Aus einem Text der "Gesellschaft für Sicherheitspolitik"
https://www.gsp-sipo.de/
https://lobbypedia.de/wiki/Gesellschaft_f%C3%BCr_Sicherheitspolitik
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| Nach dem Interview von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im Tagesspiegel
| vom 3. Mai dieses Jahres ist deutlich geworden, dass es in der deutschen
| Politik wieder ein Kernwaffenthema gibt. Mützenich will, dass
| Deutschland aus der nuklearen Teilhabe der NATO aussteigt und er
| begründet dies mit angeblich einschneidenden und gefährlichen
| Veränderungen in der amerikanischen Nuklearstrategie sowie damit, dass
| die nukleare Teilhabe ein Relikt aus dem Kalten Krieg und militärisch
| ohnehin obsolet sei. In einem Artikel im IPG-Journal vom 7. Mai 2020
| hatte er seine Punkte in etwas milderer Form präzisiert, aber die
| Tendenz bleibt dieselbe. Seine Äußerungen sollten Anlass sein, über die
| neue nukleare Problematik gründlicher nachzudenken.
|
| Prof. Dr. Joachim Krause ist Direktor des Instituts für
| Sicherheitspolitik an der Universität Kiel und einer der führenden
| europäischen Experten für Nuklearwaffen und Rüstungskontrolle. Neben
| vielen anderen Funktionen ist er auch Mitglied des Kuratoriums der GSP.
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| *GSP-Einblick erscheint unregelmäßig mit Interviews, Standpunkten oder
| Essays von herausragenden Expertinnen und Experten der deutschen und
| internationalen Sicherheitspolitik. Es wird ausschließlich die Position
| des jeweiligen Autors/der Autorin vertreten, die nicht zwangsläufig der
| Position der GSP entsprechen muss.
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https://www.gsp-sipo.de/fileadmin/Daten_GSP/D-Kacheln_Startseite/B-Einblick/GSP-Einblick_5_2020_Krause.pdf
Eine kleine Kommentierung
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| Die neue nukleare Frage – eine Antwort auf Rolf Mützenich
|
| In diesem Zusammenhang macht es Sinn, sich einige der Behauptungen
| Mützenichs genau anzuschauen und zu prüfen, ob sie der Realität
| entsprechen oder nicht. An erster Stelle steht die Behauptung
| Mützenichs, wonach die US- Regierung ihre Nuklearstrategie so
| „einschneidend verändert" habe, „dass ein Einsatz dieser Waffen hier in
| Europa wieder viel wahrscheinlicher geworden ist." Mützenich
| behauptet, Trumps Regierung habe verkündet, „dass Atomwaffen nicht mehr
| nur der Abschreckung dienen, sondern Waffen sind, mit denen man Kriege
| führen kann." Laut Mützenich würden wir angeblich seit George W. Bush
| „eine Neuausrichtung von Nuklearwaffen als Mittel zur Kriegsführung"
| erleben. In diesem Zusammenhang kritisiert er, dass Trumps Regierung
| „die in Deutschland lagernden Atomwaffen durch modernisierte,
| zielgenauere atomare Lenkwaffen" ersetzen will. „Das Eskalationsrisiko,"
| so Mützenich, werde damit „unüberschaubar."
|
| Veränderung der US-Nuklearstrategie?
|
| Die Behauptung, wonach es eine einschneidende Veränderung der
| amerikanischen Nuklearstrategie gegeben habe, wird in der seriösen
| Fachliteratur nicht unterstützt. ...
Aja. Andere sagen das. Und dann muss das ja stimmen. (/IronieOff)
| Eines bleibt aber unverändert:
| die USA betrachten den Einsatz von Kernwaffen nur unter extremsten
| Situationen als angebracht, und zwar dann, wenn es um das Überleben der
| USA oder ihrer Verbündeten geht. ...
Anders also zu Zeiten der "flexible response", als die USA sich
ausdrücklich zum Ersteinsatz von Atomwaffen bekannten.
| Was könnte Rolf Mützenich dazu veranlasst haben, von einer
| „einschneidenden Veränderung der amerikanischen Nuklearstrategie" zu
| sprechen? Vermutlich wird er damit die Kritik gemeint haben, die
| amerikanische Rüstungskontrollexperten an der Reaktion der
| Trump-Administration auf den Bruch des INF-Vertrags durch Russland
| geäußert haben. Die Trump-Administration hat beschlossen, auf
| strategischen U-Booten, die mit ballistischen Raketen großer Reichweite
| ausgerüstet sind (Sea-launched ballistic missiles – SLBM), die
| Möglichkeit zu schaffen, einzelne Raketen mit Sprengköpfen abzufeuern,
| die eine reduzierte Sprengkraft (low yield warheads) und eine
| verringerte Reichweite haben. Zudem ist angekündigt worden, seegestützte
| Marschflugkörper auch mit nuklearen Sprengköpfen auszurüsten. Die Um-
| rüstung einiger SLBMs auf niedrige Sprengkraft ist bereits im März
| dieses Jahres erfolgt, die Einführung eines nuklearfähigen seegestützten
| Marschflugkörpers (vermutlich einer nuklearen Version des Tomahak
| Flugkörpers) wird noch einige Zeit dauern.
Na, sieht so aus, als ob Mützenich doch recht hat.
| Hauptkritikpunkt ist dabei, dass diese Waffen eher zum Einsatz taugen
| als die großkalibrigen strategischen Nuklearwaffen und daher einen
| Kernwaffenkrieg wahrscheinlicher werden lassen. Dieses Argument ist
| abstrakt gesehen nicht falsch, und tatsächlich gibt es einen gewissen
| globalen Trend in Richtung einer stärkeren Führbarkeit von begrenzten
| Nuklearkriegen, der kritisch zu sehen ist.
"Abstrakt" hat Mützenich also recht. Das muss man erstmal
festhalten. Konkret liegt es aber an den Russen.
|Aber, wer wie Mützenich,
| ausschließlich die USA dafür verantwortlich macht, muss sich den
| Vorwurf gefallen lassen, dass er gerade die Hauptverantwortlichen für
| diese Entwicklung ausspart – und das sind Russland und zudem die VR
| China.
|
| Schauplatzgebundene Nuklearwaffen
|
| Es geht hier um substrategische (non-strategic) oder besser:
| schauplatzgebundene Kernwaffen (theater nuclear forces – TNF), die
| früher auch als taktische Kernwaffen bezeichnet worden sind und zu denen
| auch Mittelstreckenwaffen (intermediate nuclear forces – INF) zu zählen
| sind. Sowohl die USA als auch die Sowjetunion hatten während des
| Ost-West-Konflikts große Mengen (insgesamt zwischen 20.000 und 25.000)
| dieser Waffen hergestellt und in die Teilstreitkräfte integriert. Was
| den europäischen Schauplatz betraf, hatte die NATO ab 1967 auf Drängen
| der USA die Rolle der TNF in der NATO-Strategie deutlich zurückgenommen,
So ...
| weil ihr womöglich früher Einsatz auf dem Gefechtsfeld dazu geführt
| hätte, dass das zerstört worden wäre, was man verteidigen wollte. Ihr
| Einsatz war nur für den Fall vorgesehen, dass der Warschauer Pakt sie
| zuerst verwenden würde und sollte von einem derarigen Einsatz
| abschrecken. Einige wenige waren auch als Instrument der vorbedachten
| nuklearen Eskalation vorgesehen, mit der die NATO im Augenblick einer
| absehbaren Niederlage den Warschauer Pakt zur Aufgabe zwingen
| wollte. Hierzu sollten vor allem die Raketen und Marschflugkörper
| mittlerer Reichweite dienen.
Also doch nicht. Denn die Planungen setzten einen großen konventionellen
Angriff der Warschauer Pakt-Truppen voraus, dem die kleine Nato in
Mittel- und Westeuropa nicht hätte standhalten können.
(Erst bestreiten, dann die Lage neu drehen und dann doch zugeben, dass
Mützenich recht haben könnte ....)
| Der Warschauer Pakt verfolgte bis Mitte der 1980er Jahre eine auf
| Offensive ausgerichtete Militärstrategie für den europäischen
| Kriegsschauplatz, in dem der Einsatz taktischer Kernwaffen von Beginn an
| vorgesehen war. ...
Da hätte man gerne einen Beleg.
Kommt aber nicht. Wird wohl auch nicht kommen.
| Erst seit dem Beginn einer russischen
| Außenpolitik, die bewusst auf Gegnerschaft zum Westen setzt (etwa seit
| 2007) und im Rahmen der gründlichen Modernisierung der russischen
| Streitkräfte (seit 2008),
Und das haben die Russen natürlich sich einfach so einfallen lassen. Vor
allem ohne jede Ansage, was ihnen im Umgang des Westens mit Russland
nicht passt. Und bei extremster Zuwendung des Westens gegenüber
Russland, man hat nachgegeben, wo man nur konnte. (/IronieOff)
| hat sich – um die Diktion von Rolf Mützenich
| zu gebrauchen – eine „einschneidende Veränderung" ergeben. Russland
| bereitet sich – so nach übereinstimmender Erkenntnis einer zunehmenden
| Zahl von Strategieexperten –
Wieder das Argument: Die anderen sagen auch, was ich sage ...
| auf regionale Kriege in seiner
| Nachbarschaft vor. Dies betrifft primär den Ostseeraum (baltische
| Staaten, Finnland, Schweden, Polen) sowie den Schwarzmeerraum (Ukraine,
| Moldowa).
Das ist nun äußerst seltsam. Erst versuchte man, Russland seine Festung
Sebastopol auf die kalte Art zu nehmen, dann darf es doch aber
bittschön keine Gegenmaßnahmen für andere Geländegewinne vorbereiten.
| Russlands Militärdoktrin von 2014
|
| Regionale Kriege nehmen in der russischen Mlitärdoktrin vom Dezember
| 2014 einen zentralen Stellenwert ein. Es sind Kriege an der Peripherie
| Russlands die unter allen Umständen gewonnen werden müssen, auch unter
Nein, wirklich, die wollen Kriege, in die sie verwickelt werden, auch
noch gewinnen! Das hat der Westen seit Afghanistan bekanntlich
aufgegeben. (/IronieOff)
| Einsatz von Kernwaffen oder deren Androhung. Im russischen
| militärstrategischen Denken sind Kernwaffen ein Instrument zur Schaffung
| von Eskalationsdominanz in regionalen Kriegen – allesamt Kriege, bei
Zum einen: Hier fehlt wieder jeder Beleg. Gibt wohl auch keine.
https://das-blaettchen.de/2018/05/fake-news-ueber-russlands-atomwaffenstrategie-44053.html
https://augengeradeaus.net/2020/04/sicherheitshalber-der-podcast-folge-26-russlands-sicherheitspolitische-faehigkeiten-ambitionen/
| denen davon ausgegangen werden muss, dass sie nur von Russland begonnen
| werden. Das bedeutet: die von Vielen beklagte Verschiebung hin zu
| Kernwaffen, die als Instrumente der Kriegsführung gedacht sind, ging von
| Russland aus, nicht von den USA. Die amerikanischen Reaktionen darauf
| muss man als mäßig und zurückhaltend qualifizieren, auch wenn man sie im
| Detail kritisieren kann.
Resultat bislang:
Krause gibt nach vielen Worten Mützenich letztlich recht, allerdings ist
der Iwan an allem schuld, wenn auch Krause dafür keine Belege hat.
| Eskalationsdominanz?
|
| Um diese Zusammenhänge zu verstehen, sollte man sich die Bedeutung von
| Eskalationsdominanz vor Augen führen. Eskalationsdominanz ist die
| Fähigkeit einer Seite in einem Krieg diesen zu seinen Gunsten zu
| beenden.
Also das, was die Nato in der Strategie der "Flexible Response" für sich
anstrebte.
| Für einen Staat, der mit militärischen Mitteln den
| territorialen Status quo verändern und andere Länder militärisch
| besetzen will, bedeutet Eskalationsdominanz die Fähigkeit besetzte
| Länder von Verteidigungsanstrengungen abzuhalten und deren Verbündeten
| (auch unter der Androhung des Einsatzes von Kernwaffen) zu
| signalisieren, dass sie nicht zur Verteidigung der be- setzten Staaten
| einschreiten sollen. Für ein Bündnis wie die NATO, die den territorialen
| Status quo behalten will, bedeutet Eskalationsdominanz der jeweiligen
| angreifenden Seite zu verstehen zu geben, dass diese ihre Kriegsziele
| nicht wird erreichen können: zum einen, indem man dazu beiträgt eine
| Verteidigung zu organisieren, die die angestrebte Eroberung so weit wie
| möglich erschwert, zum zweiten indem man durch defensive Maßnahmen die
| Effektivität der Instrumente der anderen Seite zur Eskalationsdominanz
| abschwächt oder unwirksam macht, und, zum dritten, indem man vom Einsatz
| von Kernwaffen dadurch abschreckt, dass sich der Gegner nicht ausrechnen
| kann, dass er regional begrenzt Kernwaffen einsetzen kann, ohne selber
| von einer nuklearen Vergeltung verschont zu bleiben.
Klar, die Nato ist völlig defensiv. Siehe den jugoslawischen Angriff auf
London und New York, der nur mit Mühe zurück geschlagen werden
kann. (/IronieOff)
| Dass Russland in diesen Kategorien denkt, wurde vor allem im Rahmen der
| Militärübungen Zapad 2013 und Zapad 2017 deutlich. In ihnen hat Russland
| gemeinsam mit Weißrussland die Eroberung der baltischen Staaten durch
| hybride und konventionelle Operationen geprobt und auch die Abwehr eines
| westlichen Rückeroberungsversuches (bei Zapad 2013 einschließlich des
| simulierten Einsatzes von Kernwaffen).
Belege wird es von Krause nicht geben.
| Seit 2014 haben russische Truppen
| mindestens zwei Mal den Aufmarsch von Invasionstruppen zur vollständigen
| Eroberung der Ukraine geübt. Seit 2011 werden in Russland
| Mittelstreckensysteme eingeführt, die geeignet sind, Russland die
| Eskalationsdominanz für einen europäischen Kriegsschauplatz zu
| verschaffen. Das sind vor allem präzise Marschflugkörper und
| ballistische Raketen.
|
|
| Diese Waffensysteme sind konventionell und nuklear bestückt und erlauben
| Russlands Militär unterschiedliche Formen der Eskalation. Ziel wäre es,
| im Falle eines von Russland begonnenen Krieges im Ostseeraum die
| vermutlich rasch erfolgende Besetzung der baltischen Staaten dadurch zu
| verstetigen, dass der NATO-Aufmarsch entweder zur Verstärkung der
| betroffenen Verbündeten für deren Verteidigung oder zur Rückeroberung
| nach deren Besetzung schon in der Tiefe des NATO-Raums bekämpft
| wird. Dies würde konkret bedeuten: präzise Angriffe mit konventionellen
| Sprengstoffen auf Militärstützpunkte, Häfen, Infrastruktur und
| sonstige Ziele, und zwar in Deutschland, Polen, den Niederlanden und
| Belgien. Oder Russland droht den NATO Staaten eine nukleare Vergeltung
| an, sollten diese ernsthaft die Befreiung der baltischen Staaten ins
| Auge fassen.
Mag ja alles sein: Was hat das mit den Fragen zu tun, die Mützenich
aufwirft?
| Russische Fähigkeiten
|
| Bei diesen Waffensystemen handelt es sich um den 2011 eingeführten
| Marschflugkörper 3M14 T/S Kalibr, der mittlerweile auf vielen russischen
| Kriegsschiffen in der Ostsee und im Nordatlantik zu finden ist und der
| es Russland erlaubt, Ziele in einer Entfernung von bis zu 2.600 km
| präzise mit konventionellen oder nuklearen Sprengköpfen
| anzugreifen. Seit spätestens 2017 werden auch U-Boote der Jasen- und
| der Akula-Klasse mit Marschflugkörpern vom Typ 3M 14 PL Kalibr
| ausgerüstet, die ebenfalls nukleare und nicht-nukleare Präzisionsan-
| griffe gegen Ziele in Europa zulassen. Seit 2013 hat die russische
| Luftwaffe luftgestützte Marschflugkörper mit Reichweiten von bis zu
| 2.500 km eingeführt, die für konventionelle (Kh101) und für nukleare
| (Kh102) Aufgaben vorgesehen sind und präzise Schläge gegen Ziele in ganz
| Europa erlauben.
|
| Im Jahr 2017 hat Russland zudem eine landgestützte Version des
| Flugkörpers Kalibr (9M 729) eingeführt mit einer Reichweite von bis zu
| 2.500 km. Mittlerweile gibt es mindestens 4 Bataillone mit insgesamt
| 64 Werfern. Die Einführung dieses Waffensystems war ein klarer und
Dass Russland mit diesem System den INF-Vertrag gebrochen hat, wird
durch ständige Wiederholung der Behauptung nicht belegter. Bislang gilt:
Russland hat den USA die Inspektion der Systeme vor Ort angeboten und
die USA haben abgelehnt. Da taucht natürlich ein Verdacht auf.
| bewusst einkalkulierter Verstoß gegen den INF Vertrag und führte zur
| Aufkündigung dieses Vertrags durch die US-Regierung. Derzeit führt
| Russland zudem einen luftgestützten hyperschnellen Marschflugkörper ein
| (Kinzhal).
|
| Hinzu kommt die Einführung der ballistischen Kurzstreckenraketen
| Iskander M (9K723), die eine Reichweite von knapp unter 500 km haben,
| aber nuklear und konventionell bestückt werden, und vom Oblast
| Kaliningrad aus Berlin und Warschau binnen weniger Minuten erreichen
| können. Des Weiteren lässt sich seit einigen Jahren eine erhebliche
| Vergrößerung der Lagerkapazitäten für russische Kernwaffen auf der
| Halbinsel Kola sowie im Bezirk Kaliningrad beobachten.
Zu Kaliningrad: da sind die Verhältnisse doch etwas komplexer. Der
englische Wikipedia-Artikel zeigt, dass die Stationierung von Raketen in
Kaliningrad eine Angelegenheit der politische Verhältnisse war: Wie
gingen der Westen und Russland gerade miteinander um?
https://en.wikipedia.org/wiki/9K720_Iskander#Kaliningrad_region Ein
simple Reihe russischer Aufrüstungsschritte liegt jedenfalls nicht
vor. Ein Bericht des schwedischen Militärs hält die Nato-gängigen
Interpretationen für übertrieben
https://www.foi.se/rest-api/report/FOI-R--4651--SE, S. 19
| Insgesamt gesehen entsteht ein beeindruckendes und bedrohliches Arsenal
| von präzisen Waffen, die in die strategische Tiefe der NATO in Europa
| hineinwirken können und den Willen Russlands erkennen lassen, sich eine
| Eskalationsdominanz für einen regionalen Krieg in Europa zu
| verschaffen. Eine entsprechende Abwehrkapazität der NATO im Sinne
| eines
Das sehen selbst seine Mitarbeiter differenzierter
https://www.degruyter.com/view/j/sirius.2019.3.issue-3/sirius-2019-3003/sirius-2019-3003.xml.
| Die Frage bleibt, warum Mützenich die russische Bedrohung nicht erwähnt,
| stattdessen aber die im Grunde sehr zurückhaltende Reaktion der USA auf
| die russische Rüstung im Mittelstreckenbereich als das eigentliche
| Problem darstellt? Er behauptet zwar in seinem Beitrag für das
| IPG-Journal, er mache sich „keine Illusion" über die russische Rüstung,
| aber alles könne man mit Rüstungskontrolle regeln.
Der Text von Mützenich lautet
,----
| Aber auch die Friedensbewegung muss sich eingestehen, dass mit dem Abzug
| der 20 taktischen Nuklearwaffen aus Büchel nicht der Weltfrieden
| ausbricht und auch abrüstungspolitisch – außer der Symbolik eines
| atomwaffenfreien Deutschlands – nichts gewonnen ist. Angesichts von
| tausenden in Russland gelagerten taktischen Nuklearwaffen und der
| Stationierung der neuen Iskander Mittelstreckenraketen, die zur
| Kündigung des INF-Vertrages führten, ist Abrüstung und Rüstungskontrolle
| nötiger denn je. Wir brauchen einen neuen multilateralen INF-Vertrag und
| eine vollständige Abrüstung aller taktischen Nuklearwaffen.
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https://www.ipg-journal.de/rubriken/aussen-und-sicherheitspolitik/artikel/deutschland-und-die-nukleare-teilhabe-4342/
Man vergleiche und prüfe, ob Krause ihn richtig wiedergegeben hat.
| Man gewinnt aus
| diesen Äußerungen den Eindruck, dass er keine näheren Kenntnisse von den
| russischen Planungen hat und auch nicht davon, dass
| Rüstungskontrollverhandlungen mit Russland allen bisherigen Erfahrungen
| zufolge nur dann von Erfolg gekrönt waren, wenn sie in eine Zeit fielen,
| in der die russische bzw. sowjetische Führung den Ausgleich mit dem
| Westen suchte.
Das war bis 2007 der Fall.
| Davon ist unter Putin nichts zu spüren.
Die sowjetische Führung machte durchgängig Abrüstungsvorschläge. Sowohl
die KSZE als auch die MBFR gingen auf sowjetische Initiativen zurück,
Bukarester Appell von 1966. Putin jedoch hat aufgegeben, den Ausgleich
zu suchen. Er findet - anders als die UdSSR - im Westen keine
Verbündeten.
| Er nutzt derzeit
| sogar die Corona-Krise aus, um durch seine Internet-Trolle
| Fehlinformationen und Verschwörungstheorien zu verbreiten, die
| Zwietracht in westlichen Demokratien sähen sollen.
Nun erzählt Krause auch noch den Unfug nach, den der schlampig
arbeitende Dienst EU-Dienst "East StratCom Task Force"
https://euvsdisinfo.eu/de/ in die Welt setzt. Dazu
http://friedenslage.blogspot.com/2020/03/friedenslage-am-19032020-204816.html
In den Zeitungen sind die Ansagen des Dienstes nicht überprüft worden,
dann muss dass ein Prof. auch nicht.
| Wie will man zudem mit jemanden ernsthaft Rüstungskontrollverhandlungen
| führen, der Rüstungskontrollverträge bricht und zudem immer noch
| behauptet in der Ostukraine stünden keine russischen Soldaten und
| Russland habe mit der Besetzung der Donbass Region nichts zu tun?
Russland behauptet weder das eine noch das andere.
| Nukleare Teilhabe
|
| Die zweite Behauptung Mützenichs, die genauer untersucht werden sollte,
| ist die, wonach die nukleare Teilhabe ohnehin militärisch keinen Sinn
| mache. Sie sei ein Relikt des Kalten Krieges und es sei zudem erwiesen,
| dass die deutsche Bundesregierung auf die Nuklearstrategie der USA
| keinen Einfluss nehmen könne. Das Argument der militärischen
| Nutzlosigkeit wird allerdings von ihm selber in Frage gestellt, denn er
| behauptet, die Trump Regierung wolle die in Deutschland lagernden
| Atomwaffen durch modernisierte, zielgenauere atomare Lenkwaffen
| ersetzen. Offensichtlich scheinen diese Waffen doch relevant zu sein,
| sonst gäbe es keinen Grund sich darüber aufzuregen.
Hier wird man mal nicht ganz widersprechen können.
| Das Argument der geringen Relevanz der B-61 Bomben ist nicht ganz von
| der Hand zu weisen. Derzeit handelt es sich um frei fallende Bomben, die
| von Flugzeugen mehr oder weniger direkt über dem Ziel ausgebracht werden
| müssen. Unter Bedingungen einer effektiven russischen Flugabwehr sind
| diese Waffen nur glaubwürdig, wenn sie mit Kampfflugzeugen verbracht
| werden könnten, die die russische Flugabwehr überwinden und/oder
| ausschalten können. ...
Eben. Also gibt er Mützenich doch wieder recht.
| Die Trump-Administration hat derartige Vorschläge bislang nicht
| aufgenommen und setzt das schon von der Obama-Administration begonnene
| Programm zur Modernisierung der B-61 Sprengköpfe fort. Diese soll 2024
| abgeschlossen sein. Die modernisierten B-61 Bomben bleiben von der
| Sprengkraft her variabel, werden aber mit Mechanismen ausgestattet sein,
| die eine höhere Treffgenauigkeit erlauben. Abstandswaffen werden es aber
| nicht sein. Zusammen mit den low-yield Sprengköpfen auf strategischen
| U-Booten (und später den seegestützten nuklearen Marschflugkörpern)
| bilden sie aber zumindest ein ernst zu nehmendes Potential der
| Abschreckung gegen die russische Eskalationsstrategie. Und die modernen
| Kampfflugzeuge, die Nuklearwaffen tragen sollen, sind heute in der Lage,
| russische Luftabwehrsysteme überwinden oder durch entsprechende
| Täuschungsmaßnahmen saturieren zu können.
Das muss man glauben. Auf "Sicherheitshalber", dem Bw-nahen Podcast,
kommt ein Mitstreiter Krauses bei seiner Zeitschrift "Sirius" zu dem
Schluss, dass diese Flugzeuge keinen Chance haben und die Bomben deshalb
militärisch bedeutungslos
sind. https://augengeradeaus.net/2020/05/sicherheitshalber-der-podcast-folge-27-nukleare-teilhabe/
| Vor allem bieten die Flug-
| zeuge die Chance der gemeinsamen nuklearen Abschreckung der
| NATO-Staaten
Was soll da "gemeinsam" sein, wenn deutsche Flugzeuge (und die anderer
Partner) unter US-Befehl Atombomben fliegen? Eine Gemeinsamkeit auf
Augenhöhe ist es jedenfalls nicht, eher die von Herr und Diener.
| und durchkreuzen dadurch das russische Kalkül, nichtstrategische
| Atomwaffen gegen Ziele in Europa einzusetzen, ohne nukleare Schläge auf
| das eigene Territorium befürchten zu müssen.
Wenn die Flugzeuge nicht bis Kaliningrad kommen, können sie auch keinen
russischen Nuklearschlag, den Krause bei den Russen gefunden - oder
erfunden - hat, durchkreuzen.
| Zentrale Elemente der Nuklearstrategie
| Von der nuklearen Teilhabe hat
| Mützenich offensichtlich keine vertieften Kenntnisse. Er definiert
| sie als die Fähigkeit auf die allgemeine Nuklearstrategie oder die
| politische Strategie der USA Einfluss zu nehmen. Das zentrale Element
| der nuklearen Teilhabe innerhalb der NATO ist sehr viel bescheidener
| angelegt und besteht darin, dass die daran beteiligten Nationen infolge
| ihrer unmittelbaren Einbindung in den Prozess der konkreten, auf einen
| Krieg in Europa bezogenen Planungen und der dazu gehörenden Übungen
| zur Abschreckung beitragen.
Die Teilhabe besteht also nur im Gehorsam. Damit das nicht auffällt, nun
eine durchgedrehte Zusammenfassung bisheriger Aussagen:
| Diese richtet sich gegen die russischen
| Bemühungen, Kernwaffen zu einem zentralen Element ihrer regionalen
| Kriegführung zu machen. Wenn es darum geht, zu verhindern, dass mit
| Kernwaffen Kriege geführt werden, dann ist dies genau das Ziel der
| entsprechenden Bemühungen der NATO und der USA und liegt eigentlich im
| Sinne der Ziele von Herrn Mützenich. Dieser versteift sich stattdessen
| auf unhaltbare Behauptungen über den angeblich grundlegenden Wandel der
| amerikanischen Nuklearstrategie und den allgemeinen Hinweis auf die
| Notwendigkeit von Rüstungskontrolle. Diese ist jedoch völlig wertlos
| angesichts einer gegnerischen Seite, die zu solchen Verhandlungen nicht
| bereit ist und die in der Vergangenheit gezeigt hat, dass sie keine
| Hemmungen hat bestehende Vertragsverpflichtungen zu verletzen. ..
Den Rest kann man mal weglassen: Wiederholung, Wiederholung, als ob sich
die Textbausteine selbständig gemacht hätten
`----
Insgesamt: Krause gibt Mützenich - unter viel Gerede - letztlich
in jedem einzelnen Punkt recht. Schuld haben aber die Russen, denn die
haben angefangen. Belege gibt es in dem Text aber keine. Kann man nur
glauben. Der Zweck des Textes zeigt sich in dem Text selbst:
Wiederholung, Wiederholung ... Bis der Leser erschöpft nachgibt.
Edward Bernays https://de.wikipedia.org/wiki/Edward_Bernays hätte seine
Freude an dem Text gehabt. Aber sicher noch ein paar Ratschläge zur
Popularisierung.
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