Über das österreichische Bundesheer
https://orf.at/stories/3170827/
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| Landesverteidigung soll reduziert werden
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| Das Bundesheer steht vor einer tiefgreifenden Umstrukturierung. Die
| Ressortführung plant, die militärische Landesverteidigung auf ein
| Minimum zu reduzieren. Das Militär werde auf Cyberdefence und
| Katastrophenschutz ausgerichtet, hieß es in einem Hintergrundgespräch
| vonseiten der Ministeriumsführung.
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Für diese neuen zentralen Aufgaben braucht man eigentlich keine
bewaffneten Truppen. Cyberdefence können auch Zivilisten machen, es sein
denn, man möchte übers Internet Bomben und Granaten in feindlichen
Landen entzünden. Und für den Katastrophenschutz braucht man Rotes
Kreuz, Feuerwehr und THW, die man besser nicht bewaffnet.
Rätselhaft.
Dazu die Frage nach dem Sinn des österreichischen Bundesheers:
https://twitter.com/DominikSchramm/status/1255602938250133508
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| Wer sollte uns in der EU angreifen?
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| Kommt ein Land außerhalb der EU bis zu uns bevor es von anderen EU
| Migliedern oder NATO Staaten aufgehalten wird?
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| Und was wollen die paar zehntausend Mann die wir haben ausrichten,
| sollte so ein Fall eintreten?
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Ein Offizier antwortet auf Twitter:
https://twitter.com/NicoFichte/status/1255620383845146624
Und folgende seiner Tweets
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| Da steckt viel in der Frage, ich versuch mein Bestes es zu beantworten.
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| 1. Geopolitische Akteure ringen immer schon um Einfluss, um eigene
| Interessen wie zB Ressourcen zu sichern, um das eigene Überleben zu
| garantieren. Die Ressourcen sind beschränkt & keiner will überbleiben.
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| 2. Das bedeutet, man wird zu diesem Spiel gezwungen.
Kooperation zum gegenseitige Vorteil scheint auf die Dauer und über
große geografische Räume nicht möglich.
Nun wäre es von Bedeutung, dieses Axiom an der gegenwärtigen Situation
zu erklären. Dann würde vielleicht auffallen, dass es immer wieder und
auf vielen Feldern Kooperationen gibt, und es würde vielleicht geklärt
werden, ob jeder, der sich seine Ressourcen sucht, nicht anders ist als
der andere.
| 3. Früher war dazu ein konventioneller Krieg nach Kriegserklärung ein
| legitimes Mittel.
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| 4. Mittlerweile bewegen wir uns nichtmehr im schwarz-weiß Bild mit Krieg
| oder Frieden, sondern im grauen Spektrum irgendwo dazwischen.
Danach leben wir in Europa in einem Semi-Krieg? Und zwar in ganz Europa,
wenn auch an der einen Stellen womöglich mehr als an einer anderen.
| 5. In diesem grauen Spektrum ist immer ein Zustand irgendwo zwischen
| Konflikt oder Frieden.
Nun müsste man aber konkret werden.
| 6. Im grauen Spektrum werden Dipolomatie, Wirtschaft, Kultur und
| Information für eigene Zwecke instrumentalisiert.
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| 7. Das Militär ist nur der letzte Tropfen der das Faß überlaufen
| lässt.
Hm, wo sind hier diese gefährlichen Situationen? Und zwar so, dass
ihretwegen Deutschland und/oder Österreich eine Armee brauchen.
| 8. Das nennt man die sogenannte Hybride Kriegsführung.
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| 9. Der Angreifer trachtet dabei immer danach, die Schwachstellen zu
| treffen.
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| 10. Europa ins Herz zu treffen könnte also durchaus dort passieren, wo
| gerade das Militär schwach ist - zB in Österreich.
Wer will das militärisch schwache Österreich denn womöglich angreifen?
Wer? Wann? Wo? Womit?
| 11. Direkter Nutzen für einen Angreifer wäre in Österreich die Kontrolle
| von Logistiknetzen/Drehscheiben, Wasser, Pumpspeicherkraftwerke, die
| nach dem Blackout das Stromnetz starten, fruchtbares Land & erhöhtes
| Gebiet in Zeiten des Klimawandels, Geld da Österreich reich ist etc.
Mag sein. Kampftruppen helfen beim digitalen Angriff auf kritische
Infrastrukturen allerdings nicht.
| 12. Eine militärische Bedrohung ist also keineswegs offensichtlich oder
| im 2WK Stil mit Panzerdivisionen von Moskau nach Wien. Viel eher ist
| es
Von Moskau aus. Selbstverständlich. Da leben bekanntlich auch die
einzigen politischen Kräfte auf der Welt, die sich jedes politische
Regime der Welt nach eigenem Gusto formen wollen.
| ein Cyberangriff, Ausnutzen von Unruhen und Organisation von bewaffneten
| Aufständen oder ähnliches. Dafür muss man kein Nachbarland sein
Also Moskau will möglicherweise in Österreich einen Aufstand
anzetteln. So einen kommunistischen Putsch wie Juli 1934 oder irgendwie
so ähnlich. Und dazu braucht man dann das Bundesheer
| 13. Die Vorwarnzeit für zb Cyberangriffe mit militärischem Zweck ist
| Null. Desinformation etc ebenso.
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| 14. Aufbau von militärischen Fähigkeiten dauert aber 10 Jahre.
Stimmt schon. Aber bislang ist deren konkrete politische Notwendigkeit
nicht gezeigt. - Bislang nur: Man weiß nie, was kommt, deshalb könnte es
sinnvoll sein, ein paar schießtüchtige Leute zu haben. Und das muss ja
nicht falsch sein.
| 15. In der Krise ist das Militär die letzte (=strategische)
| Handlungsreserve der Republik zum Schutz d. Bevölkerung
|
| 16. Soll das Militär als Versicherung des Sicherheitsstandards
| fungieren, muss man in die Versicherung vor der Zeit einzahlen. Wie bei
| der Vollkasko beim Auto.
Die Versicherungsnotwendigkeiten kann der Versicherungsmathematiker
zeigen. Armeen dagegen können nur nach politischer Beurteilung mit
politischer Entscheidung aufgestellt werden.
| 17. Das Militär springt also dann ein, wenn die Routine der normalen
| zivilen Gesellschaft unwideruflich bricht.
|
| 18. Diese Funktion passiert großteils durch Abschreckung in Form von
| Bereithaltung.
Das Bundesheer schreckt niemanden ab. Die Sicherheit Österreichs muss
andere Ursachen haben.
| 19. Daher ist "Es war schon ewig kein Krieg mehr" als Aussage zum
| Militär etwa ähnlich seicht, wie "Es gab eh schon ewig keinen Trojaner
| mehr" zum Antiviren Programm am PC. Die Existenz begründet
Mag ja stimmen. Nur begründet das nicht, warum gerade _dieses_ Militär
mit _dieser_ und nicht _jener_ Stärke, Ausrüstung, Ausrichtung notwendig
sein sollte / notwendig ist.
| 20. Ein Land ohne Militär gibt es nicht. Ohne eigenes Militär hingegen
| sehr wohl.
|
| 21. Leider vergessen wir durch unsere europäisch humanitäre Brille gern,
| dass nicht die ganze Welt so tickt wie wir. Andere Länder nutzen
| Waffengewalt, Terrorismus oder können ihn nicht unterbinden.
Stimmt schon. Nur begründet das nicht, warum gerade _dieses_ Militär
mit _dieser_ und nicht _jener_ Stärke, Ausrüstung, Ausrichtung notwendig
sein sollte / notwendig ist.
| 22. Letzen Endes herrscht wenn es hart auf hart kommt das Recht des
| Stärkeren.
|
| 23. Für ein demokratisches Land sollte das eine humanitär geprägte Armee
| sein, die für die Rechte der Bürger (auf Leben usw.) eintritt, nicht
| irgendein Dahergelaufener, der zufällig halt bewaffnet ist.
Stimmt sicher.
| 24. Humanitär und Rechtlich bringt mich auf einen weiteren Punkt. Die EU
| hat im Artikel 42/7 EUV eine militärische Beistandspflicht seit dem
| Vertrag von Lissabon. Ebenso wie eine Verpflichtung zur Weiterentwicklung
| bzw. Rüstung.
|
| 25.Ich interpretiere das als Wille die EU Bürger zu schützen. Denn ein
| EU Land alleine kann sich gegen die großen geopolitischen Player nicht
| behaupten. Es bedeutet aber Beistandspflicht für alle anderen auch.
Man könnte es auch als Absicht nehmen, als GlobalPlayer mit zspielen.
| 26. Die rechtzeitige Vorgersage wann wer wie wo angreift ist unmöglich
Richtig. Und deshalb gilt jede Militärpolitik dass sie politisch
auswählen und begründen muss, auf Risiko.
| 27. Daher ergibt sich die Schlussfolgerung dass militärische Kräfte mit
| allen Fähigkeiten bereitgehalten werden müssen. In den meisten Ländern
Dem kann man im Prinzip nicht widersprechen. Jedoch, wird es realisiert,
dann müsste man immer annehmen, dass jede Armee auf alle nur denkbaren
Möglichkeiten aller anderen Armeen vorbereitet sein müsste. Das ergäbe
ein allseitiges Aufrüstungsprogramm, das alles Staaten verschlingen
würde. Das geht also gar nicht, man sich vielmehr politisch entscheiden:
Die Gefahren für Österreich sind minimal, es langt, wenn hauptsächliche
Fähigkeiten zur Verfügung stehen.
Nach dem, was ich gerade lese, rüstet man jedoch in Österreich das
Militär ab, indem man es auf Aufgaben umrüstet, für die man kein Militär
braucht. Was der Autor, mir nachvollziehbar, an anderer Stelle ablehnt. Denn
dann ist faktisch gar keines mehr da, nur noch die Simulation von Militär.
| ist dies auch in der Kultur verankert. Österreich war historisch das
| Militär eher weniger hilfreich, daher ist der Ansatz ungewohnt.
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Es geht einen Deutschen grundsätzlich nichts an, ob die Republik
Österreich eine Armee hat und wenn ja, welche. Das ist deren souveräne
Entscheidung. - Aber darum geht es hier auch nicht.
Sondern darum, wie man eine Armee begründet. Hier liegt ein durchaus
exemplarischer Fall vor: Die Armee wird eben nicht mit einer politischen
Analyse und ihren Schlussfolgerungen begründet, sondern mit sowas wie
einer anthropologischen Konstante: Ringen um Einfluss, Überlegen. Und es
wäre unsinnig, so etwas zu bestreiten. Politisch ist das allerdings erst
konkret von Bedeutung, in einer konkreten politischen Situation,
konkreten Herausforderungen, Chancen und Gefahren. Politische
Entscheidungen setzen solche Analysen voraus. Das liegt hier nicht vor,
von hinten drängelt sich was rein, ein Bild von einem Moskau, das
überall auf der Welt, selbst in Österreich, Revolutionen anzettelt, wenn
es ihm gefällt.
Eine so ungenaue Begründung führt dann zu einer Armee, die für alles und
jedes zuständig sein kann, heute eben für Datensicherheit und
Feuerwehr.
Für irgendeinen ernsthaften militärischen Einsatz war das Bundesheer eh
nicht geeignet:
https://twitter.com/HoansSolo/status/1275789298399350791
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| Mit Ausnahme von Cyberdefence wird hier institutionalisiert was de-facto
| schon lange der Fall ist: Das #Bundesheer "kann nicht"
| mil. Landesverteidigung.
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Wenn Österreich trotzdem "sicher" war und ist, könnte das ja an der
internationalen Einbettung und den internationalen Garantien des
neutralen Österreichs liegen. Dazu kann auch eine eigene Armee gehören,
dann aber eher aus dekorativen Gründen: Man hat sowas halt.
Der Appell "EFFEKTIVE LANDESVERTEIDIGUNG"
(http://www.bundesheer.at/download_archiv/pdfs/positionspapier_chgstb_2019.pdf)
führt uns aber auch nicht weiter. Der Abschnitt über die
Luftverteidigung würde, nähme mqn ihn ernst, zu einem Rüstungsprogramm
führen, das die Möglichkeiten Österreichs - und so gut wie jedes Staates
- weit überschreitet.
Der Appell überfordert die Politik. Ihr Text unterfordert sie.
Auch in Deutschland gibt es sowas:
https://twitter.com/Forum_DL21/status/1275731228872892418
Das Statement des Profs von der Uni der Bw München über das Verhältnis
von Sicherheits- und Friedenspolitik enthält im ersten Teil
Weisheiten aus einem vernachlässigten Kindergartens, völlig von den
konkreten Entwicklungen abstrahierend, miserable Allgemeinheiten, die so
sehr einleuchten, dass der Zuhörer nachher blöder ist als vorher,
Und wenn im Osten Europas die Sicherheitslage sich verschärft hat,
könnte es ja daran liegen, dass mit der internationalen Einbettung
nachlässig umgegangen wurde. Statt sie, wie in der Charta-von-Paris 1990
vorgesehen, zu vertiefen, wurde sie sukzessive durch die
Institutionalisierung von Konfrontation ersetzt. Und nun wird gerüstet,
ohne dass die Rüstung die Sicherheitslage verbessert, im Gegenteil.
Propaganda solchen Unfugs findet man hier:
Centre for Eastern Studies (OSW)
https://www.osw.waw.pl/en/historia
Eine vollständig vom polnischen Staat finanzierte Einrichtung.
Man nehme etwa diesen extremistischen Text:
https://www.osw.waw.pl/en/publikacje/osw-commentary/2019-02-22/us-german-clash-over-international-order-and-security
Eine Nachricht aus Russland
https://twitter.com/AlexandrZaedaet/status/1275737545280819200
Kirche und Militär, das kann eine toxische Mischung sein.
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| Vor dem Tempel des Krieges wird zu Ehren des Feiertags zu Beginn des
| Großen Vaterländischen Krieges ein deutscher Panzer rituell verbrannt,
| und es ist auf so vielen Ebenen wunderbar, dass es keine Worte gibt.
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Eine Nachricht aus der Kieler Spitzentechnik
https://augengeradeaus.net/2020/06/dauerproblem-marine-rettungszentrum-jetzt-passt-es-nicht-aufs-schiff/
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https://friedenslage.blogspot.com/