Freitag, 19. Juni 2020

Friedenslage am 19.06.2020 (17:08:07)

"Die Kernfrage: Nukleare Abschreckung im Fokus von Friedensethik und
Sicherheitspolitik"
http://www.ethikundmilitaer.de/de/themenueberblick/20201-nukleare-abschreckung/
Eine Zeitschrift der katholischen Militärseelsorge, viele Aspekte der
atomaren Bewaffnung, für manche muss man schon etwas älter sein, zB für
die "Heidelberger Thesen".

Ein wichtiger Text daraus:
"Erweiterte nukleare Abschreckung und Teilhabe: Gemeinsam überwinden,
nicht einsam aussteigen"
http://www.ethikundmilitaer.de/de/themenueberblick/20201-nukleare-abschreckung/richter-erweiterte-nukleare-abschreckung-und-teilhabe-gemeinsam-ueberwinden-nicht-einsam-aussteigen/
Ein - wie immer - lesenswerter Text von Wolfgang Richter

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| Daraus haben mehrere amerikanische Experten und Regierungsbeamte die
| Schlussfolgerung gezogen, dass die USA in der Lage sein müssten, einen
| regional begrenzten Atomkrieg zu führen und zu gewinnen und gleichzeitig
| vor der strategischen Eskalation abzuschrecken. Dabei tragen sie
| westlichen Analysen Rechnung, dass Russland versucht sein könnte,
| etwaige Gewinne eines Angriffs mit einer begrenzten nuklearen Eskalation
| zu sichern.24 Um dennoch die Glaubwürdigkeit der „erweiterten
| Abschreckung" zu gewährleisten, sollten „low yield"-Gefechtsköpfe für
| strategische und substrategische Trägersysteme zur Verfügung stehen, um
| die Auswirkungen atomarer Einsätze begrenzen zu können. In diesem
| Kontext hat die Nuclear Posture Review der USA von 2018 die Entwicklung
| solcher Gefechtsköpfe für SLBM und seegestützte Marschflugkörper
| angekündigt. Auch die Freifallbomben B 61-3/4, die für die nukleare
| Teilhabe vorgesehen sind, erlauben variable Detonationsstärken. Die
| derzeitige Umrüstung auf die Version B 61-12 steigert zudem die
| Präzision und Abstandsfähigkeit der Bombe, die auch in Deutschland
| stationiert ist.25 Obwohl die operative Notwendigkeit eines
| Atomeinsatzes schwer zu begründen wäre, wächst somit in der Krise die
| Gefahr, dass ein begrenzter Atomkrieg für möglich gehalten wird, der
| zulasten von Verbündeten geführt würde. Sie ergibt sich aus dem
| nationalen Interesse der USA, einen vernichtenden strategischen
| Schlagabtausch zu vermeiden, aber die erweiterte Abschreckung im
| Konfliktfall durchzusetzen.
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Das gesamte Heft als PDF.
http://www.ethikundmilitaer.de/fileadmin/ethik_und_militaer/Ethik-und-Militaer-2020-1.pdf



Vom "German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS)" der
Führungsakademie der Bundeswehr
https://gids-hamburg.de/der-auftrag-des-gids-2/
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| Die Welt ist im Umbruch, die Bedingungen für die Sicherheitspolitik
| verändern sich. Dies stellt auch Bundeswehr und Bundesregierung vor
| strategische Herausforderungen.
|
| Das German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS) wurde als
| eine Kooperation der Führungsakademie der Bundeswehr und der Helmut
| Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg gegründet, um
| auf jene Herausforderungen fundierte Antworten geben zu können.
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Ein Beitrag zur Drohnen-Debatte
https://gids-hamburg.de/zur-aktuellen-drohnendebatte-ueberblick-und-einschaetzung-bewaffneter-drohnen-fuer-deutschland/

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| Aktuelle Drohnendebatte – Überblick und Einschätzung
| Drohnen, Ethik, Strategie/militärische Strategie
| Mit anschließendem Factsheet: Bewaffnete Drohnen – ein Überblick
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https://gids-hamburg.de/wp-content/uploads/2020/06/GIDSstatement2020_04_Franke_Scheidt.pdf
Weil der Text jene Kriege, in denen solche bewaffneten Drohnen verwendet
werden können, nicht thematisiert, ist der Text durchaus
suboptimal. Kommt bei dieser Textmanufaktur durchaus öfter vor:
https://friedenslage.blogspot.com/2020/02/friedenslage-am-26022020-114915.html
https://friedenslage.blogspot.com/2020/04/friedenslage-am-05042020-145610.html
https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/streitkraefte_und_strategien/Zu-hohe-Erwartungen-an-Bundeswehr-Denkfabrik,streitkraefte554.html



Putin: 75 Jahre nach Kriegsende
https://nationalinterest.org/feature/vladimir-putin-real-lessons-75th-anniversary-world-war-ii-162982
Ein langer Beitrag von Wladimir Putin, der in der deutschen Übersetzung
die Überschrift trägt: "75 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges:
Gemeinsame Verantwortung vor Geschichte und Zukunft". Das Portal
"NationalInterest" gehört zur neo-konservativen und "realistischen"
Reagan-Ecke der US-Politik. Sehr bemerkenswert, dass der Putin-Text
zuerst dort veröffentlicht wird. Er beschäftigt sich in der ersten
Hälfte mit seiner Sicht auf den deutsch-sowjetischen
Nichtangriffspakt. Sein Argument, so einfach wie schwer widerlegbar: Den
Nichtangriffspakt versteht nur, wer das Münchener Abkommen bedenkt. Im
zweiten Teil geht es um Schlussfolgerungen für die Gegenwart. - Man kann
ja davon ausgehen, dass in der FAZ und anderen Zeitungen kritische
Kommentare dazu erscheinen werden, bevorzugt von Professores und
Doctores. Sputnik hat eine deutsche Übersetzung vorgelegt. (Die manchmal
mit der heißen Nadel gestrickt scheint, so wird der Name des
französischen Generals Foch, Befehlshaber in WW1, falsch geschrieben.)
https://de.sputniknews.com/gesellschaft/20200619327393410-75-jahre-des-grossen-krieges-gemeinsame-verantwortung-vor-geschichte-und-zukunft/



"Die Nato kann früher mit Atomschlägen drohen
Die Verteidigungsminister haben sich auf ein neues Konzept für
Abschreckung geeinigt"
https://zeitung.faz.net/faz/politik/2020-06-18/die-nato-kann-frueher-mit-atomschlaegen-drohen/472227.html

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| Die Nato zieht Konsequenzen aus der russischen Einsatzdoktrin für
| Nuklearwaffen. Die sieht schon seit 2010 vor, Atomwaffen nicht nur in
| großen Kriegen einzusetzen, sondern auch „in regionalen Kriegen oder
| sogar einem lokalen Krieg", und zwar jeweils ausdrücklich auch dann,
| wenn der Gegner nur konventionelle (nichtnukleare) Waffen einsetzt.
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Es gehe um die russische Strategie der "Eskalation zur
Deeskalation". Nach vielem, was man lesen, gibt es diese Strategie nur
in der Phantasie von Nato-Strategen.
https://www.swp-berlin.org/publikation/russland-und-die-nukleare-ruestungskontrolle/

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| Ein »escalate to de-escalate«-Ansatz lässt sich jedoch in Russlands
| Militärdoktrin und seiner nuklearen Einsatzpolitik nicht erkennen.23 Aus
| Sicht der US-Regierung verfolge Russland einen solchen Ansatz, mit dem
| es den möglichen Einsatz kleiner Nuklearsprengköpfe zur Abschreckung
| erwäge, um eine Eskalationsdominanz in regionalen Konflikten mit der
| Nato zu erzwingen.24 Die Schlussfolgerung, die Washington in der US
| Nuclear Posture Review aus dem Jahre 2018 zieht, lautet, dass die durch
| Moskaus Ansatz gefährdete Eskalationsdominanz wiederherzustellen sei:
| Die Trump-Administration beabsichtigt, das nukleare Dispositiv zu
| flexibilisieren, und erzeugt die Illusion, eine militärische
| Auseinandersetzung mit treffsicheren Nukleargefechtsköpfen geringer
| Sprengkraft (mini nukes) sei führbar.25 Allerdings erschwert es eine
| solche Annahme, zwischen strategi­schen und substrategischen Systemen zu
| unterscheiden, und könnte die »Nuklearschwelle« senken. Sie könnte also
| genau das bewirken, wessen die russische Führung bezichtigt wird.26
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Ferner:
https://warontherocks.com/2017/09/the-myth-of-russias-lowered-nuclear-threshold/
https://das-blaettchen.de/2018/05/fake-news-ueber-russlands-atomwaffenstrategie-44053.html
https://augengeradeaus.net/2020/04/sicherheitshalber-der-podcast-folge-26-russlands-sicherheitspolitische-faehigkeiten-ambitionen/
(Hier der Beitrag des österreichischen Russland-Spezialisten. Soviel
kritische Distanz zu Nato-Narrativen ist von den Angehörigen der
Bw-Uni-München nicht zu erwarten.)
Man kann erwarten, dass große Teile unserer Presse sich nicht daran
machen, dieses Nato-Narrativ kritisch zu überprüfen und es in einiger
Zeit zu jenen öffentlichen Erzählungen gehört, die jeder, der es will,
einfach so ableiert, ohne Rechenschaft geben zu müssen. - Mal sehen, wie
die deutsche Regierung das rechtfertigen wird.



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