlichen) Ressourcen darauf zu verwenden. Russland
| muss lernen, diese instabile Situation aktiv zu steuern und in Grenzen
| zu halten.
Das ist momentan wohl gerade nicht gelungen: Der Krieg könnte Russland
sehr hart fordern.
| ... Es ist höchste Zeit,
| dass wir aufhören, Zbigniew Brzezińskis unaufrichtige – und so
| auffallend polnische – Behauptung zu wiederholen, Russland könne ohne
| die Ukraine keine Großmacht sein. Das Gegenteil ist viel näher an der
| Wahrheit: Russland kann keine Großmacht sein, wenn es durch eine
| zunehmend schwerfällige Ukraine belastet wird – ein politisches Gebilde,
| das von Lenin geschaffen wurde und später unter Stalin nach Westen
| expandierte.
Genau so ist Russlands Politik momentan nicht. Oder ist diese Politik in
diesen Tagen aus dem Ruder gelaufen?
| Der vielversprechendste Weg für Russland liegt in der
| Entwicklung und Stärkung der Beziehungen zu China. Eine Partnerschaft
| mit Peking würde das Potenzial beider Länder um ein Vielfaches
| steigern. ...
Ob China ein Partner ist, der Russland ganz selbstlos zur Seite stehen
wird?
| Wenn es an der Zeit ist, ein
| neues europäisches Sicherheitssystem zu schaffen, das das gefährlich
| überholte bestehende System ersetzt, muss dies im Rahmen eines größeren
| eurasischen Projekts geschehen. Aus dem alten euro-atlantischen System
| kann nichts Sinnvolles hervorgehen.
Das bleibt sehr vage ...
| Es versteht sich von selbst, dass der
| Erfolg die Entwicklung und Modernisierung des wirtschaftlichen,
| technologischen und wissenschaftlichen Potenzials des Landes voraussetzt
| – alles Säulen der militärischen Macht eines Landes, die das Rückgrat
| der Souveränität und Sicherheit jeder Nation bleibt. Russland kann
| nicht erfolgreich sein, ohne die Lebensqualität für die Mehrheit seiner
| Bevölkerung zu verbessern: Dazu gehören der allgemeine Wohlstand, das
| Gesundheitswesen, die Bildung und die Umwelt. Die Einschränkung der
| politischen Freiheiten, die in der Konfrontation mit dem kollektiven
| Westen unvermeidlich ist, darf sich auf keinen Fall auf den geistigen
| Bereich erstrecken. Das ist schwierig, aber machbar.
Einerseits eingeschränkte Demokratie, andererseits geistige Freiheit für
Kultur, Wissenschaft und so weiter? Solch ein politisches System ist
schwer vorstellbar.
| ... Wir müssen damit beginnen, auf
| geistige Unabhängigkeit hinzuarbeiten, nachdem wir militärische
| Sicherheit und politische und wirtschaftliche Souveränität erreicht
| haben. In der neuen Welt ist es obligatorisch, sich zu entwickeln und
| Einfluss zu nehmen. Michail Remisow, ein prominenter russischer
| Politikwissenschaftler, war meines Wissens der erste, der dies als
| "intellektuelle Dekolonisierung" bezeichnete. Nachdem wir jahrzehntelang
| im Schatten des importierten Marxismus gestanden haben, haben wir in
| Wirtschaft und Politikwissenschaft und bis zu einem gewissen Grad auch
| in der Außen- und Verteidigungspolitik den Übergang zu einer anderen
| fremden Ideologie der liberalen Demokratie eingeleitet . ...
(Den Rest weggelassen ...)
|
| Sergei Karaganow ist Ehrenvorsitzender des russischen Rates für Außen-
| und Verteidigungspolitik und wissenschaftlicher Betreuer an der
| Hochschule für Internationale Wirtschaft und Außenpolitik (HSE) in
| Moskau. Dieser Artikel ist zuerst online in der Zeitschrift Russia in
| Global Affairs erschienen.
`----
Liest sich besonderer, als es zu sein scheint. Im der Moderne hinterher
laufenden Russland des 19. Jahrhunderts soll es zwei Denkschulen gegeben
haben: die einen sagt, man müsse, um zu Europa aufzuholen, von Europa
lernen, sie sollen „die Westler" geschimpft worden sein. Und dann soll
es andere gegeben haben, die tief ins eigene Slawentum graben wollten,
um dort einen besonderen russischen Weg zu finden.
Putin hat man um 2000 zu den „Westlern" gerechnet, er sollte den
Anschluss besorgen. Das hat nicht geklappt. Nun ist turnusgemäß die
andere Richtung an der Reihe.
Karaganow will die politischen Verbindungen zum Westen so weit wie
möglich reduzieren. McFaul, einstmals Berater Obamas in Sachen Russland
und Botschafter in Moskau, will das auch
https://friedenslage.blogspot.com/2021/01/friedenslage-21012021-2047.html. Insofern
ähnlich. „Was immer wir machen, sie randalieren doch!" Da können wir
gleich tun, was wir uns einfällt und was wir wollen. Was immer es an
politischen Einrichtungen in Europa gibt, die für Russland von Bedeutung
sein könnten, an denen man beteiligt ist oder auch nicht, ist so weit
wie möglich in seiner Bedeutung zu reduzieren. Ob es die OSZE ist, die
Charta von Paris, die EU oder die Nato: Nichts davon darf dadurch, dass
Russland mitmacht, gestärkt werden. Es ist sowieso alles gleichgültig,
was in den anderen Ländern passiert, Ausnahme Ukraine. Aber auch dieses
vom Westen paralysierte Land ist letztlich egal. (Sieht Putin anders,
mit gravierenden Folgen.)
Stattdessen ist ein eurasisches Sicherheitssystem aufzubauen: Zum einen
müssen die Länder des alten Zarenreiches und der Sowjetunion wieder
eingesammelt werden, denn deren lokale und nationale Eliten haben
keinerlei Erfahrung darin einen Staat anständig zu leiten. Danach oder
gleichzeitig muss ein Bündnis mit China aufgebaut werden, darüber, wie
das aussieht, erfährt man in dem Text allerdings wenig.
Zur Demokratie nur ein paar kryptische Aussagen, sie sei ein Import aus
fremden Ländern und Geisteswelten, anderseits brauche man
Geistesfreiheit. Mit solchen Gedanken lässt sich vielleicht ein
politisches System basteln wie das deutsche Kaiserreich im
19.Jahrhundert: Etwas politische Beteiligung durch ein letztlich nicht
entscheidendes Parlament, eine straffe leistungsfähige Verwaltung und
der Aufbau eines effizienten Schul- und Hochschulsystems, dazu jede
Menge wirtschaftlicher Freiheit und auch Meinungsfreiheit, soweit sie
gewisse Grenzen respektiert. Das war, heute wird über die Wilhelms ja
meist schlecht gesprochen, weil man sie vom Ende her sieht, durchaus
eines der leistungsfähigeren politischen Systeme. Aber, muss man ja auch
sagen, im Wettbewerb mit den angelsächsischen Systemen dann doch
unterlegen.
Man sieht, der Text geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Aber es wäre zu
einfach, daraus nur einen bösen Vorwurf zu machen. Denn solche
Rückgriffe gibt es auch in anderen Ländern.
Legt man die Landkarten der aktuellen polnischen „Drei-Meeres-Initiative"
https://de.wikipedia.org/wiki/Drei-Meere-Initiative, des polnischen
„Zwischenmeer"-Konzepts https://de.wikipedia.org/wiki/Mi%C4%99dzymorze
des Marschalls Józef Piłsudski aus den 1920er Jahren und des
polnisch-litauischen Jagiellonen-Reichs
https://en.wikipedia.org/wiki/Polish_Golden_Age übereinander, gibt es
durchaus Ähnlichkeiten.
Es scheint also so, dass die Vorstellung der Jahre 199x, dass die
Länder im Osten sich langsam, aber sicher an die westeuropäischen
Moderne auch in ihrem Geistesleben, in ihrer Nationalideologie
anschließen würden, von vornherein falsch war. Der Zusammenbruch des
Realsozialismus führte vielmehr zu einer Rückkehr noch älterer
nationaler Konzepte.
Erstaunlicher ist vielmehr unsere Wahrnehmung: Wenn es um Russland geht,
wird solch eine Orientierung sofort wahrgenommen und in alles hinein
interpretiert, was in Russland geschieht. Bei Ungarn und Polen wird es
in ihrer Innenpolitik durchaus wahrgenommen, der nationalistische
Charakter der polnischen Außenpolitik wird schlicht ignoriert. Ich habe
auf twitter einige Polen, mit denen ich zufällig Kontakt hatte, nach den
Gründen für ihre Russland-Feindschaft gefragt. Sie konnten keinen
einzigen konkreten Konflikt nennen, selbst ihre Erfahrung mit dem
Stalinismus wurde nicht benannt. Über ein „das war schon immer so" ging
es nicht hinaus, vielleicht noch Hinweise auf die Unterdrückung durch
die Zaren, während die preußische Herrschaft in Westpolen kein Thema
war.
Die Geschichte wird also sehr selektiv erinnert, unter Zuhilfenahme von
Denkmustern vergangener Zeiten, andere scheinen nicht zu Verfügung zu
stehen.
Zum russischen Text zurück: Es ist, man kann es wohl so sagen, die
Ideologie eines Schwellenlandes. Vom Entwicklungsland unterscheidet es
sich durch Sektoren moderner Industrie, zigfacher Spitzenleistungen, von
einem modernen westlichen Land durch das Fehlen einer in den
Jahrhunderten gewachsenen bürgerlicher Kultur, die ihre eigenen
gesellschaftlichen Verkehrsformen und Institutionen hervor gebracht
hat. Insofern wird dieses System noch nicht einmal die
zivilgesellschaftliche Moderne des zweiten deutschen Kaiserreichs
hervorbringen. Ein Weg in die Irre.
Hier noch einmal die Quelle
https://de.rt.com/meinung/132433-sergei-karaganow-russlands-neue-aussenpolitik/
Ein andere Kommentierung dieses Textes, auch zur schnellen Orientierung
geeignet.
https://www.heise.de/tp/features/Eine-Strategie-fuer-Putin-Weltmachtstatus-durch-konstruktive-Zerstoerung-6527756.html?seite=all
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Putins. Der Autor gilt als bedeutender Politikwissenschaftler. Ob und
inwieweit der Kreml von solchen Überlegungen beeinflusst ist, kann
unsereins schwer sagen. Dass der Text in einer wichtigen, wie man sagt,
russischen politikwissenschaftlichen Zeitschrift erschienen ist, mag ein
Hinweis auf seine Bedeutung sein. Das Portal „RT-DE", vom russischen
Staat finanziert, gehört sicher nicht zu den Quellen der ersten Wahl,
aber vielleicht ist es sozusagen Regierungsabsicht, dass genau dieser
Text veröffentlicht worden ist.
Er ist lang, ich versuche, ihn zur Lesbarkeit zu kürzen und vielleicht
etwas einzuordnen.
https://de.rt.com/meinung/132433-sergei-karaganow-russlands-neue-aussenpolitik
,----
| Sergei Karaganow: Russlands neue Außenpolitik, die Putin-Doktrin
| 26 Feb. 2022 11:23 Uhr
| Moskaus Konfrontation mit der NATO ist erst der Anfang. Es scheint, als
| sei Russland in eine neue Ära seiner Außenpolitik eingetreten – eine
| "konstruktive Zerstörung", kommentiert Professor Sergei Karaganow,
| Ehrenvorsitzender des russischen Rates für Außen- und
| Verteidigungspolitik.
|
| von Sergei Karaganow
| Russlands neues Denken
|
| Es scheint, als sei Russland in eine neue Ära seiner Außenpolitik
| eingetreten – eine "konstruktive Zerstörung", wie wir es nennen, des
| bisherigen Modells der Beziehungen zum Westen. Teile dieser neuen
| Denkweise haben sich in den letzten 15 Jahren abgezeichnet – angefangen
| mit Wladimir Putins berühmter Münchner Rede im Jahr 2007 –, aber vieles
| wird erst jetzt deutlich.
| Die Außenwelt bietet
| Russland ohnehin mehr und mehr geopolitische Möglichkeiten für eine
| mittelfristige Entwicklung. Mit einer großen Ausnahme. Die Erweiterung
| der NATO und die formelle oder informelle Einbeziehung der Ukraine
| stellen ein Risiko für die Sicherheit des Landes dar, das Moskau einfach
| nicht akzeptieren will.
| Derzeit befindet sich der Westen auf einem
| langsamen, aber unausweichlichen Zerfallskurs, sowohl innen- als auch
| außenpolitisch und sogar wirtschaftlich.
Dass der Kapitalismus sich in der soundsovielten Etappe von Krise und
Verfall befindet, konnte man auch zu Breschnews Zeiten lesen. Irgendwie
scheint das reichlich lange zu dauern. Auf solche Aussagen Politik
aufbauen? Sieht nicht vernünftig aus.
| Der Westen versucht derzeit verzweifelt, sich mit aggressiver Rhetorik
| dagegen zu wehren. Er versucht, sich zu konsolidieren und seine letzten
| Trümpfe auszuspielen, um diesen Trend umzukehren. Einer dieser Trümpfe
| ist der Versuch, die Ukraine zu nutzen, um Russland zu schaden und zu
| schwächen.
All das, was seit Jahrzehnten mit der Ukraine zu tun hat, soll Russland
schaden, zweifellos.
| Ein weiterer Trumpf ist die dominierende Rolle des Westens im
| bestehenden euro-atlantischen Sicherheitssystem, das zu einer Zeit
| geschaffen wurde, als Russland nach dem Kalten Krieg stark geschwächt
| war. Es ist sinnvoll, dieses System allmählich zu beseitigen, vor allem
| indem man sich weigert, an ihm teilzunehmen und nach seinen veralteten
| Regeln zu spielen, die für uns von Natur aus nachteilig sind. Für
| Russland sollte die westliche Schiene gegenüber seiner eurasischen
| Diplomatie zweitrangig werden. Die Aufrechterhaltung konstruktiver
| Beziehungen zu den Ländern im westlichen Teil des Kontinents kann
| Russland die Integration in den eurasischen Großraum erleichtern. Das
| alte System steht jedoch im Weg und sollte daher abgebaut werden.
An dieser Stelle kommt man zum Zentrum des Textes: Es geht Russland
nicht mehr um ein „Gemeinsames Haus Europa" (Gorbatschow). Es ist nicht
erreicht worden und steht auch nicht (mehr) auf der Tagesordnung. -
Soweit verständlich, gemeint ist jedoch, dass es auch nicht mehr zur
Zielvorstellung der russischen Außenpolitik gehört. Das jetzigen
Stichwort heißt vielmehr „eurasischer Großraum". Wenn einige
westeuropäische Staaten mitkommen wollen, kann das von Vorteil sein, von
entscheidender Bedeutung ist es nicht.
Was etwa für die EU bedeutet: Schön, wenn sie sich friedlich zu Russland
verhalten sollte, erforderlich ist das nicht. Russland kann sie auch
ignorieren.
| Der entscheidende nächste Schritt zur Schaffung eines neuen Systems
| (abgesehen von der Abschaffung des alten Systems) ist die "Vereinigung
| der Länder". Das ist eine Notwendigkeit für Moskau, keine Laune.
Gemeint ist: Vereinigung von Ländern der ehemaligen Sowjetunion,
vielleicht des Zarenreiches.
| Im Moment
| kann ich nur auf das Offensichtliche hinweisen: Die meisten lokalen
| Eliten haben keine historische oder kulturelle Erfahrung mit dem Aufbau
| von Staaten. Sie waren nie in der Lage, zum Kern der Nation zu werden –
| sie hatten nicht genug Zeit dafür. Als der gemeinsame intellektuelle und
| kulturelle Raum verschwand, traf dies die kleinen Länder am
| härtesten. Die neuen Möglichkeiten, Beziehungen zum Westen aufzubauen,
| erwiesen sich als kein Ersatz. Diejenigen, die sich an der Spitze
| solcher Länder wiederfanden, haben ihr Land zu ihrem eigenen Vorteil
| verkauft, weil es keine nationale Idee gab, für die es zu kämpfen
| galt.Die meisten dieser Länder werden entweder dem Beispiel der
| baltischen Staaten folgen und sich von außen steuern lassen, oder sie
| werden weiter außer Kontrolle geraten, was in einigen Fällen äußerst
| gefährlich sein kann.
Gemeint is: Die politischen Führungen der vielen kleinen Staaten zeigen
sich eh unfähig, ihren Völkern und Staaten eine aussichtsreiche und
stabile Zukunft zu entwerfen. Ohne Integration in ein
staatsübergreifendes politisches und wirtschaftliches System unter dem
wesentlichen Einfluss Russlands wird es dort keine politische Stabilität
geben. Der Westen wird jedenfalls keine dauerhafte Ordnung herstellen
können, ohne zugleich Konfrontationen zu schaffen. (Als Beispiel könnte
man den armenisch-aserbeidschanischen Krieg nehmen.)
| Die
| Münchner Rede, der Georgienkrieg und die Armeereform, die inmitten einer
| weltweiten Wirtschaftskrise stattfanden, die das Ende des westlichen
| liberalen, globalistischen Imperialismus (ein Begriff, der von einem
| prominenten Experten für internationale Angelegenheiten, Richard Sakwa,
| geprägt wurde) bedeutete, markierten das neue Ziel der russischen
| Außenpolitik – wieder eine führende Weltmacht zu werden, die ihre
| Souveränität und Interessen verteidigen kann. Es folgten die Ereignisse
| auf der Krim, in Syrien, die militärische Aufrüstung und die
| Verhinderung der Einmischung des Westens in die inneren Angelegenheiten
| Russlands ...
| De-facto-Bündnispartnerschaft mit Peking ab den 2010er Jahren, der
| Schwenk nach Osten und die multidimensionale Krise, die den Westen
| erfasst hat, haben zu einer großen Verschiebung des politischen und
| geoökonomischen Gleichgewichts zu Gunsten Russlands geführt. Dies ist
| in Europa besonders ausgeprägt. Noch vor einem Jahrzehnt betrachtete die
| EU Russland als einen rückständigen und schwachen Rand des Kontinents,
| der sich mit den Großmächten messen wollte. ...
|
| Russland hat aufgeholt und dafür gesorgt, dass es im nächsten Jahrzehnt
| strategisch relativ unverwundbar und in der Lage sein wird, im Falle
| von Konflikten in den Regionen seiner Interessensphäre "in einem
| Eskalationsszenario zu dominieren".
|
| Das Ultimatum, das Russland den USA und der NATO Ende 2021 stellte und
| in dem es sie aufforderte, den Ausbau der militärischen Infrastruktur in
| der Nähe der russischen Grenzen und die Expansion nach Osten
| einzustellen, markierte den Beginn der "konstruktiven Zerstörung". Das
| Ziel besteht nicht nur darin, die erlahmende, wenn auch wirklich
| gefährliche Trägheit des geostrategischen Vorstoßes des Westens zu
| stoppen, sondern auch damit zu beginnen, den Grundstein für eine neue
| Art von Beziehungen zwischen Russland und dem Westen zu legen, die sich
| von dem unterscheiden, was wir in den 1990er Jahren festgelegt
| haben. ...
Eine Neuordnung Europas. Von dort her ist es wohl verstehen, dass die
russischen Texte der letzten Monate nur selten auf die Charta von Paris
oder die Nato-Russland-Grundakte von 1997 Bezug nehmen.
| Die schön formulierte Charta von Paris für ein neues Europa, die
| 1990 unterzeichnet wurde, enthielt eine Erklärung über die
| Assoziationsfreiheit – die Länder konnten sich ihre Verbündeten
| aussuchen, was nach der Erklärung von Helsinki von 1975 unmöglich
Unverständlich.
| gewesen wäre. Da der Warschauer Pakt zu diesem Zeitpunkt auf dem
| Zahnfleisch ging, bedeutete diese Klausel, dass die NATO die Möglichkeit
| hatte, sich zu erweitern. Auf dieses Dokument berufen sich alle, auch in
| Russland. Damals, 1990, konnte die NATO jedoch zumindest als
| "Verteidigungs"-Organisation bezeichnet werden. Das Bündnis und die
| meisten seiner Mitglieder haben seitdem eine Reihe aggressiver
| Militäraktionen durchgeführt – gegen die Überreste Jugoslawiens, aber
| auch im Irak und in Libyen.
|
| Nach einem herzlichen Gespräch mit Lech Wałęsa im Jahr 1993
| unterzeichnete Boris Jelzin ein Dokument, in dem es hieß, Russland
| habe
Darf man wohl lesen als: Der Wodka war hilfreich ...
| "Verständnis für Polens Plan, der NATO beizutreten". Als Andrei Kosirew,
| der damalige russische Außenminister, 1994 von den Erweiterungsplänen
| der NATO erfuhr, begann er im Namen Russlands zu verhandeln, ohne den
| Präsidenten zu konsultieren. Die andere Seite wertete dies als Zeichen
| dafür, dass Russland mit dem allgemeinen Konzept einverstanden war, da
| es versuchte, akzeptable Bedingungen auszuhandeln. 1995 trat Moskau auf
| die Bremse, aber es war zu spät – der Damm brach und fegte alle
| Vorbehalte gegen die westlichen Expansionsbestrebungen hinweg.
|
| 1997 unterzeichnete das wirtschaftlich schwache und vom Westen völlig
| abhängige Russland die Grundakte über gegenseitige Beziehungen,
| Zusammenarbeit und Sicherheit mit der NATO. Moskau gelang es, dem Westen
| bestimmte Zugeständnisse abzuringen, wie etwa die Zusage, keine großen
| militärischen Einheiten in die neuen Mitgliedstaaten zu entsenden. Gegen
| diese Verpflichtung hat die NATO konsequent verstoßen. Eine weitere
| Vereinbarung bestand darin, diese Gebiete frei von Atomwaffen zu
| halten. Die USA hätten dies ohnehin nicht gewollt, da sie versucht
| hatten, sich von einem möglichen Atomkonflikt in Europa so weit wie
| möglich zu distanzieren (trotz der Wünsche ihrer Verbündeten), da dies
| zweifellos einen Atomschlag gegen Amerika zur Folge hätte. In
| Wirklichkeit legitimierte das Dokument die Expansion der NATO. ...
| Es ist sehr bedauerlich, dass wir uns nie getraut haben, es
| offen auszusprechen – die NATO war zu einem Aggressor geworden, der
| zahlreiche Kriegsverbrechen begangen hat. Dies wäre eine ernüchternde
| Wahrheit für verschiedene politische Kreise in Europa gewesen, wie zum
| Beispiel in Finnland und Schweden, wo einige über die Vorteile eines
| Beitritts zur Organisation nachdenken....
| Aber was haben wir von diesem System? Vor allem jetzt, da es
| offensichtlich geworden ist, dass es Konfrontationen an unseren
| westlichen Grenzen und in der ganzen Welt hervorruft und
| eskaliert. ...
| Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
| ist überholt. Sie wird von der NATO und der EU dominiert, die die
| Organisation nutzen, um die Konfrontation in die Länge zu ziehen und die
| politischen Werte und Normen des Westens allen anderen
| aufzuzwingen. ...
| Einst galt die OSZE als
| nützliche Organisation, die das UN-System und die UN-Prinzipien auf
| einem wichtigen Subkontinent fördern sollte. Dazu ist es nicht
| gekommen.
| Was die NATO betrifft, so ist es ganz klar, was wir tun
| sollten. Wir müssen die moralische und politische Legitimität des Blocks
| untergraben und jede institutionelle Partnerschaft ablehnen, da ihre
| Kontraproduktivität offensichtlich ist. Nur das Militär sollte weiterhin
| kommunizieren, aber als Hilfskanal, der den Dialog mit dem
| Verteidigungsministerium und den Verteidigungsministerien der führenden
| europäischen Staaten ergänzt. ...
|
| Politik für das Russland von morgen
|
| ... Eine Eskalation der
| Konfrontation ist nicht zu befürchten: Wir haben gesehen, wie die
| Spannungen selbst dann zunahmen, als Russland versuchte, die westliche
| Welt zu beschwichtigen. Wir sollten uns auf eine stärkere Gegenwehr des
| Westens vorbereiten; außerdem sollte Russland in der Lage sein, der Welt
| eine langfristige Alternative anzubieten – einen neuen politischen
| Rahmen, der auf Frieden und Zusammenarbeit beruht.
In Zeiten nicht nur von Kriegen, die auch „konventionell" katastrophal
sein können, sondern auch von möglichen Atomkriegen, dürfte das eine
leichtsinnige Konzeption sein.
| Natürlich ist es
| sinnvoll, unsere Partner von Zeit zu Zeit daran zu erinnern, dass es zu
| all dem eine für beide Seiten vorteilhafte Alternative gibt. Wenn
| Russland eine vernünftige, aber durchsetzungsfähige Politik betreibt
| (auch im eigenen Land), wird es die jüngste Welle der westlichen
| Feindseligkeit erfolgreich (und relativ friedlich) überwinden. ...
| Wir dürfen nicht zulassen, dass die Ukraine zu einer
| Sicherheitsbedrohung für Russland wird. Allerdings wäre es
| kontraproduktiv, zu viele administrative und politische (ganz zu
| schweigen von wirtschaftlichen) Ressourcen darauf zu verwenden. Russland
| muss lernen, diese instabile Situation aktiv zu steuern und in Grenzen
| zu halten.
Das ist momentan wohl gerade nicht gelungen: Der Krieg könnte Russland
sehr hart fordern.
| ... Es ist höchste Zeit,
| dass wir aufhören, Zbigniew Brzezińskis unaufrichtige – und so
| auffallend polnische – Behauptung zu wiederholen, Russland könne ohne
| die Ukraine keine Großmacht sein. Das Gegenteil ist viel näher an der
| Wahrheit: Russland kann keine Großmacht sein, wenn es durch eine
| zunehmend schwerfällige Ukraine belastet wird – ein politisches Gebilde,
| das von Lenin geschaffen wurde und später unter Stalin nach Westen
| expandierte.
Genau so ist Russlands Politik momentan nicht. Oder ist diese Politik in
diesen Tagen aus dem Ruder gelaufen?
| Der vielversprechendste Weg für Russland liegt in der
| Entwicklung und Stärkung der Beziehungen zu China. Eine Partnerschaft
| mit Peking würde das Potenzial beider Länder um ein Vielfaches
| steigern. ...
Ob China ein Partner ist, der Russland ganz selbstlos zur Seite stehen
wird?
| Wenn es an der Zeit ist, ein
| neues europäisches Sicherheitssystem zu schaffen, das das gefährlich
| überholte bestehende System ersetzt, muss dies im Rahmen eines größeren
| eurasischen Projekts geschehen. Aus dem alten euro-atlantischen System
| kann nichts Sinnvolles hervorgehen.
Das bleibt sehr vage ...
| Es versteht sich von selbst, dass der
| Erfolg die Entwicklung und Modernisierung des wirtschaftlichen,
| technologischen und wissenschaftlichen Potenzials des Landes voraussetzt
| – alles Säulen der militärischen Macht eines Landes, die das Rückgrat
| der Souveränität und Sicherheit jeder Nation bleibt. Russland kann
| nicht erfolgreich sein, ohne die Lebensqualität für die Mehrheit seiner
| Bevölkerung zu verbessern: Dazu gehören der allgemeine Wohlstand, das
| Gesundheitswesen, die Bildung und die Umwelt. Die Einschränkung der
| politischen Freiheiten, die in der Konfrontation mit dem kollektiven
| Westen unvermeidlich ist, darf sich auf keinen Fall auf den geistigen
| Bereich erstrecken. Das ist schwierig, aber machbar.
Einerseits eingeschränkte Demokratie, andererseits geistige Freiheit für
Kultur, Wissenschaft und so weiter? Solch ein politisches System ist
schwer vorstellbar.
| ... Wir müssen damit beginnen, auf
| geistige Unabhängigkeit hinzuarbeiten, nachdem wir militärische
| Sicherheit und politische und wirtschaftliche Souveränität erreicht
| haben. In der neuen Welt ist es obligatorisch, sich zu entwickeln und
| Einfluss zu nehmen. Michail Remisow, ein prominenter russischer
| Politikwissenschaftler, war meines Wissens der erste, der dies als
| "intellektuelle Dekolonisierung" bezeichnete. Nachdem wir jahrzehntelang
| im Schatten des importierten Marxismus gestanden haben, haben wir in
| Wirtschaft und Politikwissenschaft und bis zu einem gewissen Grad auch
| in der Außen- und Verteidigungspolitik den Übergang zu einer anderen
| fremden Ideologie der liberalen Demokratie eingeleitet . ...
(Den Rest weggelassen ...)
|
| Sergei Karaganow ist Ehrenvorsitzender des russischen Rates für Außen-
| und Verteidigungspolitik und wissenschaftlicher Betreuer an der
| Hochschule für Internationale Wirtschaft und Außenpolitik (HSE) in
| Moskau. Dieser Artikel ist zuerst online in der Zeitschrift Russia in
| Global Affairs erschienen.
`----
Liest sich besonderer, als es zu sein scheint. Im der Moderne hinterher
laufenden Russland des 19. Jahrhunderts soll es zwei Denkschulen gegeben
haben: die einen sagt, man müsse, um zu Europa aufzuholen, von Europa
lernen, sie sollen „die Westler" geschimpft worden sein. Und dann soll
es andere gegeben haben, die tief ins eigene Slawentum graben wollten,
um dort einen besonderen russischen Weg zu finden.
Putin hat man um 2000 zu den „Westlern" gerechnet, er sollte den
Anschluss besorgen. Das hat nicht geklappt. Nun ist turnusgemäß die
andere Richtung an der Reihe.
Karaganow will die politischen Verbindungen zum Westen so weit wie
möglich reduzieren. McFaul, einstmals Berater Obamas in Sachen Russland
und Botschafter in Moskau, will das auch
https://friedenslage.blogspot.com/2021/01/friedenslage-21012021-2047.html. Insofern
ähnlich. „Was immer wir machen, sie randalieren doch!" Da können wir
gleich tun, was wir uns einfällt und was wir wollen. Was immer es an
politischen Einrichtungen in Europa gibt, die für Russland von Bedeutung
sein könnten, an denen man beteiligt ist oder auch nicht, ist so weit
wie möglich in seiner Bedeutung zu reduzieren. Ob es die OSZE ist, die
Charta von Paris, die EU oder die Nato: Nichts davon darf dadurch, dass
Russland mitmacht, gestärkt werden. Es ist sowieso alles gleichgültig,
was in den anderen Ländern passiert, Ausnahme Ukraine. Aber auch dieses
vom Westen paralysierte Land ist letztlich egal. (Sieht Putin anders,
mit gravierenden Folgen.)
Stattdessen ist ein eurasisches Sicherheitssystem aufzubauen: Zum einen
müssen die Länder des alten Zarenreiches und der Sowjetunion wieder
eingesammelt werden, denn deren lokale und nationale Eliten haben
keinerlei Erfahrung darin einen Staat anständig zu leiten. Danach oder
gleichzeitig muss ein Bündnis mit China aufgebaut werden, darüber, wie
das aussieht, erfährt man in dem Text allerdings wenig.
Zur Demokratie nur ein paar kryptische Aussagen, sie sei ein Import aus
fremden Ländern und Geisteswelten, anderseits brauche man
Geistesfreiheit. Mit solchen Gedanken lässt sich vielleicht ein
politisches System basteln wie das deutsche Kaiserreich im
19.Jahrhundert: Etwas politische Beteiligung durch ein letztlich nicht
entscheidendes Parlament, eine straffe leistungsfähige Verwaltung und
der Aufbau eines effizienten Schul- und Hochschulsystems, dazu jede
Menge wirtschaftlicher Freiheit und auch Meinungsfreiheit, soweit sie
gewisse Grenzen respektiert. Das war, heute wird über die Wilhelms ja
meist schlecht gesprochen, weil man sie vom Ende her sieht, durchaus
eines der leistungsfähigeren politischen Systeme. Aber, muss man ja auch
sagen, im Wettbewerb mit den angelsächsischen Systemen dann doch
unterlegen.
Man sieht, der Text geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Aber es wäre zu
einfach, daraus nur einen bösen Vorwurf zu machen. Denn solche
Rückgriffe gibt es auch in anderen Ländern.
Legt man die Landkarten der aktuellen polnischen „Drei-Meeres-Initiative"
https://de.wikipedia.org/wiki/Drei-Meere-Initiative, des polnischen
„Zwischenmeer"-Konzepts https://de.wikipedia.org/wiki/Mi%C4%99dzymorze
des Marschalls Józef Piłsudski aus den 1920er Jahren und des
polnisch-litauischen Jagiellonen-Reichs
https://en.wikipedia.org/wiki/Polish_Golden_Age übereinander, gibt es
durchaus Ähnlichkeiten.
Es scheint also so, dass die Vorstellung der Jahre 199x, dass die
Länder im Osten sich langsam, aber sicher an die westeuropäischen
Moderne auch in ihrem Geistesleben, in ihrer Nationalideologie
anschließen würden, von vornherein falsch war. Der Zusammenbruch des
Realsozialismus führte vielmehr zu einer Rückkehr noch älterer
nationaler Konzepte.
Erstaunlicher ist vielmehr unsere Wahrnehmung: Wenn es um Russland geht,
wird solch eine Orientierung sofort wahrgenommen und in alles hinein
interpretiert, was in Russland geschieht. Bei Ungarn und Polen wird es
in ihrer Innenpolitik durchaus wahrgenommen, der nationalistische
Charakter der polnischen Außenpolitik wird schlicht ignoriert. Ich habe
auf twitter einige Polen, mit denen ich zufällig Kontakt hatte, nach den
Gründen für ihre Russland-Feindschaft gefragt. Sie konnten keinen
einzigen konkreten Konflikt nennen, selbst ihre Erfahrung mit dem
Stalinismus wurde nicht benannt. Über ein „das war schon immer so" ging
es nicht hinaus, vielleicht noch Hinweise auf die Unterdrückung durch
die Zaren, während die preußische Herrschaft in Westpolen kein Thema
war.
Die Geschichte wird also sehr selektiv erinnert, unter Zuhilfenahme von
Denkmustern vergangener Zeiten, andere scheinen nicht zu Verfügung zu
stehen.
Zum russischen Text zurück: Es ist, man kann es wohl so sagen, die
Ideologie eines Schwellenlandes. Vom Entwicklungsland unterscheidet es
sich durch Sektoren moderner Industrie, zigfacher Spitzenleistungen, von
einem modernen westlichen Land durch das Fehlen einer in den
Jahrhunderten gewachsenen bürgerlicher Kultur, die ihre eigenen
gesellschaftlichen Verkehrsformen und Institutionen hervor gebracht
hat. Insofern wird dieses System noch nicht einmal die
zivilgesellschaftliche Moderne des zweiten deutschen Kaiserreichs
hervorbringen. Ein Weg in die Irre.
Hier noch einmal die Quelle
https://de.rt.com/meinung/132433-sergei-karaganow-russlands-neue-aussenpolitik/
Ein andere Kommentierung dieses Textes, auch zur schnellen Orientierung
geeignet.
https://www.heise.de/tp/features/Eine-Strategie-fuer-Putin-Weltmachtstatus-durch-konstruktive-Zerstoerung-6527756.html?seite=all
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Samstag, 26. Februar 2022
Friedenslage am 26.02.2022 (21:30:41)
„Russischer Angriff auf die Ukraine: Zeitenwende für die
euro-atlantische Sicherheit"
https://www.swp-berlin.org/publikation/zeitenwende-fuer-die-euro-atlantische-sicherheit
,----
| Der russische Angriff auf die Ukraine wird über den militärischen
| Konflikt hinaus schwerwiegende Folgen für die euro-atlantische
| Sicherheit haben. In einer ersten multiperspektivischen Lageanalyse
| nimmt die SWP eine Einordnung vor im Hinblick auf die russische
| Innenpolitik, die Situation in der Ukraine, westliche Sanktionen und die
| Antwort der Nato, Chinas Rolle und das Völkerrecht.
`----
Aber natürlich Null selbstkritische Analyse: Was hat der Westen auf
diesem Weg falsch gemacht? Vor allem nicht die Frage: Wie konnte es
geschehen, dass der Westen zwar die Ukraine dem russischen Bären zum
Fraß vorwirft, sich selbst aber fein raus hält? Oder ist der Krieg von
vornherein „vietnamisiert" worden, wie man das damals nannte, als die
geschlagene US-Army sich zurückzog und die südvietnamesische Armee
allein in die Niederlage schickte.
Zweifellos wird dieser Krieg sich als außenpolitische Katastrophe für
Russland herausstellen. Jedoch auch für die USA, ja den Westen
insgesamt: Nun weiß jeder, der es wissen will, dass diese Staaten andere
Staaten ohne Hemmungen der Gefahr eines großen Kriegs aussetzen, sich
selbst aber fix in die Büsche schlagen, wenn es darauf an käme. Mit dem
Unterschied, dass es den USA noch gelingen kann, einen Teil der Last auf
ihre europäischen Verbündeten und Freunde abzuwälzen, von denen die
dümmeren auch noch drum betteln, sich selbst aber fein raus
halten. Insofern auch eine politische Niederlage für die USA, jeder
sieht ihre egoistische Unzuverlässigkeit.
Karten und empirisches Material, gedacht für tägliche Informationen
https://www.nzz.ch/visuals/ukraine-die-invasion-russlands-in-karten-und-grafiken-ld.1671603
Vielerlei lesenswertes oder auch nicht. Man kann sich mit zu viel ja
auch verrückt machen.
https://www.theguardian.com/commentisfree/2022/feb/24/russia-invasion-ukraine-europe-ukrainians?CMP=Share_iOSApp_Other
https://www.freitag.de/autoren/wolfgangmichal/russland-was-die-ostukraine-mit-katalonien-zu-tun-hat
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/an-warnungen-vor-diesem-ukraine-krieg-hat-es-nicht-gemangelt
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/ukraine-konflikt-die-ultimative-antwort
https://www.imi-online.de/2022/02/24/organisierter-aufmarsch/
https://www.imi-online.de/2022/02/24/die-dummheit-des-krieges-und-der-aufruestung-der-nato/
https://www.tagesspiegel.de/politik/der-krieg-in-der-ukraine-hat-globale-folgen-wir-sind-zeitzeugen-einer-tektonischen-verschiebung/28105166.html
https://www.heise.de/tp/features/Das-waere-das-Ende-des-heutigen-Deutschlands-6526084.html
https://www.presseportal.de/pm/2790/5155990
https://www.infosperber.ch/politik/putin-muss-sich-nicht-fuerchten-der-westen-ist-ein-maulheld/
https://taz.de/Deutschlands-Fehleinschaetzung-von-Putin/!5834219/
https://www.cicero.de/aussenpolitik/lothar-de-maiziere-russland-ukraine-nato
https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-02/friedensbewegung-russland-ukraine-krieg-solidarisierung/komplettansicht
https://nationalinterest.org/feature/how-west-got-russia-and-ukraine-wrong-200845
https://www.broeckers.com/2022/02/25/warum-ich-noch-immer-putinversteher-bin/
--
https://friedenslage.blogspot.com/
euro-atlantische Sicherheit"
https://www.swp-berlin.org/publikation/zeitenwende-fuer-die-euro-atlantische-sicherheit
,----
| Der russische Angriff auf die Ukraine wird über den militärischen
| Konflikt hinaus schwerwiegende Folgen für die euro-atlantische
| Sicherheit haben. In einer ersten multiperspektivischen Lageanalyse
| nimmt die SWP eine Einordnung vor im Hinblick auf die russische
| Innenpolitik, die Situation in der Ukraine, westliche Sanktionen und die
| Antwort der Nato, Chinas Rolle und das Völkerrecht.
`----
Aber natürlich Null selbstkritische Analyse: Was hat der Westen auf
diesem Weg falsch gemacht? Vor allem nicht die Frage: Wie konnte es
geschehen, dass der Westen zwar die Ukraine dem russischen Bären zum
Fraß vorwirft, sich selbst aber fein raus hält? Oder ist der Krieg von
vornherein „vietnamisiert" worden, wie man das damals nannte, als die
geschlagene US-Army sich zurückzog und die südvietnamesische Armee
allein in die Niederlage schickte.
Zweifellos wird dieser Krieg sich als außenpolitische Katastrophe für
Russland herausstellen. Jedoch auch für die USA, ja den Westen
insgesamt: Nun weiß jeder, der es wissen will, dass diese Staaten andere
Staaten ohne Hemmungen der Gefahr eines großen Kriegs aussetzen, sich
selbst aber fix in die Büsche schlagen, wenn es darauf an käme. Mit dem
Unterschied, dass es den USA noch gelingen kann, einen Teil der Last auf
ihre europäischen Verbündeten und Freunde abzuwälzen, von denen die
dümmeren auch noch drum betteln, sich selbst aber fein raus
halten. Insofern auch eine politische Niederlage für die USA, jeder
sieht ihre egoistische Unzuverlässigkeit.
Karten und empirisches Material, gedacht für tägliche Informationen
https://www.nzz.ch/visuals/ukraine-die-invasion-russlands-in-karten-und-grafiken-ld.1671603
Vielerlei lesenswertes oder auch nicht. Man kann sich mit zu viel ja
auch verrückt machen.
https://www.theguardian.com/commentisfree/2022/feb/24/russia-invasion-ukraine-europe-ukrainians?CMP=Share_iOSApp_Other
https://www.freitag.de/autoren/wolfgangmichal/russland-was-die-ostukraine-mit-katalonien-zu-tun-hat
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/an-warnungen-vor-diesem-ukraine-krieg-hat-es-nicht-gemangelt
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/ukraine-konflikt-die-ultimative-antwort
https://www.imi-online.de/2022/02/24/organisierter-aufmarsch/
https://www.imi-online.de/2022/02/24/die-dummheit-des-krieges-und-der-aufruestung-der-nato/
https://www.tagesspiegel.de/politik/der-krieg-in-der-ukraine-hat-globale-folgen-wir-sind-zeitzeugen-einer-tektonischen-verschiebung/28105166.html
https://www.heise.de/tp/features/Das-waere-das-Ende-des-heutigen-Deutschlands-6526084.html
https://www.presseportal.de/pm/2790/5155990
https://www.infosperber.ch/politik/putin-muss-sich-nicht-fuerchten-der-westen-ist-ein-maulheld/
https://taz.de/Deutschlands-Fehleinschaetzung-von-Putin/!5834219/
https://www.cicero.de/aussenpolitik/lothar-de-maiziere-russland-ukraine-nato
https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-02/friedensbewegung-russland-ukraine-krieg-solidarisierung/komplettansicht
https://nationalinterest.org/feature/how-west-got-russia-and-ukraine-wrong-200845
https://www.broeckers.com/2022/02/25/warum-ich-noch-immer-putinversteher-bin/
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Donnerstag, 24. Februar 2022
Friedenslage am 24.02.2022 (15:49:47)
Zu den heutigen Militärschlägen Russlands gegen die Ukraine
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/ukraine-konflikt-die-ultimative-antwort
,----
| Was ihn seit 2014 – mal mehr, mal weniger, zuletzt aber heftig –
| zuspitzte: Russland durfte nicht teilhaben an der nach 1990 errichteten
| Sicherheitsordnung. Nun errichtet es eine eigene, seinen Regeln
| gehorchend, zu denen der Einsatz militärischer Gewalt gehört, um sich
| Geltung zu verschaffen. Machtentfaltung steht über dem Völkerrecht. Auch
| das ist fast so etwas wie ein Gesetz der Geschichte, dass Länder, die um
| ihre strategischen Kerninteressen fürchten, zu härtesten Maßnahmen
| greifen können.
|
| Alle sonstigen Optionen, vor allem die diplomatischen, werden in Moskau
| inzwischen offenbar als sinnlos und unergiebig betrachtet. Man muss der
| Regierung Putin zugestehen, dass sie mit ihren den USA und der NATO im
| Dezember zugesandten Vertragsentwürfen über gegenseitige (!)
| Sicherheitsgarantien den Versuch der politischen Entspannung
| unternahm. Und man sollte sich erinnern, dass sie die ihr zugegangenen
| Antworten als unzureichend und ungeeignet eingestuft hat, um in
| substantielle Verhandlungen einzutreten. Wenn die Bundesregierung in
| Berlin auch ständig beteuert hat, man wolle eine diplomatische Lösung,
| hat sie doch nichts dafür getan, dass es die geben konnte. Vielmehr
| wurde in den entscheidenden Fragen – der NATO-Osterweiterung und der
| Verlagerung von militärischer Infrastruktur in osteuropäische
| NATO-Länder – gemauert und auf dem Status quo beharrt.
`----
Vorab, weil in unserer - s. Kriege gegen Jugoslawien, den Irak und
Libyen - so rechtstreuen Welt dieses Mal immer erst ein Bekenntnis zum
Völkerrecht verlangt wird: Hiermit
,----UN-Charta
| Artikel 51
|
| Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen
| ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht
| zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der
| Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen
| Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat. Maßnahmen, die ein
| Mitglied in Ausübung dieses Selbstverteidigungsrechts trifft, sind dem
| Sicherheitsrat sofort anzuzeigen; sie berühren in keiner Weise dessen
| auf dieser Charta beruhende Befugnis und Pflicht, jederzeit die
| Maßnahmen zu treffen, die er zur Wahrung oder Wiederherstellung des
| Weltfriedens und der internationalen Sicherheit für erforderlich hält.
`----
können die Maßnahmen Russlands nicht begründet werden. Weder hat die
Ukraine Russland militärisch angegriffen noch sind die von Russland seit
ein paar Tagen anerkannten „Volkrepubliken" Mitglieder der Uno. Diese
Militäreinsätze - ob es ein richtiger Krieg ist, werden die nächsten
Tage zeigen - setzen die vom Westen im Jugoslawien-Krieg von 1999
begonnene Beschädigung des Völkerrechts fort. Schon deshalb sind sie
schlecht.
Allerdings: Zum Verständnis der Entwicklung der letzten Wochen, müssen
auch andere Sichtweisen als die rechtlichen her. Zu den Forderungen
Russlands gehört es, dass Kiew das Abkommen Minsk2 aktiv mit durchführt.
,----
| 4b. Es ist unverzüglich, innerhalb von 30 Tagen nach der Unterzeichnung
| dieses Dokuments, von der Obersten Rada der Ukraine ein Beschluss
| darüber zu verabschieden, bei dem das Territorium bezeichnet wird, auf
| das sich die besonderen Regelungen in Entsprechung mit dem ukrainischen
| Gesetz „Über die zeitweilige Ordnung der lokalen Selbstverwaltung in
| einzelnen Gebieten der Oblaste Donezk und Lugansk" beziehen, [und das]
| auf Grundlage der Linie, die im Minsker Memorandum vom 19. September
| 2014 definiert ist.
|
| 11. Durchführung einer Verfassungsreform in der Ukraine und Inkrafttreten
| einer neuen Verfassung bis Ende 2015. [Diese Verfassung muss] als
| Schlüsselelement eine Dezentralisierung (unter Berücksichtigung der
| Besonderheiten einzelner Gebiete der Oblaste Donezk und Lugansk)
| aufweisen, die mit den Vertretern dieser Gebiete abgestimmt ist, ebenso
| die Verabschiedung eines ständigen Gesetzes über den besonderen Status
| einzelner Gebiete der Oblaste Donezk und Lugansk in Entsprechung mit
| Maßnahmen, die in den Anmerkungen aufgeführt sind¹, bis zum Ende des
| Jahres 2015.
`----
Es wird darauf verwiesen, dass die Reihenfolgen der nach dem Abkommen
durchzuführenden Maßnahmen nicht klar geregelt ist. Aber das ändert
nichts daran, dass die ukrainische Seite eine Verfassungsreform 2015
zwar in Angriff genommen, aber nicht durchgeführt hat. Und sie hat sich
geweigert, Angehörige aus den den Oblasten Donezk und Lugansk an den
Gesprächen über eine neue Verfassung zu beteiligen. Denn damit würde sie
anerkennen, dass der Krieg ein Bürgerkrieg ist: Die illegale Regierung
von 2014 und deren Nachfolger gegen den Osten des Landes, der sich
dieser Regierung nicht nur nicht anschließen will, sondern Verhandlungen
auf Augenhöhe verlangt, eigentlich schon ein Zugeständnis dieser
Seite. Der Forderung aus Kiew, Russland möge sich als Partei an den
Gesprächen beteiligen, ist wiederum für Moskau unannehmenbar, denn dann
würde Russland sich selbst als Besatzungsmacht einordnen.
Dabei verhält sich Kiew so, als hätte es diese Gebiete schon längst
aufgegeben. Es blockiert sie wirtschaftlich:
,----https://www.swp-berlin.org/en/publication/donbas-konflikt-schwieriger-friedensprozess
| Auch die wirtschaftliche Blockade der nicht von der ukrainischen
| Regierung kontrollierten Gebiete (im Folgenden als NRKG bezeichnet) ab
| Frühjahr 2017 war ein wichtiger Einschnitt im Verlauf des Konflikts. Sie
| ging zunächst von rechtsgerichteten Veteranen und Aktivisten in der
| Ukraine aus, die gegen den »Bluthandel« mit den NRKG protestierten, weil
| er die separatistischen Regime am Leben erhalte. Die Regierung in Kyiw
| argumentierte zunächst gegen eine Isolation der Gebiete und verwies auf
| wirtschaftliche wie humanitäre Konsequenzen. Sie konnte dem Druck jedoch
| nicht standhalten. Am 15. März 2017 unterband sie offiziell den
| wirtschaftlichen Austausch mit den NRKG. Anfang des Monats hatten die
| Machthabenden in Donezk und Luhansk 40 Unternehmen, die bis dahin noch
| in den von Kyiw kontrollierten Gebieten (RKG) registriert waren, unter
| »zeitweise externe Verwaltung« gestellt, was de facto einer Enteignung
| gleichkam.17 Beide Seiten waren in der Folge gezwungen, sich den neuen
| Realitäten anzupassen. Für die Ukraine waren die wirtschaftlichen
| Auswirkungen weniger hart als zunächst befürchtet.18 In den NRKG jedoch
| brach die industrielle Produktion zusammen, was schwerwiegende Folgen
| für die ökonomische Lage hatte. Abgesehen von Schmuggel und
| Schwarzhandel sind die RKG und die NRKG heute wirtschaftlich vollständig
| voneinander isoliert.
`----
Merkwürdigerweise wird diese Blockade bei der Kritik der russischen
Passport-Politik vergessen.
https://www.swp-berlin.org/publikation/russlands-passportisierung-des-donbas
Die letzten Verhandlungen im Normandie-Format
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/verhandlungen-zu-ostukraine-im-normandie-format-stocken-17798908.html
haben in dieser Frage keine Annäherung gebracht.
Es schien zunächst so, als ob Bundeskanzler Scholz in der Frage der
Durchführung des Minsker Abkommens einen Durchbruch erzielt hätte.
,----https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/newsletter-verbraucherschutz/kanzler-scholz-ukraine-2004958
| Bundeskanzler Scholz und Präsident Selensky waren sich einig, dass das
| Normandie-Format neben den Gesprächen zwischen den USA und Russland, im
| NATO-Russland Rat sowie der OSZE einen wichtigen Beitrag im
| Dialogprozess für die Gespräche mit Russland darstellt. Bundeskanzler
| Scholz sagte: „Es ist ohne Frage ein schwieriger Prozess, aber ich bin
| überzeugt: Diese Mühe lohnt sich." Er begrüßte in diesem Zusammenhang
| die Bereitschaft der Ukraine, nun zeitnah entsprechende Gesetzesentwürfe
| zum Sonderstatus, zur Verfassungsänderung und zum Wahlrecht vorzulegen,
| um die Gespräche im Rahmen der Minsker Vereinbarungen voranbringen und
| konkretisieren zu können.
`----14.02.2022
Allerdings hatte Scholz nur ein Versprechen zu einem Entwurf im
Gepäck. Vom Beginn einer gesetzgeberischen Behandlung ist nichts
bekannt. Das ist insofern von Bedeutung, als Poroshenko, Selenskijs
Amtsvorgänger, einen ähnlichen Entwurf zwar schon 2015 ins Verfahren
gebracht hatte, damit jedoch im Parlament gescheitert war. Von einer
Beteiligung von Repräsentanten aus den „Volksrepubliken" war wieder
nicht die Rede. Das war sehr wenig, zu wenig, wie sich jetzt
herausstellte.
Es wäre interessant zu erfahren, was Scholz und Putin miteinander
gesprochen haben: Was hat Putin zu diesem Angebot gesagt? Hat er gesagt,
wie RU handeln wird, wenn es bei diesem Angebot bleibt? Hat Scholz nach
dem Gespräch also eine Ahnung davon haben können, was passieren kann?
Es scheint so, als ob Putin danach noch die Münchner
Sicherheitskonferenz abgewartet hat. Von dort kamen keine Signale, stattdessen
redete man sich mit Plänen über Sanktionen gegenseitig Mut zu.
Die Anerkennung der „Volksrepubliken" durch Moskau ist völkerrechtlich
ohne Belang. Was zählt, ist eine Anerkennung durch die UNO und ihre
wichtigen Staaten. Was nicht in dieser Weise rechtlich anerkannt ist,
ist rechtlich nicht vorhanden.
Was aber nichts an der politischen Bedeutung dieser Anerkennungen
ändert. Sie schafft ein militärisches Bündnis
https://www.berliner-zeitung.de/welt-nationen/donbass-region-ratifiziert-abkommen-mit-russland-li.213226
Jeder Angriff auf eines dieser Territorium war politisch nun ein Angriff
auf Russland, eine entsprechende Reaktion war und ist zu erwarten.
Vielleicht hat Putin gehofft, dass Kiew sich nun zurück hält. Das ist,
nach allem, was man mitbekommt - ohne dass man sicher sein kann, Fakes
sind allüberall - nicht geschehen.
https://www.osce.org/files/2022-02-23%20Daily%20Report_ENG.pdf?itok=47241
Dieses Verhalten der Kiewer Regierung wäre unverständlich, hat sie doch
auf der Münchener Sicherheitskonferenz klipp und klar mitgeteilt
bekommen, dass der Westen zwar bereit ist, bis zum letzten ukrainischen
Soldaten kämpfen zu lassen, sich selbst auf Materiallieferungen zu
beschränken. Kiew ist im Zweifel noch schlechter dran als Kabul.
Wenn diese Steigerung der Aktivität in der Region von der Kiewer-Seite
her rührt - worüber der OSZE-Report keine Auskunft gibt -, stand Putin
vor der Alternative:
( 1) Russland wird Teil eines lang andauernden Kleinkriegs in der
Ostukraine, dann hat sich die Lage für Russland verschlechtert, ohne
dass sie sich für die „Volkrepubliken" verbessert hätte. Oder
( 2) Russland versucht, mit weit reichenden Militärschlägen die
ukrainische Armee in einen Zustand der Handlungsunfähigkeit zu
versetzen, um auf diese Weise Ruhe an der ostukrainischen Front zu
erzwingen. Nachteil: Eine Eskalation der Sanktionen aus dem Westen in
bislang unbekannten Ausmaß, das Ende aller Gespräche mindestens bis zum
Ende der Präsidentschaft Putins. Damit das Aus für jede andere Regelung
in der nächsten und mittleren Zukunft.
Vielleicht gibt es auch noch ein (3): Die Ausweitung der Militärschläge
zu einem richtigen Krieg.
Wie auch immer: Ein Befreiungsschlag dürfte Putin nicht gelungen
sein. Mir scheint, er überschätzt seine langfristigen strategischen
Möglichkeiten.
Letztlich richtig
https://www.imi-online.de/2022/02/23/ukraine-krise-friedenspolitik-statt-eskalation/
Aber für eine Kampagne womöglich um zu viele Ecken gedacht.
,----
| Die Anerkennung von Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten durch
| Russland und die Entsendung von Militär ist ein Bruch des
| Minsk-II-Abkommens, das durch UN-Sicherheitsratsbeschluss
| Völkerrechtstatus hat. Dies dreht die Eskalationsschraube weiter nach
| oben, erhöht die Spannungen und verschärft das Kriegsrisiko.
|
| Diese Entscheidungen sind die Reaktion Russlands darauf, dass die
| Ukraine die Umsetzung von Minsk II mit Duldung des Westens seit acht
| Jahren blockiert und eine Veränderung dieser Situation und der damit
| verbundenen unerträglichen Lage der Menschen in der Ostukraine nicht
| erreichbar erschien. Wir fordern sowohl von der Ukraine, als auch von
| Russland und dem Westen zu Minsk II zurückzukehren und auf dieser Basis
| über eine politische Lösung der Krise zu verhandeln.
|
| Der Schritt Moskaus war die Reaktion darauf, dass die USA und die NATO
| nicht bereit waren, ernsthaft auf Verhandlungen über die legitimen
| Sicherheitsinteressen Moskaus einzugehen, die Moskau im Dezember
| vorschlug. Die europäischen NATO-Verbündeten haben sich der US-Politik
| angeschlossen, nicht nur mit Worten, wie zuletzt auf der Münchener
| Sicherheitskonferenz, sondern im Falle Großbritanniens, Frankreichs,
| Polens u.a. durch Waffenlieferungen oder die Verlegung von
| Militärpersonal.
|
| Die erneute Verschärfung der Krise unterstreicht, wie dringend
| Deeskalation und Diplomatie sind. Sie zeigt, wohin es führt, wenn das
| Prinzip der ungeteilten, gemeinsamen Sicherheit ignoriert wird und
| stattdessen einseitig vollendete Tatsachen geschaffen werden.
`----
Artikel von gestern, schon außerhalb der Zeit, aber dennoch wert,
gelesen zu werden:
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/ukraine-konflikt-gewagter-schachzug
https://www.rationalgalerie.de/home/anerkennung-ukrainischer-republiken
https://taz.de/Politologe-zu-Putins-Eskalation/!5837350/
--
https://friedenslage.blogspot.com/
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/ukraine-konflikt-die-ultimative-antwort
,----
| Was ihn seit 2014 – mal mehr, mal weniger, zuletzt aber heftig –
| zuspitzte: Russland durfte nicht teilhaben an der nach 1990 errichteten
| Sicherheitsordnung. Nun errichtet es eine eigene, seinen Regeln
| gehorchend, zu denen der Einsatz militärischer Gewalt gehört, um sich
| Geltung zu verschaffen. Machtentfaltung steht über dem Völkerrecht. Auch
| das ist fast so etwas wie ein Gesetz der Geschichte, dass Länder, die um
| ihre strategischen Kerninteressen fürchten, zu härtesten Maßnahmen
| greifen können.
|
| Alle sonstigen Optionen, vor allem die diplomatischen, werden in Moskau
| inzwischen offenbar als sinnlos und unergiebig betrachtet. Man muss der
| Regierung Putin zugestehen, dass sie mit ihren den USA und der NATO im
| Dezember zugesandten Vertragsentwürfen über gegenseitige (!)
| Sicherheitsgarantien den Versuch der politischen Entspannung
| unternahm. Und man sollte sich erinnern, dass sie die ihr zugegangenen
| Antworten als unzureichend und ungeeignet eingestuft hat, um in
| substantielle Verhandlungen einzutreten. Wenn die Bundesregierung in
| Berlin auch ständig beteuert hat, man wolle eine diplomatische Lösung,
| hat sie doch nichts dafür getan, dass es die geben konnte. Vielmehr
| wurde in den entscheidenden Fragen – der NATO-Osterweiterung und der
| Verlagerung von militärischer Infrastruktur in osteuropäische
| NATO-Länder – gemauert und auf dem Status quo beharrt.
`----
Vorab, weil in unserer - s. Kriege gegen Jugoslawien, den Irak und
Libyen - so rechtstreuen Welt dieses Mal immer erst ein Bekenntnis zum
Völkerrecht verlangt wird: Hiermit
,----UN-Charta
| Artikel 51
|
| Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen
| ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht
| zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der
| Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen
| Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat. Maßnahmen, die ein
| Mitglied in Ausübung dieses Selbstverteidigungsrechts trifft, sind dem
| Sicherheitsrat sofort anzuzeigen; sie berühren in keiner Weise dessen
| auf dieser Charta beruhende Befugnis und Pflicht, jederzeit die
| Maßnahmen zu treffen, die er zur Wahrung oder Wiederherstellung des
| Weltfriedens und der internationalen Sicherheit für erforderlich hält.
`----
können die Maßnahmen Russlands nicht begründet werden. Weder hat die
Ukraine Russland militärisch angegriffen noch sind die von Russland seit
ein paar Tagen anerkannten „Volkrepubliken" Mitglieder der Uno. Diese
Militäreinsätze - ob es ein richtiger Krieg ist, werden die nächsten
Tage zeigen - setzen die vom Westen im Jugoslawien-Krieg von 1999
begonnene Beschädigung des Völkerrechts fort. Schon deshalb sind sie
schlecht.
Allerdings: Zum Verständnis der Entwicklung der letzten Wochen, müssen
auch andere Sichtweisen als die rechtlichen her. Zu den Forderungen
Russlands gehört es, dass Kiew das Abkommen Minsk2 aktiv mit durchführt.
,----
| 4b. Es ist unverzüglich, innerhalb von 30 Tagen nach der Unterzeichnung
| dieses Dokuments, von der Obersten Rada der Ukraine ein Beschluss
| darüber zu verabschieden, bei dem das Territorium bezeichnet wird, auf
| das sich die besonderen Regelungen in Entsprechung mit dem ukrainischen
| Gesetz „Über die zeitweilige Ordnung der lokalen Selbstverwaltung in
| einzelnen Gebieten der Oblaste Donezk und Lugansk" beziehen, [und das]
| auf Grundlage der Linie, die im Minsker Memorandum vom 19. September
| 2014 definiert ist.
|
| 11. Durchführung einer Verfassungsreform in der Ukraine und Inkrafttreten
| einer neuen Verfassung bis Ende 2015. [Diese Verfassung muss] als
| Schlüsselelement eine Dezentralisierung (unter Berücksichtigung der
| Besonderheiten einzelner Gebiete der Oblaste Donezk und Lugansk)
| aufweisen, die mit den Vertretern dieser Gebiete abgestimmt ist, ebenso
| die Verabschiedung eines ständigen Gesetzes über den besonderen Status
| einzelner Gebiete der Oblaste Donezk und Lugansk in Entsprechung mit
| Maßnahmen, die in den Anmerkungen aufgeführt sind¹, bis zum Ende des
| Jahres 2015.
`----
Es wird darauf verwiesen, dass die Reihenfolgen der nach dem Abkommen
durchzuführenden Maßnahmen nicht klar geregelt ist. Aber das ändert
nichts daran, dass die ukrainische Seite eine Verfassungsreform 2015
zwar in Angriff genommen, aber nicht durchgeführt hat. Und sie hat sich
geweigert, Angehörige aus den den Oblasten Donezk und Lugansk an den
Gesprächen über eine neue Verfassung zu beteiligen. Denn damit würde sie
anerkennen, dass der Krieg ein Bürgerkrieg ist: Die illegale Regierung
von 2014 und deren Nachfolger gegen den Osten des Landes, der sich
dieser Regierung nicht nur nicht anschließen will, sondern Verhandlungen
auf Augenhöhe verlangt, eigentlich schon ein Zugeständnis dieser
Seite. Der Forderung aus Kiew, Russland möge sich als Partei an den
Gesprächen beteiligen, ist wiederum für Moskau unannehmenbar, denn dann
würde Russland sich selbst als Besatzungsmacht einordnen.
Dabei verhält sich Kiew so, als hätte es diese Gebiete schon längst
aufgegeben. Es blockiert sie wirtschaftlich:
,----https://www.swp-berlin.org/en/publication/donbas-konflikt-schwieriger-friedensprozess
| Auch die wirtschaftliche Blockade der nicht von der ukrainischen
| Regierung kontrollierten Gebiete (im Folgenden als NRKG bezeichnet) ab
| Frühjahr 2017 war ein wichtiger Einschnitt im Verlauf des Konflikts. Sie
| ging zunächst von rechtsgerichteten Veteranen und Aktivisten in der
| Ukraine aus, die gegen den »Bluthandel« mit den NRKG protestierten, weil
| er die separatistischen Regime am Leben erhalte. Die Regierung in Kyiw
| argumentierte zunächst gegen eine Isolation der Gebiete und verwies auf
| wirtschaftliche wie humanitäre Konsequenzen. Sie konnte dem Druck jedoch
| nicht standhalten. Am 15. März 2017 unterband sie offiziell den
| wirtschaftlichen Austausch mit den NRKG. Anfang des Monats hatten die
| Machthabenden in Donezk und Luhansk 40 Unternehmen, die bis dahin noch
| in den von Kyiw kontrollierten Gebieten (RKG) registriert waren, unter
| »zeitweise externe Verwaltung« gestellt, was de facto einer Enteignung
| gleichkam.17 Beide Seiten waren in der Folge gezwungen, sich den neuen
| Realitäten anzupassen. Für die Ukraine waren die wirtschaftlichen
| Auswirkungen weniger hart als zunächst befürchtet.18 In den NRKG jedoch
| brach die industrielle Produktion zusammen, was schwerwiegende Folgen
| für die ökonomische Lage hatte. Abgesehen von Schmuggel und
| Schwarzhandel sind die RKG und die NRKG heute wirtschaftlich vollständig
| voneinander isoliert.
`----
Merkwürdigerweise wird diese Blockade bei der Kritik der russischen
Passport-Politik vergessen.
https://www.swp-berlin.org/publikation/russlands-passportisierung-des-donbas
Die letzten Verhandlungen im Normandie-Format
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/verhandlungen-zu-ostukraine-im-normandie-format-stocken-17798908.html
haben in dieser Frage keine Annäherung gebracht.
Es schien zunächst so, als ob Bundeskanzler Scholz in der Frage der
Durchführung des Minsker Abkommens einen Durchbruch erzielt hätte.
,----https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/newsletter-verbraucherschutz/kanzler-scholz-ukraine-2004958
| Bundeskanzler Scholz und Präsident Selensky waren sich einig, dass das
| Normandie-Format neben den Gesprächen zwischen den USA und Russland, im
| NATO-Russland Rat sowie der OSZE einen wichtigen Beitrag im
| Dialogprozess für die Gespräche mit Russland darstellt. Bundeskanzler
| Scholz sagte: „Es ist ohne Frage ein schwieriger Prozess, aber ich bin
| überzeugt: Diese Mühe lohnt sich." Er begrüßte in diesem Zusammenhang
| die Bereitschaft der Ukraine, nun zeitnah entsprechende Gesetzesentwürfe
| zum Sonderstatus, zur Verfassungsänderung und zum Wahlrecht vorzulegen,
| um die Gespräche im Rahmen der Minsker Vereinbarungen voranbringen und
| konkretisieren zu können.
`----14.02.2022
Allerdings hatte Scholz nur ein Versprechen zu einem Entwurf im
Gepäck. Vom Beginn einer gesetzgeberischen Behandlung ist nichts
bekannt. Das ist insofern von Bedeutung, als Poroshenko, Selenskijs
Amtsvorgänger, einen ähnlichen Entwurf zwar schon 2015 ins Verfahren
gebracht hatte, damit jedoch im Parlament gescheitert war. Von einer
Beteiligung von Repräsentanten aus den „Volksrepubliken" war wieder
nicht die Rede. Das war sehr wenig, zu wenig, wie sich jetzt
herausstellte.
Es wäre interessant zu erfahren, was Scholz und Putin miteinander
gesprochen haben: Was hat Putin zu diesem Angebot gesagt? Hat er gesagt,
wie RU handeln wird, wenn es bei diesem Angebot bleibt? Hat Scholz nach
dem Gespräch also eine Ahnung davon haben können, was passieren kann?
Es scheint so, als ob Putin danach noch die Münchner
Sicherheitskonferenz abgewartet hat. Von dort kamen keine Signale, stattdessen
redete man sich mit Plänen über Sanktionen gegenseitig Mut zu.
Die Anerkennung der „Volksrepubliken" durch Moskau ist völkerrechtlich
ohne Belang. Was zählt, ist eine Anerkennung durch die UNO und ihre
wichtigen Staaten. Was nicht in dieser Weise rechtlich anerkannt ist,
ist rechtlich nicht vorhanden.
Was aber nichts an der politischen Bedeutung dieser Anerkennungen
ändert. Sie schafft ein militärisches Bündnis
https://www.berliner-zeitung.de/welt-nationen/donbass-region-ratifiziert-abkommen-mit-russland-li.213226
Jeder Angriff auf eines dieser Territorium war politisch nun ein Angriff
auf Russland, eine entsprechende Reaktion war und ist zu erwarten.
Vielleicht hat Putin gehofft, dass Kiew sich nun zurück hält. Das ist,
nach allem, was man mitbekommt - ohne dass man sicher sein kann, Fakes
sind allüberall - nicht geschehen.
https://www.osce.org/files/2022-02-23%20Daily%20Report_ENG.pdf?itok=47241
Dieses Verhalten der Kiewer Regierung wäre unverständlich, hat sie doch
auf der Münchener Sicherheitskonferenz klipp und klar mitgeteilt
bekommen, dass der Westen zwar bereit ist, bis zum letzten ukrainischen
Soldaten kämpfen zu lassen, sich selbst auf Materiallieferungen zu
beschränken. Kiew ist im Zweifel noch schlechter dran als Kabul.
Wenn diese Steigerung der Aktivität in der Region von der Kiewer-Seite
her rührt - worüber der OSZE-Report keine Auskunft gibt -, stand Putin
vor der Alternative:
( 1) Russland wird Teil eines lang andauernden Kleinkriegs in der
Ostukraine, dann hat sich die Lage für Russland verschlechtert, ohne
dass sie sich für die „Volkrepubliken" verbessert hätte. Oder
( 2) Russland versucht, mit weit reichenden Militärschlägen die
ukrainische Armee in einen Zustand der Handlungsunfähigkeit zu
versetzen, um auf diese Weise Ruhe an der ostukrainischen Front zu
erzwingen. Nachteil: Eine Eskalation der Sanktionen aus dem Westen in
bislang unbekannten Ausmaß, das Ende aller Gespräche mindestens bis zum
Ende der Präsidentschaft Putins. Damit das Aus für jede andere Regelung
in der nächsten und mittleren Zukunft.
Vielleicht gibt es auch noch ein (3): Die Ausweitung der Militärschläge
zu einem richtigen Krieg.
Wie auch immer: Ein Befreiungsschlag dürfte Putin nicht gelungen
sein. Mir scheint, er überschätzt seine langfristigen strategischen
Möglichkeiten.
Letztlich richtig
https://www.imi-online.de/2022/02/23/ukraine-krise-friedenspolitik-statt-eskalation/
Aber für eine Kampagne womöglich um zu viele Ecken gedacht.
,----
| Die Anerkennung von Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten durch
| Russland und die Entsendung von Militär ist ein Bruch des
| Minsk-II-Abkommens, das durch UN-Sicherheitsratsbeschluss
| Völkerrechtstatus hat. Dies dreht die Eskalationsschraube weiter nach
| oben, erhöht die Spannungen und verschärft das Kriegsrisiko.
|
| Diese Entscheidungen sind die Reaktion Russlands darauf, dass die
| Ukraine die Umsetzung von Minsk II mit Duldung des Westens seit acht
| Jahren blockiert und eine Veränderung dieser Situation und der damit
| verbundenen unerträglichen Lage der Menschen in der Ostukraine nicht
| erreichbar erschien. Wir fordern sowohl von der Ukraine, als auch von
| Russland und dem Westen zu Minsk II zurückzukehren und auf dieser Basis
| über eine politische Lösung der Krise zu verhandeln.
|
| Der Schritt Moskaus war die Reaktion darauf, dass die USA und die NATO
| nicht bereit waren, ernsthaft auf Verhandlungen über die legitimen
| Sicherheitsinteressen Moskaus einzugehen, die Moskau im Dezember
| vorschlug. Die europäischen NATO-Verbündeten haben sich der US-Politik
| angeschlossen, nicht nur mit Worten, wie zuletzt auf der Münchener
| Sicherheitskonferenz, sondern im Falle Großbritanniens, Frankreichs,
| Polens u.a. durch Waffenlieferungen oder die Verlegung von
| Militärpersonal.
|
| Die erneute Verschärfung der Krise unterstreicht, wie dringend
| Deeskalation und Diplomatie sind. Sie zeigt, wohin es führt, wenn das
| Prinzip der ungeteilten, gemeinsamen Sicherheit ignoriert wird und
| stattdessen einseitig vollendete Tatsachen geschaffen werden.
`----
Artikel von gestern, schon außerhalb der Zeit, aber dennoch wert,
gelesen zu werden:
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/ukraine-konflikt-gewagter-schachzug
https://www.rationalgalerie.de/home/anerkennung-ukrainischer-republiken
https://taz.de/Politologe-zu-Putins-Eskalation/!5837350/
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Dienstag, 22. Februar 2022
Friedenslage am 22.02.2022 (14:02:45)
Selenskis Rede in München
https://www.berliner-zeitung.de/welt-nationen/selenskyj-sagt-zwischen-den-zeilen-allen-anderen-f-you-li.212916
Putins Rede wegen des Donbass
https://www.anti-spiegel.ru/2022/praesident-putins-komplette-rede-an-die-nation-im-wortlaut/
Die Ukraine und die Atomwaffen
https://www.berliner-zeitung.de/welt-nationen/harte-worte-aus-der-ukraine-verzicht-auf-atomwaffen-in-frage-gestellt-li.213103
Dekrete zur Anerkennung der „Volksrepubliken"
https://augengeradeaus.net/2022/02/dokumentation-die-dekrete-zur-anerkennung-der-volksrepubliken-donezk-und-luhansk/
Stellungnahme aus der Friedensbewegung
https://www.berliner-zeitung.de/welt-nationen/es-gibt-keine-loesung-auf-dem-schlachtfeld-li.213240
Eine sehr brauchbare Analyse zur Ursache der aktuellen Entwicklung
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/ukraine-konflikt-gewagter-schachzug
Meine unmaßgebliche Einschätzung: Weder Macron noch Scholz hatten
ernsthafte Angebote im Gepäck, nicht zur Nato-Mitgliedschaft der Nato
noch zur Verwirklichung des Minsk2-Abkommens durch Kiew. Auf der
Münchener „Sicherheits-"Konferenz gab es zwar viel über Sanktionen zu
hören, nichts jedoch zur Lösung der Krise. Und dann sagte Kamela Harris
„Unsere Kräfte werden nicht geschickt, um innerhalb der Ukraine zu
kämpfen. Aber sie werden jedes Stück NATO verteidigen." Also keine
militärische Unterstützung für die Ukraine.
https://www.n-tv.de/politik/Kamala-Harris-wirft-Russland-Luegen-und-Propaganda-vor-article23139845.html
Die Notwendigkeit zum Handeln schien Putin gegeben, die Möglichkeit nun
auch.
Kiew könnte daraus lernen, dass es nicht damit rechnen kann, bei jeden
politischen Schritt vollständig vom Westen gedeckt zu werden.
Moskau müsste jetzt irgendeinen Plan zeigen, wie es seiner Meinung nach
dieser Verschärfung weiter geht. Die Rücknahme der Anerkennungen dürfte
für Moskau nicht möglich sein, vielleicht so etwas wie eine
Außer-Vollzug-Setzung. Aber das dürfte den Westen kaum zufrieden
stellen. Eine schlichte Rückkehr zu Minsk wird es nicht geben, der
russische Weg in die Sackgasse.
Nordstream2-Zertifizierung unterbrochen
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/scholz-nordstream-101.html
,----
| Mit Blick auf die neuen Entwicklungen habe die Lage neu bewertet werden
| müssen, begründete Scholz die Entscheidung. Deshalb habe er das
| Bundeswirtschaftsministerium gebeten, die nötigen verwaltungsrechtlichen
| Schritte zu unternehmen, damit vorerst keine Zertifizierung der
| Gaspipeline erfolgen kann. Das Genehmigungsverfahren wird nun also neu
| aufgerollt - und das "wird sich sicher hinziehen", so Scholz. "Und ohne
| diese Zertifizierung kann Nord Stream 2 ja nicht in Betrieb gehen."
`----
Und wenn Russland nun sagt: ohne Nordstream2 keine Lieferungen mehr über
die anderen Rohre? Dann verkaufen wir lieber in Asien, China fragt
nach. Da Russland in den letzten Monaten gezeigt hat, dass es die
europäischen Staaten nicht als zuverlässige Gesprächs- und
Vereinbarungspartner ansieht, könnte es deshalb zu der Auffassung
kommen, dass Lieferungen in den Westen sich politisch grundsätzlich
nicht lohnen. Die Folge wäre ein massiver wirtschaftlicher Schaden in
den EU-europäischen Staaten, möglicherweise mit erheblichen politischen
Krisen im Gefolge.
Man sollte in der Politik eben nicht zocken. Hätten die EU-Staaten
2013/14 geahnt, welche Folgen die Parteinahme des Westens für den
Umsturz in der Ukraine haben wird, sie hätten still zugeschaut,
vermutlich.
Ein interessanter Gesamtüberblick
https://multipolarista.com/2022/02/17/ukraine-new-cold-war-russia-china/
,----
| Die Ukraine-Krise ist Teil des neuen Kalten Krieges gegen Russland (und
| China)
`----
--
https://friedenslage.blogspot.com/
https://www.berliner-zeitung.de/welt-nationen/selenskyj-sagt-zwischen-den-zeilen-allen-anderen-f-you-li.212916
Putins Rede wegen des Donbass
https://www.anti-spiegel.ru/2022/praesident-putins-komplette-rede-an-die-nation-im-wortlaut/
Die Ukraine und die Atomwaffen
https://www.berliner-zeitung.de/welt-nationen/harte-worte-aus-der-ukraine-verzicht-auf-atomwaffen-in-frage-gestellt-li.213103
Dekrete zur Anerkennung der „Volksrepubliken"
https://augengeradeaus.net/2022/02/dokumentation-die-dekrete-zur-anerkennung-der-volksrepubliken-donezk-und-luhansk/
Stellungnahme aus der Friedensbewegung
https://www.berliner-zeitung.de/welt-nationen/es-gibt-keine-loesung-auf-dem-schlachtfeld-li.213240
Eine sehr brauchbare Analyse zur Ursache der aktuellen Entwicklung
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/ukraine-konflikt-gewagter-schachzug
Meine unmaßgebliche Einschätzung: Weder Macron noch Scholz hatten
ernsthafte Angebote im Gepäck, nicht zur Nato-Mitgliedschaft der Nato
noch zur Verwirklichung des Minsk2-Abkommens durch Kiew. Auf der
Münchener „Sicherheits-"Konferenz gab es zwar viel über Sanktionen zu
hören, nichts jedoch zur Lösung der Krise. Und dann sagte Kamela Harris
„Unsere Kräfte werden nicht geschickt, um innerhalb der Ukraine zu
kämpfen. Aber sie werden jedes Stück NATO verteidigen." Also keine
militärische Unterstützung für die Ukraine.
https://www.n-tv.de/politik/Kamala-Harris-wirft-Russland-Luegen-und-Propaganda-vor-article23139845.html
Die Notwendigkeit zum Handeln schien Putin gegeben, die Möglichkeit nun
auch.
Kiew könnte daraus lernen, dass es nicht damit rechnen kann, bei jeden
politischen Schritt vollständig vom Westen gedeckt zu werden.
Moskau müsste jetzt irgendeinen Plan zeigen, wie es seiner Meinung nach
dieser Verschärfung weiter geht. Die Rücknahme der Anerkennungen dürfte
für Moskau nicht möglich sein, vielleicht so etwas wie eine
Außer-Vollzug-Setzung. Aber das dürfte den Westen kaum zufrieden
stellen. Eine schlichte Rückkehr zu Minsk wird es nicht geben, der
russische Weg in die Sackgasse.
Nordstream2-Zertifizierung unterbrochen
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/scholz-nordstream-101.html
,----
| Mit Blick auf die neuen Entwicklungen habe die Lage neu bewertet werden
| müssen, begründete Scholz die Entscheidung. Deshalb habe er das
| Bundeswirtschaftsministerium gebeten, die nötigen verwaltungsrechtlichen
| Schritte zu unternehmen, damit vorerst keine Zertifizierung der
| Gaspipeline erfolgen kann. Das Genehmigungsverfahren wird nun also neu
| aufgerollt - und das "wird sich sicher hinziehen", so Scholz. "Und ohne
| diese Zertifizierung kann Nord Stream 2 ja nicht in Betrieb gehen."
`----
Und wenn Russland nun sagt: ohne Nordstream2 keine Lieferungen mehr über
die anderen Rohre? Dann verkaufen wir lieber in Asien, China fragt
nach. Da Russland in den letzten Monaten gezeigt hat, dass es die
europäischen Staaten nicht als zuverlässige Gesprächs- und
Vereinbarungspartner ansieht, könnte es deshalb zu der Auffassung
kommen, dass Lieferungen in den Westen sich politisch grundsätzlich
nicht lohnen. Die Folge wäre ein massiver wirtschaftlicher Schaden in
den EU-europäischen Staaten, möglicherweise mit erheblichen politischen
Krisen im Gefolge.
Man sollte in der Politik eben nicht zocken. Hätten die EU-Staaten
2013/14 geahnt, welche Folgen die Parteinahme des Westens für den
Umsturz in der Ukraine haben wird, sie hätten still zugeschaut,
vermutlich.
Ein interessanter Gesamtüberblick
https://multipolarista.com/2022/02/17/ukraine-new-cold-war-russia-china/
,----
| Die Ukraine-Krise ist Teil des neuen Kalten Krieges gegen Russland (und
| China)
`----
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Sonntag, 20. Februar 2022
Friedenslage am 19.02.2022 (20:39:25)
„Operation Loslösung
Mit aller Gewalt und Unterstützung des Westens den Bruch mit Russland
vollzogen. Die Ukraine acht Jahre nach dem Maidan"
Von Reinhard Lauterbach
https://www.jungewelt.de/artikel/420809.konflikte-um-und-in-der-ukraine-operation-losl%C3%B6sung.html
Brauchbare kurze Darstellung der Krise von ihren Anfängen bis zur
Gegenwart
„Archivfund bestätigt Sicht der Russen bei Nato-Osterweiterung"
https://www.welt.de/politik/ausland/article236986765/Nato-Osterweiterung-Archivfund-bestaetigt-Sicht-der-Russen.html
Gehört ins Archiv
„Kohl-Berater Teltschik: Es hat von Deutschland nie ein Versprechen über
die Nato-Erweiterung gegeben"
https://www.youtube.com/watch?v=NnVVpsCH_AE
Hört man das Interview ganz, kommt man auf den Gedanken, Kohl habe nicht
über die Nato-Erweiterung gesprochen, weil dieser Gedanke eh außerhalb
des Denkbaren lag.
„NATO-Erweiterung: Was Gorbatschow hörte"
https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early
,----
| Freigegebene Dokumente zeigen Sicherheitsgarantien gegen die
| NATO-Erweiterung für sowjetische Führer wie Baker, Bush, Genscher, Kohl,
| Gates, Mitterrand, Thatcher, Hurd, Major und Woerner
|
| Slavistik-Panel spricht "Wer hat wem was zur NATO-Erweiterung
| versprochen?"
`----
Eine umfangreiche Sammlung
Rede der Außenministerin auf der Münchner Konferenz
https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/baerbock-muesiko/2512360
„Wir sollten uns zehn Jahre Zeit nehmen"
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/ukraine-wir-sollten-uns-zehn-jahre-zeit-nehmen
,----
| Ukraine Wie konnte sich der Konflikt mit Russland so zuspitzen? Der
| frühere SPD-Politiker Klaus von Dohnanyi sieht die Verantwortung bei der
| NATO, die Russland-Expertin Sabine Fischer sieht Moskau in der
| Pflicht. Ein Streitgespräch
`----
Lesenswert.
„Klaus von Dohnanyi: Sind wir an einer „Weltmacht" USA interessiert?"
https://www.nachdenkseiten.de/?p=80984
Rezension seines Buch „Nationale Interessen"
Schiefes Gerede aus der FAZ
https://twitter.com/hemicker/status/1494948652187631622
,----Übersetzt
| Es gibt kein überzeugendes Argument, warum die ukrainischen Streitkräfte
| prorussische Rebellen angreifen sollten, mit einer überlegenen und
| kriegsbereiten feindlichen Streitmacht an ihren Grenzen. #MSC2022
`----
Dieses Argument unterstellt, diese ukrainischen Truppen wären im Fall
eines Angriffs allein auf der Welt. Es vergisst die Androhungen
gewaltiger Sanktionen gegen Russland. Mit einem Angriff könnten sie,
bei geschickter Inszenierung, genau diese Sanktionen in Gang
setzen. Nordstream2 wäre dann beendet, der Ausschluss Russlands aus
SWIFT und was sonst noch geplant ist. Aber vor allem wäre dann das
Minsk2-Abkommen weg, die Nato-Russland-Schlussakte 1997 ebenfalls. Ein
Angriff könnte einen politischen Sieg auf der ganzen Linie ergeben.
Das funktioniert allerdings nur bei einer gelungenen Inszenierung. Man darf
sicher sein, dass die FAZ auf jeden Fall mit macht.
Angenommen, solch ein Angriff könne auch ohne die Zusage westlicher
Unterstützung stattfinden. hat sich die Nato mit den
Sanktionsankündigungen von den lokalen Bandera-Trupps abhängig
gemacht. Warum sollten diese nicht versuchen, das auszunutzen?
Russische Darstellungen
https://twitter.com/NikGerassimow/status/1494968875489927168
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Mit aller Gewalt und Unterstützung des Westens den Bruch mit Russland
vollzogen. Die Ukraine acht Jahre nach dem Maidan"
Von Reinhard Lauterbach
https://www.jungewelt.de/artikel/420809.konflikte-um-und-in-der-ukraine-operation-losl%C3%B6sung.html
Brauchbare kurze Darstellung der Krise von ihren Anfängen bis zur
Gegenwart
„Archivfund bestätigt Sicht der Russen bei Nato-Osterweiterung"
https://www.welt.de/politik/ausland/article236986765/Nato-Osterweiterung-Archivfund-bestaetigt-Sicht-der-Russen.html
Gehört ins Archiv
„Kohl-Berater Teltschik: Es hat von Deutschland nie ein Versprechen über
die Nato-Erweiterung gegeben"
https://www.youtube.com/watch?v=NnVVpsCH_AE
Hört man das Interview ganz, kommt man auf den Gedanken, Kohl habe nicht
über die Nato-Erweiterung gesprochen, weil dieser Gedanke eh außerhalb
des Denkbaren lag.
„NATO-Erweiterung: Was Gorbatschow hörte"
https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early
,----
| Freigegebene Dokumente zeigen Sicherheitsgarantien gegen die
| NATO-Erweiterung für sowjetische Führer wie Baker, Bush, Genscher, Kohl,
| Gates, Mitterrand, Thatcher, Hurd, Major und Woerner
|
| Slavistik-Panel spricht "Wer hat wem was zur NATO-Erweiterung
| versprochen?"
`----
Eine umfangreiche Sammlung
Rede der Außenministerin auf der Münchner Konferenz
https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/baerbock-muesiko/2512360
„Wir sollten uns zehn Jahre Zeit nehmen"
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/ukraine-wir-sollten-uns-zehn-jahre-zeit-nehmen
,----
| Ukraine Wie konnte sich der Konflikt mit Russland so zuspitzen? Der
| frühere SPD-Politiker Klaus von Dohnanyi sieht die Verantwortung bei der
| NATO, die Russland-Expertin Sabine Fischer sieht Moskau in der
| Pflicht. Ein Streitgespräch
`----
Lesenswert.
„Klaus von Dohnanyi: Sind wir an einer „Weltmacht" USA interessiert?"
https://www.nachdenkseiten.de/?p=80984
Rezension seines Buch „Nationale Interessen"
Schiefes Gerede aus der FAZ
https://twitter.com/hemicker/status/1494948652187631622
,----Übersetzt
| Es gibt kein überzeugendes Argument, warum die ukrainischen Streitkräfte
| prorussische Rebellen angreifen sollten, mit einer überlegenen und
| kriegsbereiten feindlichen Streitmacht an ihren Grenzen. #MSC2022
`----
Dieses Argument unterstellt, diese ukrainischen Truppen wären im Fall
eines Angriffs allein auf der Welt. Es vergisst die Androhungen
gewaltiger Sanktionen gegen Russland. Mit einem Angriff könnten sie,
bei geschickter Inszenierung, genau diese Sanktionen in Gang
setzen. Nordstream2 wäre dann beendet, der Ausschluss Russlands aus
SWIFT und was sonst noch geplant ist. Aber vor allem wäre dann das
Minsk2-Abkommen weg, die Nato-Russland-Schlussakte 1997 ebenfalls. Ein
Angriff könnte einen politischen Sieg auf der ganzen Linie ergeben.
Das funktioniert allerdings nur bei einer gelungenen Inszenierung. Man darf
sicher sein, dass die FAZ auf jeden Fall mit macht.
Angenommen, solch ein Angriff könne auch ohne die Zusage westlicher
Unterstützung stattfinden. hat sich die Nato mit den
Sanktionsankündigungen von den lokalen Bandera-Trupps abhängig
gemacht. Warum sollten diese nicht versuchen, das auszunutzen?
Russische Darstellungen
https://twitter.com/NikGerassimow/status/1494968875489927168
--
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Donnerstag, 17. Februar 2022
Friedenslage am 17.02.2022 (13:54:43)
Analysen zur gegenwärtigen Situation
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/eu-abgeordnete-oezlem-demirel-ueber-die-ukraine-krise
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/russland-die-zeichen-fuer-einen-nato-beitritt-stehen-klar-auf-rot
Eine Analyse des US-Botschafters in Moskau (1987-1991)
https://usrussiaaccord.org/acura-viewpoint-jack-f-matlock-jr-todays-crisis-over-ukraine/
,----
| Heute stehen wir vor einer vermeidbaren Krise, die vorhersehbar war,
| tatsächlich vorhergesagt, vorsätzlich ausgelöst, aber leicht durch die
| Anwendung des gesunden Menschenverstandes gelöst werden konnte.
`----
Sehr lesenswert
„Konflikt um die Ukraine: «Putin hat mit seinem militärischen
Muskelspiel schon enorm viel erreicht»"
https://www.nzz.ch/international/ukraine-konflikt-ex-osze-chef-greminger-sieht-diplomatische-wege-ld.1669160
,----
| Der Schweizer Spitzendiplomat Thomas Greminger war 2014 massgeblich
| beteiligt an der Deeskalation zwischen West und Ost nach der Annexion
| der Krim. Im Interview skizziert er verschiedene Wege aus der
| gegenwärtigen Krise um die Ukraine.
`----
Lesenswertes Interview
Über deutsche und russische Medien und den Donbass
https://www.heise.de/tp/features/Donbass-Medien-auf-Eskalationskurs-6484850.html
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/russland-ukraine-donbass-101.html
http://neuesausrussland.online/die-graue-zone-im-donbass-leben-unter-standigem-beschuss/
Zur wirtschaftlichen Entwicklung der Ukraine: Ein Desaster von Anfang
an.
https://adamtooze.substack.com/p/chartbook-81-permanent-crisis-or
Erste Informationen zu Defender 2022
https://www.imi-online.de/2022/02/15/saebelrasseln-gegen-russland/
Fehler im Text: Wo 2+4-Vertrag steht, müsste Nato-Russland-Akte97
stehen. Was den Inhalt ansonsten aber nicht beeinträchtigt.
--
https://friedenslage.blogspot.com/
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/eu-abgeordnete-oezlem-demirel-ueber-die-ukraine-krise
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/russland-die-zeichen-fuer-einen-nato-beitritt-stehen-klar-auf-rot
Eine Analyse des US-Botschafters in Moskau (1987-1991)
https://usrussiaaccord.org/acura-viewpoint-jack-f-matlock-jr-todays-crisis-over-ukraine/
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| Heute stehen wir vor einer vermeidbaren Krise, die vorhersehbar war,
| tatsächlich vorhergesagt, vorsätzlich ausgelöst, aber leicht durch die
| Anwendung des gesunden Menschenverstandes gelöst werden konnte.
`----
Sehr lesenswert
„Konflikt um die Ukraine: «Putin hat mit seinem militärischen
Muskelspiel schon enorm viel erreicht»"
https://www.nzz.ch/international/ukraine-konflikt-ex-osze-chef-greminger-sieht-diplomatische-wege-ld.1669160
,----
| Der Schweizer Spitzendiplomat Thomas Greminger war 2014 massgeblich
| beteiligt an der Deeskalation zwischen West und Ost nach der Annexion
| der Krim. Im Interview skizziert er verschiedene Wege aus der
| gegenwärtigen Krise um die Ukraine.
`----
Lesenswertes Interview
Über deutsche und russische Medien und den Donbass
https://www.heise.de/tp/features/Donbass-Medien-auf-Eskalationskurs-6484850.html
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/russland-ukraine-donbass-101.html
http://neuesausrussland.online/die-graue-zone-im-donbass-leben-unter-standigem-beschuss/
Zur wirtschaftlichen Entwicklung der Ukraine: Ein Desaster von Anfang
an.
https://adamtooze.substack.com/p/chartbook-81-permanent-crisis-or
Erste Informationen zu Defender 2022
https://www.imi-online.de/2022/02/15/saebelrasseln-gegen-russland/
Fehler im Text: Wo 2+4-Vertrag steht, müsste Nato-Russland-Akte97
stehen. Was den Inhalt ansonsten aber nicht beeinträchtigt.
--
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Sonntag, 13. Februar 2022
Friedenslage am 13.02.2022 (13:41:17)
Ein Interview mit dem finnischen Staatspräsidenten, der Putin sehr gut
persönlich kennt.
https://www.spiegel.de/ausland/finnland-praesident-sauli-niinistoe-putin-war-ploetzlich-sehr-sehr-entschlossen-a-292fdb72-38dc-475b-8d6c-a641a1514704
Eine Analyse von Wolfgang Richter
https://www.swp-berlin.org/publikation/ukraine-im-nato-russland-spannungsfeld
Gehört sicher zum Besten, was zum Thema geschrieben ist. Wie bei
Wolfgang Richter zu erwarten.
Ein sehr lesenswertes Interview mit dem in Deutschland zu wenig
bekannten Professor Gerhard Mangott für Internationale Politik von der
Universität Innsbruck
https://kontrast.at/russland-ukraine-konflikt/
Seine lesenswerte Homepage
https://www.gerhard-mangott.at/
In der Frankfurter Rundschau über den gegenwärtigen Konflikt.
https://www.fr.de/politik/ukraine-konflikt-russland-grenze-nato-truppen-militaer-interview-lage-91289838.html
https://www.fr.de/meinung/gastbeitraege/ukraine-russland-nato-joe-biden-waldimir-putin-konflikt-eskalieren-hilft-nicht-91340961.html
Schon bemerkenswert, denn sonst gibt es in FR zum Thema nur den üblichen
Rudeljournalismus. Die Zeiten eines Anton-Andreas Guha sind da vorbei
https://www.buchfreund.de/de/d/e/9783596242429/die-neutronenbombe-oder-perversion-menschlichen?bookId=84477582,
so sieht es jedenfalls aus.
„Die USA bekämpfen Putin, indem sie seine nächsten möglichen Schritte
offenlegen"
https://www.nytimes.com/2022/02/12/us/politics/russia-information-putin-biden.html
Es handelt sich nicht um die Entdeckung iranischer
Massenvernichtungswaffen, wie ausdrücklich betont wird.
Ein formierender Rundumblick
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/umfrage-in-den-nachbarlaendern-russlands-zur-ukraine-krise-17797409.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2
Nur zwei Beispiele:
,----
| Ganz abgesehen davon wird das Leben in der Nachbarschaft von Putins
| Russland generell als ein Leben in der Nähe eines brodelnden Vulkans
| empfunden, der ohne Vorwarnung ausbrechen könnte. Auch wenn es scheint,
| dass ein militärischer Konflikt rational nicht zu erwarten ist, kann
| wohl niemand sicher sein, dass das, was die Europäer als
| Mindeststandards der Rationalität ansehen, auch im Kreml gilt.
|
| Die Ausrottung jeglicher Initiative – das ist das vorrangige Anliegen
| von Putins Russland. Die Größe des Landes ist wichtiger als das
| Wohlergehen und die Freiheiten seiner Bürger. Ich glaube fest daran,
| dass Putin den Bezug zur Realität verloren hat. Im Jahr 2022 wird ein
| riesiges Land von einem Geheimdienstler regiert, der überall Feinde und
| Verräter sieht und seine Informationen nur aus den Papieren bezieht, die
| ihm seine Generäle bringen.
`----
/Europa muss sich gegen Barbaren aus dem Osten verteidigen/.
Für die Akten: Übersetzung der Antwortschreiben von USA und Nato zu den
Forderungen/Vorschlägen Russlands
http://www.russland.news/antwortschreiben-der-usa-und-nato-zum-forderungskatalog-russlands/
Ein russischer Kommentar dazu. Er zeigt zwar die problematischen Punkte
auf, weiß aber letztlich auch nicht, wie es weiter gehen kann.
https://de.rt.com/russland/131269-was-plant-russland-nach-weigerung-des-westens/
Mein Eindruck: Russland hat sich übernommen.
--
https://friedenslage.blogspot.com/
persönlich kennt.
https://www.spiegel.de/ausland/finnland-praesident-sauli-niinistoe-putin-war-ploetzlich-sehr-sehr-entschlossen-a-292fdb72-38dc-475b-8d6c-a641a1514704
Eine Analyse von Wolfgang Richter
https://www.swp-berlin.org/publikation/ukraine-im-nato-russland-spannungsfeld
Gehört sicher zum Besten, was zum Thema geschrieben ist. Wie bei
Wolfgang Richter zu erwarten.
Ein sehr lesenswertes Interview mit dem in Deutschland zu wenig
bekannten Professor Gerhard Mangott für Internationale Politik von der
Universität Innsbruck
https://kontrast.at/russland-ukraine-konflikt/
Seine lesenswerte Homepage
https://www.gerhard-mangott.at/
In der Frankfurter Rundschau über den gegenwärtigen Konflikt.
https://www.fr.de/politik/ukraine-konflikt-russland-grenze-nato-truppen-militaer-interview-lage-91289838.html
https://www.fr.de/meinung/gastbeitraege/ukraine-russland-nato-joe-biden-waldimir-putin-konflikt-eskalieren-hilft-nicht-91340961.html
Schon bemerkenswert, denn sonst gibt es in FR zum Thema nur den üblichen
Rudeljournalismus. Die Zeiten eines Anton-Andreas Guha sind da vorbei
https://www.buchfreund.de/de/d/e/9783596242429/die-neutronenbombe-oder-perversion-menschlichen?bookId=84477582,
so sieht es jedenfalls aus.
„Die USA bekämpfen Putin, indem sie seine nächsten möglichen Schritte
offenlegen"
https://www.nytimes.com/2022/02/12/us/politics/russia-information-putin-biden.html
Es handelt sich nicht um die Entdeckung iranischer
Massenvernichtungswaffen, wie ausdrücklich betont wird.
Ein formierender Rundumblick
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/umfrage-in-den-nachbarlaendern-russlands-zur-ukraine-krise-17797409.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2
Nur zwei Beispiele:
,----
| Ganz abgesehen davon wird das Leben in der Nachbarschaft von Putins
| Russland generell als ein Leben in der Nähe eines brodelnden Vulkans
| empfunden, der ohne Vorwarnung ausbrechen könnte. Auch wenn es scheint,
| dass ein militärischer Konflikt rational nicht zu erwarten ist, kann
| wohl niemand sicher sein, dass das, was die Europäer als
| Mindeststandards der Rationalität ansehen, auch im Kreml gilt.
|
| Die Ausrottung jeglicher Initiative – das ist das vorrangige Anliegen
| von Putins Russland. Die Größe des Landes ist wichtiger als das
| Wohlergehen und die Freiheiten seiner Bürger. Ich glaube fest daran,
| dass Putin den Bezug zur Realität verloren hat. Im Jahr 2022 wird ein
| riesiges Land von einem Geheimdienstler regiert, der überall Feinde und
| Verräter sieht und seine Informationen nur aus den Papieren bezieht, die
| ihm seine Generäle bringen.
`----
/Europa muss sich gegen Barbaren aus dem Osten verteidigen/.
Für die Akten: Übersetzung der Antwortschreiben von USA und Nato zu den
Forderungen/Vorschlägen Russlands
http://www.russland.news/antwortschreiben-der-usa-und-nato-zum-forderungskatalog-russlands/
Ein russischer Kommentar dazu. Er zeigt zwar die problematischen Punkte
auf, weiß aber letztlich auch nicht, wie es weiter gehen kann.
https://de.rt.com/russland/131269-was-plant-russland-nach-weigerung-des-westens/
Mein Eindruck: Russland hat sich übernommen.
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Freitag, 11. Februar 2022
Friedenslage am 11.02.2022 (14:10:56)
Erklärung des Europäischen Rates:
https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2022/01/24/european-security-situation-notions-of-spheres-of-influence-have-no-place-in-the-21st-century/
Rat der EU Pressemitteilung 24. Januar 2022 12:07
,----Edge Translate
| Europäische Sicherheitslage: Vorstellungen von "Einflusssphären" haben
| im 21. Jahrhundert keinen Platz Der Rat hat Schlussfolgerungen zur
| europäischen Sicherheitslage gebilligt, in denen er feststellt, dass die
| europäische Sicherheit unteilbar ist und dass jede Herausforderung der
| europäischen Sicherheitsordnung die Sicherheit der EU und ihrer
| Mitgliedstaaten beeinträchtigt.
|
| In seinen Schlussfolgerungen verurteilt der Rat die anhaltenden
| aggressiven Aktionen und Drohungen Russlands gegen die Ukraine und
| fordert Russland auf, zu deeskalieren, sich an das Völkerrecht zu halten
| und sich über die etablierten internationalen Mechanismen konstruktiv am
| Dialog zu beteiligen. Wie die Staats- und Regierungschefs der EU auf der
| Tagung des Europäischen Rates im Dezember 2021 erklärten, wird jede
| weitere militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine massive
| Folgen und schwere Kosten haben.
|
| Die EU bekräftigt ihre unerschütterliche Unterstützung für die
| Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine
| und anderer östlicher Nachbarschaftspartner innerhalb ihrer
| international anerkannten Grenzen und fordert Russland auf, sich wieder
| konstruktiv an den bestehenden internationalen Rahmen für die
| nachhaltige und friedliche Beilegung von Konflikten zu beteiligen.
|
| Der Rat bekräftigt den einheitlichen Ansatz der EU und die nach wie vor
| enge Zusammenarbeit und Koordinierung mit den Vereinigten Staaten, der
| NATO, der Ukraine und anderen Partnerländern. Er weist erneut darauf
| hin, wie wichtig es ist, die Widerstandsfähigkeit und die
| Reaktionsfähigkeit der EU und ihrer engen Partner weiter zu stärken,
| unter anderem bei der Bekämpfung von Cyber- und Hybridangriffen, der
| Manipulation ausländischer Informationen und der Einmischung,
| einschließlich Desinformation.
`----
Interessant sind diese Formulierungen: „jede weitere militärische
Aggression Russlands gegen die Ukraine (wird) massive Folgen und schwere
Kosten haben", und die EU unterstütze die „territoriale Unversehrtheit
der Ukraine ... innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen"
Nun gehören die Krim und das Donbas sicher zu jener territorialen
Integrität der Ukraine, die der Rat meint. Dann wäre das so zu lesen,
dass Russland der gegenwärtige Status der Krim und des Donbas irgendwie
akzeptiert ist, jedenfalls kurzfristig und zeitweilig in militärischer
Hinsicht. Und dass ein weiterer russischer Angriff an irgendeiner
anderen Stelle Sanktionen hervorrufen würde.
Was aber geschieht, wenn sich aus der noch immer ungeklärten Lage am
Donbas ein militärischer Konflikt entwickelt? Kiew will Minsk2 nicht
weiter umsetzen. Es will weder mit Vertretern der Region sprechen noch
eine Verfassungsänderung einleiten, die einen Sonderstatus innerhalb der
Ukraine zum Ziel hat. Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder soll
1. der ungeklärte Status auf absehbare Zeit aufrecht erhalten werden
oder 2. Kiew denkt an eine militärische Lösung: (Rück-)Eroberung.
Die erste Lösung hätte den Vorteil, dass der Konflikt in Gang gehalten
wird, nicht zur Ruhe kommt. Das würde Kiew einen kontinuierlichen Fluss
an Unterstützungen in finanzieller, ökonomischer und militärischer
Hinsicht bringen, Osteuropa weiter in Aufregung halten, und den Einfluss
der USA in der Nato und der EU über die osteuropäischen Länder
stärken. Gleichzeitig würde es das ökonomisch nicht sonderlich starke
Russland schwächen. Diese „Lösung" hätte allerdings für Kiew den
Nachteil, dass die Bevölkerungen der Krim und des Donbas sich weiter von
der Ukraine entfernen, früher oder später nichts mehr mit ihr zu tun
haben wollen. Der Donbas wird dann faktisch-praktisch Teil Russlands
werden, mit täglicher Zustimmung der Bevölkerung.
Die zweite Lösung kann von der EU-Ratserklärung her so verstanden
werden, dass Kiew implizit die Erlaubnis bekommen hat, den Donbas anzugreifen,
denn die angekündigte Unterstützung dieser Republiken durch Russland
im Falle eines Angriffs durch die ukrainische Armee wäre dann genau jene
russische Handlung, die die Sanktionen auslösen würde. (Da nach den
russischen Ansagen keine russischen Truppen im Donbas stationiert sind,
hätte Russland sich selbst hier eine Falle gestellt: Es müsste ja neue
Truppen mit russischen Hoheitsabzeichen schicken. Und damit wäre
Russland in eine Falle gestolpert, die es sich selbst gestellt hat.)
Nachteil dieser „Lösung" wäre: Gefahr eines Weltkrieges. Man scheint
sich in der EU über diese Gefahr nicht ganz im Klaren zu sein, sonst
hätte man eine vorsichtigere Formulierung gewählt. Oder manche
EU-Mitgliedsstaaten wollen genau dieses Risiko: Chicken game.
Wie auch immer: Momentan geht es von westlicher Seite darum, Minsk2, an
das Kiew sich nicht halten will, zu delegitimieren.
Dazu gibt es eine schon unendliche Menge an Überlegungen, die beste
Argumentationsfigur zu finden. Ein polnischer Autor hat Texte dazu
zusammen gestellt:
https://twitter.com/dszeligowski/status/1491867916706488324
https://cepa.org/dont-let-russia-fool-you-about-the-minsk-agreements/
https://www.politico.com/news/magazine/2022/02/02/putins-gambit-donbas-ukraine-west-doesnt-understand-00004616
https://www.opendemocracy.net/en/odr/russia-ukraine-what-are-the-minsk-agreements/
https://www.chathamhouse.org/2020/05/minsk-conundrum-western-policy-and-russias-war-eastern-ukraine-0/minsk-2-agreement
https://www.economist.com/leaders/2022/02/12/diplomacy-has-created-an-opening-for-detente-in-ukraine-but-beware-a-trap
https://www.geostrategy.org.uk/britains-world/the-minsk-accords-should-britain-declare-them-dead/
Zwei Argumentationen scheinen zentral:
( 1) Die in Minsk2 vorgesehene Verfassungsreform mit dem Ziel eines
Sonderstatus der „Volksrepubliken" würde Russland einen solchen Einfluss
auf die Innen- und Außenpolitik der Ukraine verschaffen, dass irgendeine
Art von Anschluss der Ukraine an die Nato ausgeschlossen wäre, und
( 2) würde solch eine Verfassungsreform womöglich die Ukraine wieder
destabilisieren, weil die Nationalisten gegen die Regierung mobil machen
würden.
Aktuelle Ansage aus Kiew
https://twitter.com/EuromaidanPress/status/1491675822796775435
,----
| Die Ukraine wird die Minsker Vereinbarungen nicht zu den von der
| Russischen Föderation festgelegten Bedingungen umsetzen, sagte der
| Außenminister von #Ukraine Dmytro Kuleba in einem Briefing.
|
| Es wird keinen direkten Dialog mit den besetzten Gebieten des Donbass
| geben; das ist die prinzipielle Position der Ukraine.
`----
„Stellungnahme | Wie man die Ukraine-Krise in 4 Schritten beendet
Zwei ehemalige Top-Politiker - ein Russe, ein Amerikaner - haben einen
Plan, von dem sie glauben, dass er funktionieren könnte."
https://www.politico.com/news/magazine/2022/02/09/a-four-step-off-ramp-for-resolving-the-ukraine-crisis-00006769
Man kann Auswege finden. Wenn man will.
,----
| Wir sehen vier Elemente für eine Lösung. Erstens, Beschränkungen für
| militärische Operationen entlang der Grenze zwischen der NATO und
| Russland. Zweitens, ein Moratorium für die NATO-Erweiterung nach
| Osten. Drittens, die Lösung der anhaltenden und eingefrorenen Konflikte
| im ehemaligen sowjetischen Raum und auf dem Balkan. Und viertens die
| Modernisierung der Helsinki-Abkommen von 1975, die ein
| gesamteuropäisches Forum schufen und vereinbarte Prinzipien der
| zwischenstaatlichen Beziehungen formulierten, um die
| Ost-West-Entspannung zu untermauern.
`----
--
https://friedenslage.blogspot.com/
https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2022/01/24/european-security-situation-notions-of-spheres-of-influence-have-no-place-in-the-21st-century/
Rat der EU Pressemitteilung 24. Januar 2022 12:07
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| Europäische Sicherheitslage: Vorstellungen von "Einflusssphären" haben
| im 21. Jahrhundert keinen Platz Der Rat hat Schlussfolgerungen zur
| europäischen Sicherheitslage gebilligt, in denen er feststellt, dass die
| europäische Sicherheit unteilbar ist und dass jede Herausforderung der
| europäischen Sicherheitsordnung die Sicherheit der EU und ihrer
| Mitgliedstaaten beeinträchtigt.
|
| In seinen Schlussfolgerungen verurteilt der Rat die anhaltenden
| aggressiven Aktionen und Drohungen Russlands gegen die Ukraine und
| fordert Russland auf, zu deeskalieren, sich an das Völkerrecht zu halten
| und sich über die etablierten internationalen Mechanismen konstruktiv am
| Dialog zu beteiligen. Wie die Staats- und Regierungschefs der EU auf der
| Tagung des Europäischen Rates im Dezember 2021 erklärten, wird jede
| weitere militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine massive
| Folgen und schwere Kosten haben.
|
| Die EU bekräftigt ihre unerschütterliche Unterstützung für die
| Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine
| und anderer östlicher Nachbarschaftspartner innerhalb ihrer
| international anerkannten Grenzen und fordert Russland auf, sich wieder
| konstruktiv an den bestehenden internationalen Rahmen für die
| nachhaltige und friedliche Beilegung von Konflikten zu beteiligen.
|
| Der Rat bekräftigt den einheitlichen Ansatz der EU und die nach wie vor
| enge Zusammenarbeit und Koordinierung mit den Vereinigten Staaten, der
| NATO, der Ukraine und anderen Partnerländern. Er weist erneut darauf
| hin, wie wichtig es ist, die Widerstandsfähigkeit und die
| Reaktionsfähigkeit der EU und ihrer engen Partner weiter zu stärken,
| unter anderem bei der Bekämpfung von Cyber- und Hybridangriffen, der
| Manipulation ausländischer Informationen und der Einmischung,
| einschließlich Desinformation.
`----
Interessant sind diese Formulierungen: „jede weitere militärische
Aggression Russlands gegen die Ukraine (wird) massive Folgen und schwere
Kosten haben", und die EU unterstütze die „territoriale Unversehrtheit
der Ukraine ... innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen"
Nun gehören die Krim und das Donbas sicher zu jener territorialen
Integrität der Ukraine, die der Rat meint. Dann wäre das so zu lesen,
dass Russland der gegenwärtige Status der Krim und des Donbas irgendwie
akzeptiert ist, jedenfalls kurzfristig und zeitweilig in militärischer
Hinsicht. Und dass ein weiterer russischer Angriff an irgendeiner
anderen Stelle Sanktionen hervorrufen würde.
Was aber geschieht, wenn sich aus der noch immer ungeklärten Lage am
Donbas ein militärischer Konflikt entwickelt? Kiew will Minsk2 nicht
weiter umsetzen. Es will weder mit Vertretern der Region sprechen noch
eine Verfassungsänderung einleiten, die einen Sonderstatus innerhalb der
Ukraine zum Ziel hat. Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder soll
1. der ungeklärte Status auf absehbare Zeit aufrecht erhalten werden
oder 2. Kiew denkt an eine militärische Lösung: (Rück-)Eroberung.
Die erste Lösung hätte den Vorteil, dass der Konflikt in Gang gehalten
wird, nicht zur Ruhe kommt. Das würde Kiew einen kontinuierlichen Fluss
an Unterstützungen in finanzieller, ökonomischer und militärischer
Hinsicht bringen, Osteuropa weiter in Aufregung halten, und den Einfluss
der USA in der Nato und der EU über die osteuropäischen Länder
stärken. Gleichzeitig würde es das ökonomisch nicht sonderlich starke
Russland schwächen. Diese „Lösung" hätte allerdings für Kiew den
Nachteil, dass die Bevölkerungen der Krim und des Donbas sich weiter von
der Ukraine entfernen, früher oder später nichts mehr mit ihr zu tun
haben wollen. Der Donbas wird dann faktisch-praktisch Teil Russlands
werden, mit täglicher Zustimmung der Bevölkerung.
Die zweite Lösung kann von der EU-Ratserklärung her so verstanden
werden, dass Kiew implizit die Erlaubnis bekommen hat, den Donbas anzugreifen,
denn die angekündigte Unterstützung dieser Republiken durch Russland
im Falle eines Angriffs durch die ukrainische Armee wäre dann genau jene
russische Handlung, die die Sanktionen auslösen würde. (Da nach den
russischen Ansagen keine russischen Truppen im Donbas stationiert sind,
hätte Russland sich selbst hier eine Falle gestellt: Es müsste ja neue
Truppen mit russischen Hoheitsabzeichen schicken. Und damit wäre
Russland in eine Falle gestolpert, die es sich selbst gestellt hat.)
Nachteil dieser „Lösung" wäre: Gefahr eines Weltkrieges. Man scheint
sich in der EU über diese Gefahr nicht ganz im Klaren zu sein, sonst
hätte man eine vorsichtigere Formulierung gewählt. Oder manche
EU-Mitgliedsstaaten wollen genau dieses Risiko: Chicken game.
Wie auch immer: Momentan geht es von westlicher Seite darum, Minsk2, an
das Kiew sich nicht halten will, zu delegitimieren.
Dazu gibt es eine schon unendliche Menge an Überlegungen, die beste
Argumentationsfigur zu finden. Ein polnischer Autor hat Texte dazu
zusammen gestellt:
https://twitter.com/dszeligowski/status/1491867916706488324
https://cepa.org/dont-let-russia-fool-you-about-the-minsk-agreements/
https://www.politico.com/news/magazine/2022/02/02/putins-gambit-donbas-ukraine-west-doesnt-understand-00004616
https://www.opendemocracy.net/en/odr/russia-ukraine-what-are-the-minsk-agreements/
https://www.chathamhouse.org/2020/05/minsk-conundrum-western-policy-and-russias-war-eastern-ukraine-0/minsk-2-agreement
https://www.economist.com/leaders/2022/02/12/diplomacy-has-created-an-opening-for-detente-in-ukraine-but-beware-a-trap
https://www.geostrategy.org.uk/britains-world/the-minsk-accords-should-britain-declare-them-dead/
Zwei Argumentationen scheinen zentral:
( 1) Die in Minsk2 vorgesehene Verfassungsreform mit dem Ziel eines
Sonderstatus der „Volksrepubliken" würde Russland einen solchen Einfluss
auf die Innen- und Außenpolitik der Ukraine verschaffen, dass irgendeine
Art von Anschluss der Ukraine an die Nato ausgeschlossen wäre, und
( 2) würde solch eine Verfassungsreform womöglich die Ukraine wieder
destabilisieren, weil die Nationalisten gegen die Regierung mobil machen
würden.
Aktuelle Ansage aus Kiew
https://twitter.com/EuromaidanPress/status/1491675822796775435
,----
| Die Ukraine wird die Minsker Vereinbarungen nicht zu den von der
| Russischen Föderation festgelegten Bedingungen umsetzen, sagte der
| Außenminister von #Ukraine Dmytro Kuleba in einem Briefing.
|
| Es wird keinen direkten Dialog mit den besetzten Gebieten des Donbass
| geben; das ist die prinzipielle Position der Ukraine.
`----
„Stellungnahme | Wie man die Ukraine-Krise in 4 Schritten beendet
Zwei ehemalige Top-Politiker - ein Russe, ein Amerikaner - haben einen
Plan, von dem sie glauben, dass er funktionieren könnte."
https://www.politico.com/news/magazine/2022/02/09/a-four-step-off-ramp-for-resolving-the-ukraine-crisis-00006769
Man kann Auswege finden. Wenn man will.
,----
| Wir sehen vier Elemente für eine Lösung. Erstens, Beschränkungen für
| militärische Operationen entlang der Grenze zwischen der NATO und
| Russland. Zweitens, ein Moratorium für die NATO-Erweiterung nach
| Osten. Drittens, die Lösung der anhaltenden und eingefrorenen Konflikte
| im ehemaligen sowjetischen Raum und auf dem Balkan. Und viertens die
| Modernisierung der Helsinki-Abkommen von 1975, die ein
| gesamteuropäisches Forum schufen und vereinbarte Prinzipien der
| zwischenstaatlichen Beziehungen formulierten, um die
| Ost-West-Entspannung zu untermauern.
`----
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Donnerstag, 10. Februar 2022
Friedenslage am 10.02.2022 (19:03:58)
„Osterweiterung: Wie die Nato wortbrüchig wurde - Norman Paech"
https://www.heise.de/tp/features/Osterweiterung-Wie-die-Nato-wortbruechig-wurde-6347016.html
Eine gute Darstellung auch von Klaus v. Dohnanyi in seinem Buch über
„Nationale Interessen"
„Ukraine-Krise Klaus von Dohnanyi: Die Erweiterung der NATO nach 1990 war
ein Fehler"
https://www.deutschlandfunk.de/interview-mit-klaus-von-dohnanyi-spd-ex-buergermeister-hh-zu-ukrainekrise-dlf-fa676f9c-100.html
„WHY GERMANY BEHAVES THE WAY IT DOES
MARCEL DIRSUS"
https://warontherocks.com/2022/02/why-germany-behaves-the-way-it-does/
,----Edge Translate
| Deutschland ist natürlich kein Monolith, aber es gibt in weiten Teilen
| der deutschen Gesellschaft einige tief verwurzelte Ansichten, die einen
| großen Einfluss auf die Außenpolitik haben.
|
| Die bedeutendste davon ist die Art und Weise, wie viele Deutsche die
| Rolle der militärischen Macht in der internationalen Politik sehen. Von
| Niedersachsen oder Bayern aus gesehen ist militärische Gewalt nicht nur
| böse, sondern auch nutzlos.
`----
Vielerlei Erwägungen. Die einfachste ist: Die Deutschen ahnen zumindest,
dass es in dieser Konfrontation, in einem möglichen Krieg, nicht um ihr
Ding geht. Dass sie für fremde Interessen eintreten sollen. - Dieser
Gedanke ist so einfach, dass der Autor, freier Mitarbeiter des
ISPKs, ihn nicht denkt.
„Warum Kompromisse im Donbass nicht hilfreich sind
Von Andreas Umland - 10 Februar 2022"
https://www.globalpolicyjournal.com/blog/10/02/2022/why-compromise-donbas-unhelpful
,----Edge Translate
| Eine dritte Fehleinschätzung in vielen westlichen Beratungen über die
| Ukraine betrifft die innenpolitischen Auswirkungen weiterer ukrainischer
| Kompromisse auf ihre politische Souveränität und territoriale
| Integrität. Natürlich ist ein gemeinsames Beharren des Westens darauf
| möglich, dass Kiew einer Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zustimmt,
| die besetzten Donbass-Gebiete unter informeller Moskauer Vormundschaft
| zu lassen. Die größere Herausforderung für Kiew und den Westen bestünde
| jedoch darin, die ukrainische Gesellschaft und insbesondere die Teile
| davon, die an den mehr als siebenjährigen Kriegsanstrengungen beteiligt
| waren, dazu zu bringen, sich mit einer solchen Lösung zufrieden zu
| geben. ...
|
| Im Sommer 2015 begann der damalige Präsident Petro Poroschenko, kaum
| eine Taube, unter westlichem Druck einen Prozess zur Änderung der
| ukrainischen Verfassung, der einen Sonderstatus der besetzten
| ostukrainischen Gebiete ermöglichte. Dies führte zu Unruhen vor dem
| ukrainischen Parlament, bei denen mehrere Menschen getötet und Dutzende
| verletzt wurden.
`----
MaW: Die Ukraine wird die Minsk2-Vereinbarung nicht umsetzen, jedenfalls
nicht freiwillig. Ein (Nicht-)Vorgang, der in der deutschen
Öffentlichkeit keine Rolle spielt, noch nicht einmal bekannt ist.
Über die Bedeutung von „Minsk"
https://www.nzz.ch/international/russland-putin-beharrt-auf-forderungen-zur-ukraine-ld.1668862
„Kein gewöhnlicher Einsatz
„Bad Rappenau" verlässt Heimathafen Richtung Schwarzes Meer"
https://marineforum.online/kein-gewoehnlicher-einsatz/
,----
| Am 7. Februar 2022 um 10 Uhr , wird das Minentauchereinsatzboot „Bad
| Rappenau" seinen Heimathafen Kiel verlassen. ...
| Unter dem Kommando von Korvettenkapitän Jan Brodersen (37) wird sich die
| Besatzung der „Bad Rappenau" in Haifa (Israel) mit dem übrigen
| NATO-Verband treffen. Anschließend geht es Richtung Schwarzes Meer.
`----
„Russlands Schwarzmeermanöver entsprechen dem Völkerrecht, versichert
der Kreml"
https://tass.com/politics/1400935
,----Edge Translate
| Die massiven Übungen im Schwarzen Meer werden über 140 Kriegsschiffe und
| Unterstützungsschiffe, mehr als 60 Flugzeuge, 1.000 militärische
| Ausrüstung und etwa 10.000 Soldaten zusammenbringen.
`----
Die Deutsche Marine schwimmt in das Schwarze Meer, wer weiß, irgendwann
kommt die russische Flotte auch mit 140 Schiffen in die Ostsee, nimmt
vielleicht 20 chinesische Schiffe mit. Möglich ist alles, wenn es so
weiter geht.
Pressekonferenz Putin
https://www.youtube.com/watch?v=biTfDi4dfDQ
,----
| Synchron übersetzt.
| Putin beantwortet die Frage: Wie er auf die Antwort der USA und der NATO
| auf seine Vorschläge bzw. auch "Forderungen" (von deutschen Medien)
| genannt, reagiert und wir die ganze Situation ausgehen wird.
|
| Putin klärt über die Raketenabwehrsysteme MK-41 auf und warum er Truppen
| zu der Grenze schickt.
|
| Ausschnitt aus der Pressekonferenz nach dem Treffen mit dem Premier
| Minister von Ungarn Viktor Orban, vom 01.02.2022
|
| Quelle: www.kremlin.ru
| Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0 International
`----
--
https://friedenslage.blogspot.com/
https://www.heise.de/tp/features/Osterweiterung-Wie-die-Nato-wortbruechig-wurde-6347016.html
Eine gute Darstellung auch von Klaus v. Dohnanyi in seinem Buch über
„Nationale Interessen"
„Ukraine-Krise Klaus von Dohnanyi: Die Erweiterung der NATO nach 1990 war
ein Fehler"
https://www.deutschlandfunk.de/interview-mit-klaus-von-dohnanyi-spd-ex-buergermeister-hh-zu-ukrainekrise-dlf-fa676f9c-100.html
„WHY GERMANY BEHAVES THE WAY IT DOES
MARCEL DIRSUS"
https://warontherocks.com/2022/02/why-germany-behaves-the-way-it-does/
,----Edge Translate
| Deutschland ist natürlich kein Monolith, aber es gibt in weiten Teilen
| der deutschen Gesellschaft einige tief verwurzelte Ansichten, die einen
| großen Einfluss auf die Außenpolitik haben.
|
| Die bedeutendste davon ist die Art und Weise, wie viele Deutsche die
| Rolle der militärischen Macht in der internationalen Politik sehen. Von
| Niedersachsen oder Bayern aus gesehen ist militärische Gewalt nicht nur
| böse, sondern auch nutzlos.
`----
Vielerlei Erwägungen. Die einfachste ist: Die Deutschen ahnen zumindest,
dass es in dieser Konfrontation, in einem möglichen Krieg, nicht um ihr
Ding geht. Dass sie für fremde Interessen eintreten sollen. - Dieser
Gedanke ist so einfach, dass der Autor, freier Mitarbeiter des
ISPKs, ihn nicht denkt.
„Warum Kompromisse im Donbass nicht hilfreich sind
Von Andreas Umland - 10 Februar 2022"
https://www.globalpolicyjournal.com/blog/10/02/2022/why-compromise-donbas-unhelpful
,----Edge Translate
| Eine dritte Fehleinschätzung in vielen westlichen Beratungen über die
| Ukraine betrifft die innenpolitischen Auswirkungen weiterer ukrainischer
| Kompromisse auf ihre politische Souveränität und territoriale
| Integrität. Natürlich ist ein gemeinsames Beharren des Westens darauf
| möglich, dass Kiew einer Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zustimmt,
| die besetzten Donbass-Gebiete unter informeller Moskauer Vormundschaft
| zu lassen. Die größere Herausforderung für Kiew und den Westen bestünde
| jedoch darin, die ukrainische Gesellschaft und insbesondere die Teile
| davon, die an den mehr als siebenjährigen Kriegsanstrengungen beteiligt
| waren, dazu zu bringen, sich mit einer solchen Lösung zufrieden zu
| geben. ...
|
| Im Sommer 2015 begann der damalige Präsident Petro Poroschenko, kaum
| eine Taube, unter westlichem Druck einen Prozess zur Änderung der
| ukrainischen Verfassung, der einen Sonderstatus der besetzten
| ostukrainischen Gebiete ermöglichte. Dies führte zu Unruhen vor dem
| ukrainischen Parlament, bei denen mehrere Menschen getötet und Dutzende
| verletzt wurden.
`----
MaW: Die Ukraine wird die Minsk2-Vereinbarung nicht umsetzen, jedenfalls
nicht freiwillig. Ein (Nicht-)Vorgang, der in der deutschen
Öffentlichkeit keine Rolle spielt, noch nicht einmal bekannt ist.
Über die Bedeutung von „Minsk"
https://www.nzz.ch/international/russland-putin-beharrt-auf-forderungen-zur-ukraine-ld.1668862
„Kein gewöhnlicher Einsatz
„Bad Rappenau" verlässt Heimathafen Richtung Schwarzes Meer"
https://marineforum.online/kein-gewoehnlicher-einsatz/
,----
| Am 7. Februar 2022 um 10 Uhr , wird das Minentauchereinsatzboot „Bad
| Rappenau" seinen Heimathafen Kiel verlassen. ...
| Unter dem Kommando von Korvettenkapitän Jan Brodersen (37) wird sich die
| Besatzung der „Bad Rappenau" in Haifa (Israel) mit dem übrigen
| NATO-Verband treffen. Anschließend geht es Richtung Schwarzes Meer.
`----
„Russlands Schwarzmeermanöver entsprechen dem Völkerrecht, versichert
der Kreml"
https://tass.com/politics/1400935
,----Edge Translate
| Die massiven Übungen im Schwarzen Meer werden über 140 Kriegsschiffe und
| Unterstützungsschiffe, mehr als 60 Flugzeuge, 1.000 militärische
| Ausrüstung und etwa 10.000 Soldaten zusammenbringen.
`----
Die Deutsche Marine schwimmt in das Schwarze Meer, wer weiß, irgendwann
kommt die russische Flotte auch mit 140 Schiffen in die Ostsee, nimmt
vielleicht 20 chinesische Schiffe mit. Möglich ist alles, wenn es so
weiter geht.
Pressekonferenz Putin
https://www.youtube.com/watch?v=biTfDi4dfDQ
,----
| Synchron übersetzt.
| Putin beantwortet die Frage: Wie er auf die Antwort der USA und der NATO
| auf seine Vorschläge bzw. auch "Forderungen" (von deutschen Medien)
| genannt, reagiert und wir die ganze Situation ausgehen wird.
|
| Putin klärt über die Raketenabwehrsysteme MK-41 auf und warum er Truppen
| zu der Grenze schickt.
|
| Ausschnitt aus der Pressekonferenz nach dem Treffen mit dem Premier
| Minister von Ungarn Viktor Orban, vom 01.02.2022
|
| Quelle: www.kremlin.ru
| Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0 International
`----
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Freitag, 4. Februar 2022
Friedenslage am 04.02.2022 (18:01:09)
„Klaus von Dohnanyi
Nationale Interessen
Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche"
https://www.penguinrandomhouse.de/Buch/Nationale-Interessen/Klaus-von-Dohnanyi/Siedler/e597398.rhd
Rezension und Inhaltsangabe:
https://www.zeit.de/politik/2022-01/klaus-von-dohnanyi-buch-nationale-interessen/komplettansicht
Dieses Buch kann ein großer Impuls für die Friedensbewegung sein. Es
verdeutlicht, warum die gegenwärtige Politik mit den USA gegenüber
Russland auch von einem eher konservativen Standpunkt - ich weiß, der
Autor war immer SPD-Politiker, aber von seiner Familie her gehört er
wohl in die Welt der bürgerlichen NS-Gegner - gegen die jetzige Politik
argumentiert werden kann.
Begreift die Friedensbewegung sich als „linke" Bewegung, schneidet sie
zu viele Standpunkte und Herkünfte ab, verengt ihre Möglichkeiten.
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Nationale Interessen
Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche"
https://www.penguinrandomhouse.de/Buch/Nationale-Interessen/Klaus-von-Dohnanyi/Siedler/e597398.rhd
Rezension und Inhaltsangabe:
https://www.zeit.de/politik/2022-01/klaus-von-dohnanyi-buch-nationale-interessen/komplettansicht
Dieses Buch kann ein großer Impuls für die Friedensbewegung sein. Es
verdeutlicht, warum die gegenwärtige Politik mit den USA gegenüber
Russland auch von einem eher konservativen Standpunkt - ich weiß, der
Autor war immer SPD-Politiker, aber von seiner Familie her gehört er
wohl in die Welt der bürgerlichen NS-Gegner - gegen die jetzige Politik
argumentiert werden kann.
Begreift die Friedensbewegung sich als „linke" Bewegung, schneidet sie
zu viele Standpunkte und Herkünfte ab, verengt ihre Möglichkeiten.
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Mittwoch, 2. Februar 2022
Friedenslage am 02.02.2022 (13:20:18)
„Einen drohenden (Atom-)Krieg in Europa verhindern!"
Rolf Bader ist ehem. Geschäftsführer der Internationalen Ärzte für die
Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung
e.V. (IPPNW).
https://www.nachdenkseiten.de/?p=80328
,----
| Gemeinsame Sicherheit" als Strategie für eine Deeskalation des Konflikts
| mit Russland: Diplomatie als Grundlage der Konfliktlösung.
`----
Ein durchdachtes, lesenswertes Konzept
Ein Interview mit einem (Ex-)General der Bw
https://www.heise.de/tp/features/dann-wuerden-die-USA-der-Ukraine-den-Gashahn-zudrehen-6344362.html?seite=all
Interessante Vorschläge
„Angst vor Putins Rache: Wird Europas Sanktionskeule zum Bumerang?
Die EU könnte Russland wirtschaftlich hart treffen – ist aber selbst
verwundbar. Eine Lagebeurteilung mit Experte Janis Kluge."
https://www.srf.ch/news/international/konflikt-um-die-ukraine-angst-vor-putins-rache-wird-europas-sanktionskeule-zum-bumerang
,----
| Allerdings: Die Möglichkeiten, die russischen Energieexporte zu kappen,
| sind begrenzt. Zwar liessen sich russische Erdöllieferungen durchaus mit
| Schiffslieferungen aus anderen Staaten wie den USA ersetzen, so der
| deutsche Ökonom.
|
| Europa ist aber von russischen Gaslieferungen abhängig, für die es
| vorderhand keine Alternative gibt. «Die Gasspeicher in der EU sind
| aktuell sehr wenig gefüllt. Das ist eine zusätzliche Dimension in der
| aktuellen Krise, die es für die EU noch viel schwieriger macht, sich zu
| Sanktionen in Energiesektor durchzudringen.»
`----
Ein alter Text, der immer noch viel zu sagen hat: Die USA und
Deutschland als Kolonie
https://www.welt.de/print-wams/article607510/Deutschland-ist-eine-unglueckliche-Kolonie.html
,----
| WamS: Entschuldigen Sie bitte: Der aktuellen Eiszeit gingen Jahre des
| besten Verhältnisses zwischen beiden Nationen voraus. Die USA und
| Deutschland sind seit dem Zweiten Weltkrieg engste Verbündete.
|
| Sennett: Die US-Regierung will Verbündete, die ihr gehorchen. Sie will
| keine Diskussion. Unsere Regierung ist taub gegenüber Bedürfnissen aus
| dem Rest der Welt.
`----
Gerüchte über die Antwort des Westens auf Russlands Forderung.
https://de.rt.com/international/130893-us-und-nato-antwort-geleakt-angebot-abgelehnt-nur-kleinere-kompromisse-in-aussicht/
Wenn das stimmt, dann wird das alles nichts.
Sollte das stimmen, hätte es große Bedeutung.
https://de.rt.com/meinung/130857-erste-offizielle-weigerung-kiews-minsker-abkommen-umzusetzen-was-sagt-westen-nun/
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Rolf Bader ist ehem. Geschäftsführer der Internationalen Ärzte für die
Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung
e.V. (IPPNW).
https://www.nachdenkseiten.de/?p=80328
,----
| Gemeinsame Sicherheit" als Strategie für eine Deeskalation des Konflikts
| mit Russland: Diplomatie als Grundlage der Konfliktlösung.
`----
Ein durchdachtes, lesenswertes Konzept
Ein Interview mit einem (Ex-)General der Bw
https://www.heise.de/tp/features/dann-wuerden-die-USA-der-Ukraine-den-Gashahn-zudrehen-6344362.html?seite=all
Interessante Vorschläge
„Angst vor Putins Rache: Wird Europas Sanktionskeule zum Bumerang?
Die EU könnte Russland wirtschaftlich hart treffen – ist aber selbst
verwundbar. Eine Lagebeurteilung mit Experte Janis Kluge."
https://www.srf.ch/news/international/konflikt-um-die-ukraine-angst-vor-putins-rache-wird-europas-sanktionskeule-zum-bumerang
,----
| Allerdings: Die Möglichkeiten, die russischen Energieexporte zu kappen,
| sind begrenzt. Zwar liessen sich russische Erdöllieferungen durchaus mit
| Schiffslieferungen aus anderen Staaten wie den USA ersetzen, so der
| deutsche Ökonom.
|
| Europa ist aber von russischen Gaslieferungen abhängig, für die es
| vorderhand keine Alternative gibt. «Die Gasspeicher in der EU sind
| aktuell sehr wenig gefüllt. Das ist eine zusätzliche Dimension in der
| aktuellen Krise, die es für die EU noch viel schwieriger macht, sich zu
| Sanktionen in Energiesektor durchzudringen.»
`----
Ein alter Text, der immer noch viel zu sagen hat: Die USA und
Deutschland als Kolonie
https://www.welt.de/print-wams/article607510/Deutschland-ist-eine-unglueckliche-Kolonie.html
,----
| WamS: Entschuldigen Sie bitte: Der aktuellen Eiszeit gingen Jahre des
| besten Verhältnisses zwischen beiden Nationen voraus. Die USA und
| Deutschland sind seit dem Zweiten Weltkrieg engste Verbündete.
|
| Sennett: Die US-Regierung will Verbündete, die ihr gehorchen. Sie will
| keine Diskussion. Unsere Regierung ist taub gegenüber Bedürfnissen aus
| dem Rest der Welt.
`----
Gerüchte über die Antwort des Westens auf Russlands Forderung.
https://de.rt.com/international/130893-us-und-nato-antwort-geleakt-angebot-abgelehnt-nur-kleinere-kompromisse-in-aussicht/
Wenn das stimmt, dann wird das alles nichts.
Sollte das stimmen, hätte es große Bedeutung.
https://de.rt.com/meinung/130857-erste-offizielle-weigerung-kiews-minsker-abkommen-umzusetzen-was-sagt-westen-nun/
--
https://friedenslage.blogspot.com/
Dienstag, 1. Februar 2022
Friedenslage am 01.02.2022 (15:54:05)
Über die Mitmacher aus der Dienstklasse.
--------------------------------
Über die Dummheit
Dietrich Bonhoeffer (1906-1945)
Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit.
Gegen das Böse läßt sich protestieren, es läßt sich bloßstellen, es läßt
sich notfalls mit Gewalt verhindern, das Böse trägt immer den Keim der
Selbstzersetzung in sich, indem es mindestens ein Unbehagen im Menschen
zurückläßt.
Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch durch
Gewalt läßt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht;
Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach
nicht geglaubt zu werden - in solchen Fällen wird der Dumme sogar
kritisch - und wenn sie unausweichlich sind, können sie einfach als
nichtssagende Einzelfälle beiseitegeschoben werden.
Dabei ist der Dumme im Unterschied zum Bösen restlos mit sich selbst
zufrieden; ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum
Angriff übergeht. Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten
als gegenüber dem Bösen.
Niemals werden wir mehr versuchen, den Dummen durch Gründe zu
überzeugen; es ist sinnlos und gefährlich.
Um zu wissen, wie wir der Dummheit beikommen können, müssen wir ihr
Wesen zu verstehen suchen. Soviel ist sicher, daß sie nicht wesentlich
ein intellektueller, sondern ein menschlicher Defekt ist. Es gibt
intellektuell außerordentlich bewegliche Menschen, die dumm sind, und
intellektuell sehr Schwerfällige, die alles andere als dumm sind. Diese
Entdeckung machen wir zu unserer Überraschung anläßlich bestimmter
Situationen.
Dabei gewinnt man weniger den Eindruck, daß die Dummheit ein angeborener
Defekt ist, als daß unter bestimmten Umständen die Menschen dumm gemacht
werden, bzw. sich dumm machen lassen. Wir beobachten weiterhin, daß
abgeschlossen und einsam lebende Menschen diesen Defekt seltener zeigen
als zur Gesellung neigende oder verurteilte Menschen und
Menschengruppen.
So scheint die Dummheit vielleicht weniger ein psychologisches als ein
soziologisches Problem zu sein. Sie ist eine besondere Form der
Einwirkung geschichtlicher Umstände auf den Menschen, eine
psychologische Begleiterscheinung bestimmter äußerer Verhältnisse. Bei
genauerem Zusehen zeigt sich, daß jede starke äußere Machtentfaltung,
sei sie politischer oder religiöser Art, einen großen Teil der Menschen
mit Dummheit schlägt. Ja, es hat den Anschein, als sei das geradezu ein
soziologisch- psychologisches Gesetz.
Die Macht der einen braucht die Dummheit der anderen. Der Vorgang ist
dabei nicht der, daß bestimmte - also etwa intellektuelle - Anlagen des
Menschen plötzlich verkümmern oder ausfallen, sondern daß unter dem
überwältigenden Eindruck der Machtentfaltung dem Menschen seine innere
Selbständigkeit geraubt wird und daß dieser nun - mehr oder weniger
unbewußt - darauf verzichtet, zu den sich ergebenden Lebenslagen ein
eigenes Verhalten zu finden.
Daß der Dumme oft bockig ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß er
nicht selbständig ist. Man spürt es geradezu im Gespräch mit ihm, daß
man es gar nicht mit ihm selbst, mit ihm persönlich, sondern mit über
ihn mächtig gewordenen Schlagworten, Parolen etc. zu tun hat. Er ist in
einem Banne, er ist verblendet, er ist in seinem eigenen Wesen
mißbraucht, mißhandelt.
So zum willenlosen Instrument geworden, wird der Dumme auch zu allem
Bösen fähig sein und zugleich unfähig, dies als Böses zu erkennen. Hier
liegt die Gefahr eines diabolischen Mißbrauchs. Dadurch werden Menschen
für immer zugrunde gerichtet werden können. Aber es ist gerade hier auch
ganz deutlich, daß nicht ein Akt der Belehrung, sondern allein ein Akt
der Befreiung die Dummheit überwinden könnte. Dabei wird man sich damit
abfinden müssen, daß eine echte innere Befreiung in den allermeisten
Fällen erst möglich wird, nachdem die äußere Befreiung vorangegangen
ist; bis dahin werden wir auf alle Versuche, den Dummen zu überzeugen,
verzichten müssen.
In dieser Sachlage wird es übrigens auch begründet sein, daß wir uns
unter solchen Umständen vergeblich darum bemühen, zu wissen, was »das
Volk« eigentlich denkt, und warum diese Frage für den verantwortlich
Denkenden und Handelnden zugleich so überflüssig ist - immer nur unter
den gegebenen Umständen.
Das Wort der Bibel, daß die Furcht Gottes der Anfang der Weisheit sei
(Psalm 111, 10), sagt, daß die innere Befreiung des Menschen zum
verantwortlichen Leben vor Gott die einzige wirkliche Überwindung der
Dummheit ist.
Übrigens haben diese Gedanken über die Dummheit doch dies Tröstliche für
sich, daß sie ganz und gar nicht zulassen, die Mehrzahl der Menschen
unter allen Umständen für dumm zu halten. Es wird wirklich darauf
ankommen, ob Machthaber sich mehr von der Dummheit oder von der inneren
Selbständigkeit und Klugheit der Menschen versprechen.
Quelle: Dietrich Bonhoeffer. Widerstand und Ergebung. Briefe und
Aufzeichnungen aus der Haft, hrsg. von E. Bethge. TB
Siebenstern. Gütersloh 1985. S.
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Über die Dummheit
Dietrich Bonhoeffer (1906-1945)
Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit.
Gegen das Böse läßt sich protestieren, es läßt sich bloßstellen, es läßt
sich notfalls mit Gewalt verhindern, das Böse trägt immer den Keim der
Selbstzersetzung in sich, indem es mindestens ein Unbehagen im Menschen
zurückläßt.
Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch durch
Gewalt läßt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht;
Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach
nicht geglaubt zu werden - in solchen Fällen wird der Dumme sogar
kritisch - und wenn sie unausweichlich sind, können sie einfach als
nichtssagende Einzelfälle beiseitegeschoben werden.
Dabei ist der Dumme im Unterschied zum Bösen restlos mit sich selbst
zufrieden; ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum
Angriff übergeht. Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten
als gegenüber dem Bösen.
Niemals werden wir mehr versuchen, den Dummen durch Gründe zu
überzeugen; es ist sinnlos und gefährlich.
Um zu wissen, wie wir der Dummheit beikommen können, müssen wir ihr
Wesen zu verstehen suchen. Soviel ist sicher, daß sie nicht wesentlich
ein intellektueller, sondern ein menschlicher Defekt ist. Es gibt
intellektuell außerordentlich bewegliche Menschen, die dumm sind, und
intellektuell sehr Schwerfällige, die alles andere als dumm sind. Diese
Entdeckung machen wir zu unserer Überraschung anläßlich bestimmter
Situationen.
Dabei gewinnt man weniger den Eindruck, daß die Dummheit ein angeborener
Defekt ist, als daß unter bestimmten Umständen die Menschen dumm gemacht
werden, bzw. sich dumm machen lassen. Wir beobachten weiterhin, daß
abgeschlossen und einsam lebende Menschen diesen Defekt seltener zeigen
als zur Gesellung neigende oder verurteilte Menschen und
Menschengruppen.
So scheint die Dummheit vielleicht weniger ein psychologisches als ein
soziologisches Problem zu sein. Sie ist eine besondere Form der
Einwirkung geschichtlicher Umstände auf den Menschen, eine
psychologische Begleiterscheinung bestimmter äußerer Verhältnisse. Bei
genauerem Zusehen zeigt sich, daß jede starke äußere Machtentfaltung,
sei sie politischer oder religiöser Art, einen großen Teil der Menschen
mit Dummheit schlägt. Ja, es hat den Anschein, als sei das geradezu ein
soziologisch- psychologisches Gesetz.
Die Macht der einen braucht die Dummheit der anderen. Der Vorgang ist
dabei nicht der, daß bestimmte - also etwa intellektuelle - Anlagen des
Menschen plötzlich verkümmern oder ausfallen, sondern daß unter dem
überwältigenden Eindruck der Machtentfaltung dem Menschen seine innere
Selbständigkeit geraubt wird und daß dieser nun - mehr oder weniger
unbewußt - darauf verzichtet, zu den sich ergebenden Lebenslagen ein
eigenes Verhalten zu finden.
Daß der Dumme oft bockig ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß er
nicht selbständig ist. Man spürt es geradezu im Gespräch mit ihm, daß
man es gar nicht mit ihm selbst, mit ihm persönlich, sondern mit über
ihn mächtig gewordenen Schlagworten, Parolen etc. zu tun hat. Er ist in
einem Banne, er ist verblendet, er ist in seinem eigenen Wesen
mißbraucht, mißhandelt.
So zum willenlosen Instrument geworden, wird der Dumme auch zu allem
Bösen fähig sein und zugleich unfähig, dies als Böses zu erkennen. Hier
liegt die Gefahr eines diabolischen Mißbrauchs. Dadurch werden Menschen
für immer zugrunde gerichtet werden können. Aber es ist gerade hier auch
ganz deutlich, daß nicht ein Akt der Belehrung, sondern allein ein Akt
der Befreiung die Dummheit überwinden könnte. Dabei wird man sich damit
abfinden müssen, daß eine echte innere Befreiung in den allermeisten
Fällen erst möglich wird, nachdem die äußere Befreiung vorangegangen
ist; bis dahin werden wir auf alle Versuche, den Dummen zu überzeugen,
verzichten müssen.
In dieser Sachlage wird es übrigens auch begründet sein, daß wir uns
unter solchen Umständen vergeblich darum bemühen, zu wissen, was »das
Volk« eigentlich denkt, und warum diese Frage für den verantwortlich
Denkenden und Handelnden zugleich so überflüssig ist - immer nur unter
den gegebenen Umständen.
Das Wort der Bibel, daß die Furcht Gottes der Anfang der Weisheit sei
(Psalm 111, 10), sagt, daß die innere Befreiung des Menschen zum
verantwortlichen Leben vor Gott die einzige wirkliche Überwindung der
Dummheit ist.
Übrigens haben diese Gedanken über die Dummheit doch dies Tröstliche für
sich, daß sie ganz und gar nicht zulassen, die Mehrzahl der Menschen
unter allen Umständen für dumm zu halten. Es wird wirklich darauf
ankommen, ob Machthaber sich mehr von der Dummheit oder von der inneren
Selbständigkeit und Klugheit der Menschen versprechen.
Quelle: Dietrich Bonhoeffer. Widerstand und Ergebung. Briefe und
Aufzeichnungen aus der Haft, hrsg. von E. Bethge. TB
Siebenstern. Gütersloh 1985. S.
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